Donnerstag, 18. April 2024

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CSU-Generalsekretär Blume zum Klimagesetzurteil
"Ein Ausrufezeichen für Generationengerechtigkeit"

Das Bundesverfassungsgerichtsurteil zum Klimaschutzgesetz sei epochal und wegweisend, sagte CSU-Generalsekretär Markus Blume im Dlf-Interview der Woche. Was beim Klimaschutz möglich sei, müsse nun beschleunigt werden. Das sei der Auftrag dieses Urteils.

Markus Blume im Gespräch mit Katharina Hamberger | 30.04.2021
Markus Blume, CSU-Generalsekretär währende einer Pressekonferenz in der CSU-Zentrale in München
Zur Diskussion stünden nun eine Klimasteuerreform, der Ausbau der Erneuerbaren, der Umbau von Mobilität und die Beschleunigung von Infrastrukturinvestitionen, sagte CSU-Generalsekretär Markus Blume. (IMAGO / Sven Simon)
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, Teile des Klimaschutzgesetzes von 2019 für verfassungswidrig zu erklären, sei ein Ausrufezeichen für die Generationengerechtigkeit, meinte Blume: "Dass Generationengerechtigkeit zu einer Frage der Freiheit kommender Generationen erklärt und ins Verhältnis zu unserer heutigen Freiheit gesetzt wird, ist epochal und wegweisend." Möglichst noch in dieser Legislaturperiode müsste nun alles was beim Klimaschutz möglich sei, beschleunigt werden, forderte der 46-Jährige.
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Zentral sei der CO2-Preis, betonte Blume. "Eine Klimasteuerreform könnte zum Gegenstand haben, dass wir unterm Strich über einen höheren CO2-Preis reden", dieser entfalte eine stärkere Lenkungswirkung. "Wir sind der Meinung, es sollte alles auf den Prüfstand, (…) ob man nicht noch beschleunigen kann, was die Energieträger angeht, den Ausbau der Erneuerbaren, den Umbau beim Thema Mobilität, die Beschleunigung von Infrastrukturinvestitionen." Gleichzeitig brauche es aus Sicht der CSU auch eine stärkere Entlastung der Bevölkerung. Als Beispiele nannte Blume die EEG-Umlage und die Stromsteuer.

Rechte von Geimpften: Warnung vor "Neiddebatte"

In Bezug auf Diskussion, was für vollständig Geimpfte und von Corona Genesene wieder möglich sein kann, warnt der CSU-Generalsekretär vor einer "Neiddebatte". Es gehe nicht um Privilegierung von bestimmten Gruppen, "sondern es geht darum, Grundrechtsnormalität wiederherzustellen", betonte Blume. Spätestens wenn jeder Deutsche ein Impfangebot bekommen habe, müssten auch die staatlichen Beschränkungen enden: "Dann ist jeder für sich selbst verantwortlich." Ab Ende Mai, so Blume weiter, könne die Impfpriorisierung wegfallen. Man denke dann daran, speziell junge Menschen zu impfen.
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Das Land Bayern hat Corona-Regelungen für vollständig Geimpfte bereits leicht gelockert. Diese sind nun negativ getesteten Personen gleichgestellt und brauchen für Friseurbesuche oder Terminshopping keine negativen Tests mehr. Es sei kontraproduktiv, wenn man bei Corona zu langsam sei, rechtfertigte CSU-Generalsekretär Markus Blume den bayerischen Sonderweg im Deutschlandfunk: "Wir treten in eine Phase mit so vielen Geimpften ein, dass man sich fragen muss, welche Regeln für Geimpfte und Genesene gelten sollen."
Aus bayerischer Sicht sei selbstverständlich, dass man von jemandem, der kaum noch infektiös sei, keine Tests mehr verlange. Notwendig sei auch eine Diskussion darüber, für wen künftig noch Quarantäne-, Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen gelten sollen.

