Donnerstag, 28. März 2024

Archiv

Crowdinvesting
Keine sichere Geldanlage

Bei Crowdinvesting wird mit kleinen Beträgen und ohne Banken direkt über das Internet in Firmen und Projekte investiert. Verbraucherschützer haben die Geldanlage unter die Lupe genommen und sehen sie kritisch.

Von Philip Banse | 06.12.2017
    Zahlreiche verschiedene Geldscheine.
    Derzeit dürfen Verbraucher 10.000 Euro in ein Projekt investieren. Das sei zu viel, sagt Verbraucherschützerin Dorothea Mohn. (dpa/picture-alliance/Daniel Reinhardt)
    Die Risiken sind letztlich dieselben wie bei ganz traditionellen Firmen-Investments auch, bei denen nicht viele kleine, sondern wenige große Investoren mitmachen: Das Geld kann komplett weg sein, Totalverlust. Über diese Risiken klären die Beteiligten Projekte in der Regel auch gut auf, sagt Wolf Brandes von der Verbraucherzentrale Hessen. Er hat 83 Crowdinvest-Projekte untersucht und 33 Crowdinvestment-Plattformen, über die diese Projekte Geld einsammeln. Und da ist Bandes auf andere Probleme gestoßen:
    "Wenn wir jetzt das Thema Anlageobjekt nehmen, also wie konkret ist beschrieben, in was investiert wird? Dann waren bei ungefähr der Hälfte die Angaben ok, wo man sich was vorstellen konnte. Und die andere Hälfte grob gesprochen, da musste man sich die Informationen an anderer Stelle suchen."
    Widersprüche zwischen Vertrag und Verbraucherinformation
    Zwar schreibt das Gesetz vor, dass Crowdinvest-Projekte ein sogenanntes Vermögensanlageinformationsblatt veröffentlichen müssen, kurz VIB. Darin müssen die wichtigsten Eckdaten standardisiert präsentiert werden. Juristisch bindend ist aber letztlich dann ein Vertrag zwischen Investor und Projekt. Und in rund der Hälfte der untersuchten Projekte habe er Widersprüche gefunden zwischen Vertrag und gesetzlich vorgeschriebener Verbraucherinformation, sagt Brandes:
    "Zum Beispiel im Vertrag steht drin, dass der Vertrag unbefristet läuft mit einer bestimmten Kündigungsfrist. Im VIB steht dann aber, dass die Laufzeit drei Jahre beträgt und der Vertrag dann endet. Unterm Strich würde der Vertrag bindend sein, denn der Vertrag ist die Rechtsbeziehung zwischen Verbraucher und Projekt, aber es bleibt diese Verwirrung."
    Diese Widersprüche zwischen Vertrag und Verbraucherinformationsblatt erschwerten es auch, verschiedene Projekte zu vergleichen. Keine der gefundenen Probleme sei aber offensichtlich rechtswidrig, sagt der Verbraucherschützer. So sei das eben auf dem grauen Kapitalmarkt, der heißt halt "grau", weil er nicht illegal ist, aber weitgehend unreguliert. Gleichwohl habe die staatliche Bankenkontrolle Bafin jedoch sehr wohl Spielraum, sagt Dorothea Mohn vom Verbraucherzentrale Bundesverband.
    "Meine Erwartung ist, dass die Bafin die Ergebnisse ebenfalls prüft und möglicherweise als Anlass nimmt, hier regulierend einzugreifen. Denn aus unserer Sicht ist es das Mindeste, dass die Anbieter zumindest die Informationspflichten ausreichend umsetzen."
    "Extrem riskante Sache"
    Generell seien die Vorschriften für das Crowdinvesting aber zu luftig gestrickt und müssten verbessert werden. So könnten Verbraucher nicht wirklich prüfen, ob ein Projekt wirtschaftlich tragfähig ist oder nicht. Deswegen versprechen die Plattformen, auf denen sich diese Projekte präsentieren und das Geld einsammeln: Wir, die Plattformen prüfen die Projekte und nehmen nur die guten.
    "Genau hier sollte angesetzt werden. Die Plattformen müssen in die Verantwortung genommen werden für ihre Prüfung. Die Prüfung muss transparent und nachvollziehbar sein. Und wenn die Prüfung im Zweifel nicht sauber erfolgt ist, müssen die Plattformen dafür auch haftbar gemacht werden."
    Ob und wie die Plattformen Projekte durchleuchten müsse die Bankenaufsicht Bafin streng überwachen. Denn die Plattformen seien keineswegs neutral, weil sie sich finanzieren über Provisionen der Projekte und daher einen Anreiz hätten, möglichst viele Projekte auf die Plattform zu nehmen. Derzeit dürfen Verbraucher zudem 10.000 Euro in ein Projekt investieren. Das sei zu viel, sagt Verbraucherschützerin Mohn:
    "Wir sprechen uns dafür aus, diese maximalen Anlagesummen klar zu deckeln, beispielsweise auf 250 Euro je Anleger und Projekt. Dann würde man darüber erzielen, dass Verbraucher sich nicht verspekulieren und quasi gezwungen werden, die Anlagen stark zu diversifizieren, das heißt, auf möglichst viele verschiedene Projekte zu verteilen."
    Denn auch besser reguliert bleibe Crowdinvesting eine extrem riskante Sache, sagen die Verbrauchschützer. Es könne sehr sinnvoll und interessant sein, mit kleinen Beträgen, ohne Banken direkt über das Internet in Firmen und Projekte zu investieren, aber eine sichere Geldanlage sei es eben auf keinen Fall.