"Radikalisierung eine der zentralen Herausforderungen der nächsten Jahre"

Im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie laufe in Teilen der Gesellschaft eine neue Radikalisierungswelle, so die Einschätzung des CSU-Generalsekretärs: "Ich sehe diese Radikalisierung als eine der zentralen Herausforderungen der nächsten Jahre." Der "Corona-Extremismus" stelle die Systemfrage und reagiere auf demokratisch legitimierte Entscheidungen mit blankem Hass bis hin zu Todesdrohungen. Damit müssten sich Verfassungsschutz und die Staatsanwaltschaften beschäftigen.
3. April 2021: Querdenker und andere Gegner der Pandemie-Einschränkungen haben in Stuttgart ohne Abstand und weitgehend ohne Schutzmaske demonstriert. Mindestens vier Demos mit 2500 Teilnehmern waren angemeldet, gekommen waren aber weit mehr. Hier der Zug der Demonstranten durch die Innenstadt über die B10/B14 zum offiziellen Versammlungsort, dem Cannstatter Wasen.
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Proteste rund um die Pandemie waren 2020 für Journalisten in Deutschland die gefährlichsten Einsatzorte. Und das, obwohl die Teilnehmenden sich mit ihren Forderungen immer wieder auf das Grundgesetz berufen.

"Wir dürfen auf diesem Auge des Extremismus genauso wenig blind sein wie beim Extremismus von links oder rechts." Dieser Radikalisierung müsse man mit digitaler Aufklärung vor allem in den Sozialen Medien begegnen, sagte Blume. Man müsse sich aber auch überlegen, "wie wir diese Menschen in der 'echten Welt', in der Begegnung wieder einfangen können."

Sinkende Umfragewerte der Union "absoluter Weckruf"

"Natürlich freuen mich diese Zahlen nicht", sagte Blume in Bezug auf die sinkenden Umfragewerte der Union. Diese seien ein absoluter Weckruf. Man müsse jetzt als Union geschlossen und entschlossen reagieren. Nach Corona komme die große Zukunftsfrage: "Wie geht es weiter mit Deutschland? Deutschland steht vor einer Richtungsentscheidung und die Menschen erwarten, dass gerade die Union darauf eine Antwort gibt."
Er sehe zwar in Bayern bei dem ein oder anderen noch eine gewisse Enttäuschung über den Ausgang der Kanzlerkandidatenkür in der Union. Entscheidend sei jetzt aber, dass die Partei nach vorne blicke: "Es hilft nichts, zu hadern. Die Entscheidung ist getroffen", so der CSU-Generalsekretär im Deutschlandfunk: "Wer Armin Laschet als Kanzlerkandidaten möchte, der wählt Union. Und wer will, dass Markus Söder künftig auch am Koalitionstisch in Berlin seinen Platz auf Augenhöhe mit den anderen Parteivorsitzenden hat, der muss ebenfalls Union wählen."

Das Interview im Wortlaut
Katharina Hamberger: Schauen wir zu Beginn auf das eine Thema, das uns seit über einem Jahr beschäftigt, nämlich Corona. Da gibt es eigentlich eine positive Nachricht: Mit den Impfungen geht es langsam bergauf. Aber gleichzeitig kommt die Frage auf: Was dürfen denn Geimpfte und Genesene? Manche sprechen von Privilegien. Andere sagen, das ist ganz normal, dass Grundrechte zurückgegeben werden. Der Bund möchte jetzt eine Verordnung auf den Weg bringen. Bayern und auch andere Bundesländer gehen aber schon diesen Schritt und sagen: Wir wollen Geimpfte, Genesene in Teilen mit Leuten, die getestet sind, gleichstellen. Ist das nicht eigentlich wieder kontraproduktiv, wenn jetzt jedes Bundesland wieder eigene Regeln aufstellt?
Markus Blume: Kontraproduktiv ist, wenn wir bei Corona zu langsam sind. Deswegen haben wir deutlich gemacht, dass wir uns auch da mehr Geschwindigkeit wünschen. Ich würde beim Impfen sogar sagen, wir kommen im Moment ja richtig schnell voran. Wir haben fast jeden Tag jetzt neue Rekordmeldungen, wie viel Menschen in Deutschland geimpft werden. Mehr als ein Viertel der Bevölkerung hat inzwischen seine Erstimpfung erhalten. Und damit treten wir in die Phase ein, wo wir so viele Geimpfte haben, dass ich mir natürlich überlegen muss: Welche Regeln gelten dann für Geimpfte bzw. auch für die Genesenen?
Aus Sicht von Bayern war immer klar – und das ist ja im Grunde auch eine Frage des gesunden Menschenverstands –, dass jemand, der nur mit einem sehr geringen Risiko andere noch anstecken kann, weil er einfach entweder nicht mehr infizierbar ist oder auch die Infektion nicht mehr weitergeben kann, dass man von dem dann keine Tests verlangt. Das ist aus unserer Sicht eigentlich selbstverständlich.

"Es geht darum, Grundrechtsnormalität wiederherzustellen"

Hamberger: Aber warum kann man nicht warten, bis die Bundesverordnung da ist?
Blume: Die Frage ist, meine ich, falsch gestellt. Man müsste eigentlich fragen: Warum kann die Bundesverordnung nicht noch schneller kommen? Denn wir spüren doch seit Wochen und Monaten die Ungeduld der Bevölkerung. Und viele, die sich über Monate hinweg extrem diszipliniert verhalten haben, die viel auf sich genommen haben – Familien, Homeschooling, Homeoffice – haben den Wunsch, dass man, wenn man geimpft ist oder eine Infektion überwunden hat, wieder etwas mehr Normalität hat. Das ist doch nachvollziehbar. Und deswegen glaube ich, Hochdruck tut hier Not.
Hamberger: Wenn Sie diejenigen ansprechen, die zum Beispiel Homeschooling machen, die lange zu Hause sind, das sind ja gerade die, die im Moment zum Großteil noch nicht geimpft sind. Junge Eltern zum Beispiel, junge Menschen – Studenten, Studentinnen. Das sind diejenigen, die selbst wenn die Impf-Priorisierung aufgehoben wird, noch warten müssen, bis sie dann geimpft werden können. Macht man damit nicht wieder einen Riss in der Gesellschaft auf?
Blume: Ich kann nur davor warnen, dass wir jetzt hier eine neue Neiddebatte starten. Denn es geht ja nicht um Privilegierung von bestimmten Gruppen, sondern es geht darum, Grundrechtsnormalität wiederherzustellen. Klar ist: Wenn jeder Deutsche sein Impfangebot hatte, wenn jeder Deutsche die Möglichkeit hat, sich zu impfen, spätestens zu diesem Zeitpunkt müssen auch die staatlichen Beschränkungen enden. Dann ist jeder für sich selbst verantwortlich. Auf der Wegstrecke dahin sollten wir so viel ermöglichen wie möglich und sinnvoll ist. Und das heißt – ich kann es nur noch mal unterstreichen – jemand, der geimpft ist, der hat denselben Schutz, mehr Schutz, mehr Sicherheit auch für seine Mitmenschen als jemand, der getestet ist. Und deswegen ist es doch nur logisch, dass ich von denen dann nicht zusätzlich Tests verlange.
Zum Thema junge Menschen: Wir von Bayern her sagen, junge Menschen müssen sich nicht zwingend ganz hintenanstellen. Ganz im Gegenteil. Wir werden voraussichtlich im Mai mit der Gruppe drei durch sein. Ab Ende Mai dann reden wir darüber, dass die Impf-Priorisierung eigentlich wegfallen kann. Und dann kann sich erstens wirklich jeder impfen lassen und zweitens denken wir dann auch daran, speziell junge Menschen, beispielsweise Schüler von Abschlussklassen und dergleichen zu impfen, damit die möglichst rasch wieder in Präsenz zusammenkommen können.

Das ganze Feld von Grundrechtsbeschränkungen prüfen

Hamberger: Die Verordnung des Bundes geht ja wahrscheinlich über das hinaus, was Sie jetzt in Bayern haben oder auch was andere Bundesländer haben, also dass Geimpfte und Genesene mit Getesteten gleichgestellt sind. Bei der Bundesverordnung wird es wahrscheinlich so sein, dass Geimpfte und Genesene tatsächlich noch mehr dürfen als Getestete. Ist das für Sie auch der richtige Weg?
Blume: Absolut. Das sind die logisch nächsten Schritte. Wir reden nicht nur über die Frage, wer einen Test vorlegen muss oder nicht, sondern es geht natürlich auch um die Frage: Für wen gelten welche Quarantänebeschränkungen? Selbstverständlich muss jemand der doppelt geimpft ist keine Quarantäne einhalten. Und natürlich geht es auch dann um die Frage: Wie gehen wir mit Ausgangsbeschränkungen oder mit Kontaktbeschränkungen um? Da ist dann das ganze Feld von Grundrechtsbeschränkungen, die im Moment noch gelten, zu prüfen. Da muss tatsächlich alles auf den Prüfstand.

Neuer "Corona-Extremismus"

Hamberger: Was leider auch zu Corona gehört, ist, dass die Stimmung in Deutschland in den letzten Monaten, in den letzten Wochen vor allem, durchaus gereizter geworden ist. Da gibt es die Querdenken-Demos, die mittlerweile im Visier des Verfassungsschutzes sind. Da gibt es aber auch vermehrt Angriffe auf Kommunalpolitiker und -politikerinnen. Todeslisten kursieren, auf denen Bundestagsabgeordnete stehen. Wie wollen Sie dem, vor allem jetzt im Wahlkampf, wo ja sowieso alles noch mal zugespitzter wird, entgegentreten?
Blume: Hass und Hetze und die Verbreitung über die sozialen Netzwerke ist etwas, was uns ja leider schon seit vielen Jahren beschäftigt. Festzustellen ist, dass im Zuge von Corona in Teilen der Gesellschaft eine neue Radikalisierungswelle läuft. Ich sehe diese Radikalisierung tatsächlich als eines der zentralen Probleme, also eine der zentralen Herausforderungen für die kommenden Jahre.
Wir haben Extremismus von links. Wir haben Extremismus von rechts. Wir haben auch islamistischen Terrorismus. Und wir haben neu auch diesen Corona-Extremismus, der leider sehr tief geht, der die Systemfrage stellt, der Institutionen nicht nur hinterfragt, sondern inzwischen auch noch ablehnt und der auf politische Entscheidungen, auf demokratisch legitimierte Entscheidungen mit blankem Hass antwortet, ja, bis hin zu Todesdrohungen.
Teilnehmer sammeln sich in der Friedrichstraße zu einer Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen.
Wer marschiert da zusammen?
Menschen mit Regenbogenfahnen, Reichsbürger, Identitäre, Impfkritiker und Ärzte: Die Gegner der Corona-Politik bilden ein breites Milieu ab. Und doch eint sie der Protest gegen die Beschränkungen durch die Corona-Maßnahmen.

Ich habe gerade vor wenigen Tagen von einem Kollegen der CSU aus dem Deutschen Bundestag WhatsApp-Nachrichten oder Telegram-Nachrichten zugeleitet bekommen, in denen man ihm prophezeit, dass er einen selben Weg gehen wird wie der ermordete Regierungspräsident Lübcke. Das ist abgründig. Das ist abstoßend. Das widert einen an. Aber das ist auch ein Fall für den Verfassungsschutz und für die Staatsanwaltschaften. Wir dürfen auf diesem Auge des Extremismus genauso wenig blind sein wie beim Extremismus von links oder von rechts.

Digitale Aufklärung

Hamberger: Aber was hilft da? Ist das mehr Aufklärung? Ist das mehr direkte Ansprache von diesen Menschen? Es ist ja eine auch sehr diffuse Gruppe. Das sind ja Leute, die sich sonst vielleicht nicht zu Demos begeben hätten, die plötzlich sehr aggressiv auftreten.
Blume: Da hilft natürlich zunächst mal Aufklärung. Aufklärung im dem Sinne, dass wir uns mal überlegen: Wie kommt es eigentlich zu dieser Radikalisierung? Wie kommt es zu dieser offenen Ablehnung? Und da muss man ehrlicherweise sagen, spielen natürlich heute die sozialen Netzwerke eine große Rolle. Das, was du dort an Gift einpflanzt, kann sich dort millionenfach verbreiten. Der größte Irrtum, der wird dort plötzlich mehrheitsfähig. Und das ist das eigentlich Gefährliche, dass in sozialen Netzwerken nicht zwingend gute dialektische Debatten stattfinden, sondern in den Meinungshöhlen des Internets dann jeder in seiner eigenen Haltung, in seinem eigenen Irrtum häufig noch bestärkt wird, Anhänger findet und man am Ende gar nicht mehr merkt, dass man selbst der Geisterfahrer ist, sondern alle anderen für Geisterfahrer hält. Das ist die eigentliche Gefahr.
Wenn Sie mich ganz grundsätzlich fragen, würde ich sagen, wir bräuchten eigentlich so etwas wie digitale Aufklärung. Wir müssen uns überlegen, wie wir auch dort dazu kommen, dass da eine Debatte darüber geführt wird, dass man auch sieht, dass das weder Fakten noch alternative Fakten sind, sondern dass es einfach kompletter Unfug ist.
Das Zweite ist: Wir müssen uns natürlich überlegen, wie wir diese Menschen auch in der echten Welt – in Anführungszeichen – also in der Begegnung wieder einfangen können. Da spielt wahrscheinlich im Moment tatsächlich Corona eine Rolle, dass eben viele Begegnungen im Moment nicht stattfinden.
Ich sage es mal ganz platt: Der klassische Stammtisch, wo jemand, der mit einer kruden These um die Ecke kommt, die dann präsentiert, da wird der häufig sehr schnell wieder – in Anführungszeichen – auf die richtige Bahn gebracht von seinen Stammtischkollegen. Das fällt im Moment alles aus. Und das sehe ich tatsächlich als ein Phänomen dieser Zeit, wo jeder ein Stück weit in seiner virtuellen Isolation ist.

"Tatsächlich epochal und wegweisend"

Hamberger: Kommen wir zu einem weiteren Thema, dem Thema Klima, Klimawandel. In dieser Woche gab es eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Da wurde einer Verfassungsbeschwerde gegen das Klimaschutzgesetz teilweise stattgegeben und damit begründet, dass es um die Einschränkung der Freiheit der jungen Generation geht. Das kann man ja eigentlich nur als eine Klatsche gegen die Klimapolitik der Großen Koalition, der Ihre Partei auch angehört, werten. Jetzt schaut man so ein bisschen überrascht auf die Reaktionen aus eben gerade der Großen Koalition auf diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Da spricht der Wirtschaftsminister von einem großen bedeutenden Urteil. Sie selbst haben die Entscheidung als epochal und wegweisend beschrieben. Ihr Parteichef spricht von einer Chance. Jetzt stellt sich mir tatsächlich die Frage, wenn jetzt alle so begeistert sind von dieser Entscheidung, warum haben Sie es nicht früher besser gemacht?
Blume: Zunächst mal muss man feststellen, das Bundesverfassungsgericht beschreitet hier gerade Neuland. Das ruft von manchen auch Kritik hervor. Ich habe es aber in der Minute des Urteils – was natürlich für uns alle sehr überraschend war – trotzdem als Ausrufezeichen empfunden. Als Ausrufezeichen vor allem auch für Generationengerechtigkeit.
Die Anliegen der kommenden Generationen, die stehen bei uns im Parteiprogramm und wir versuchen unser politisches Handeln danach auszurichten. Aber in der Grundrechtsabwägung haben diese Dinge in der Vergangenheit vordergründig nicht die dominierende Rolle gespielt. Also, dass jetzt plötzlich Generationengerechtigkeit zu einer Frage der Freiheit kommender Generationen erklärt wird und das auch ins Verhältnis zu unserer Freiheit heute gesetzt wird, das ist tatsächlich epochal und wegweisend.

"Beim Klimaschutz ambitionierter sein"

Hamberger: Aber das hätten Sie doch beim Klimaschutzgesetz mit einpreisen können.
Blume: Ich komme gleich dazu. Also, das wird übrigens viele spannende Folgefragen mit sich bringen. Was heißt das eigentlich für das Thema Schuldenbremse? Von linker Seite, von den Grünen, von der SPD wird ja versucht, die Schuldenbremse auch auf Dauer aufzuweichen oder auszusetzen. Ich glaube, da muss man denselben Maßstab anlegen. Wir können nicht auf Kosten kommender Generationen leben.
Generationengerechtigkeit war für uns als Union immer zentrales Thema. Deswegen, wenn wir ganz ehrlich sind, merken wir schon seit ziemlich langer Zeit, dass wir beim Klimaschutz ambitionierter sein müssen. Und Sie hören, was Markus Söder, unser bayrischer Ministerpräsident und mein Parteivorsitzender, seit Monaten sagt: Wir dürfen beim Klimaschutz nicht pausieren, weil jetzt gerade Corona ist. Sondern wir müssen überlegen, was wir noch zusätzlich machen können. Und deswegen ist der Auftrag dieses Urteils, alles, was möglich ist, beim Klimaschutz noch zu beschleunigen und nicht die Lasten auf einen Zeitraum nach 2030 zu verschieben. Ich würde mir wünschen, ganz klare politische Ansage, dass wir das auch nicht auf die nächste Legislaturperiode verschieben, sondern schauen, was wir dazu in der Großen Koalition jetzt in den nächsten Wochen noch auf den Weg bringen können. Da zählt tatsächlich jetzt jede Woche.
Demonstranten bei der 'Fridays for Future' Demonstration im Rahmen des weltweiten Klimastreiks am Brandenburger Tor. Berlin, 20.09.2019
Klimaschutzgesetz-Urteil: Eine juristische Sensation
Das BVerfG-Urteil zum Klimaschutzgesetz könnte die Begründung eines neuen Generationenvertrags sein, kommentiert Stephan Detjen. Dass Karlsruhe zudem auch Personen aus Bangladesch Klagebefugnis zugestehen, verweist auf die weltumspannende Dimension des Themas.

Hamberger: Trotzdem noch mal die Frage: Sie finden das ein wichtiges Urteil und sagen, die Generationengerechtigkeit ist etwas, was die CSU als besonders wichtig empfindet. Das scheint auch bei der CDU der Fall zu sein. Man schiebt sich jetzt da so ein bisschen auch mit der SPD die Schuld gegenseitig zu. Der Wirtschaftsminister sagt: Wir wollten das schon immer, der CDU-Wirtschaftsminister. Die SPD sagt: Ihr habt das doch blockiert. Man hat den Eindruck, alle wollten eigentlich viel weiter gehen schon beim Klimaschutzgesetz. Keiner hat es gemacht. Und jetzt sagt man, dieses Urteil ist ganz toll und man möchte jetzt weitergehen. Warum ging da nicht vorher schon mehr?
Blume: Wenn man das Urteil genau liest, sagt das Bundesverfassungsgericht ja nicht: Das, was ihr bis zum Jahr 2030 geplant habt, ist Mist. Sondern das Verfassungsgericht sagt: Das, was nach dem Jahr 2030 kommt, das lässt alles eigentlich im Unklaren. Das ist ein Perspektivauftrag an die Politik, den es in der Vergangenheit so bisher nicht gab, jedenfalls nicht von verfassungsrechtlicher Seite. Also, nicht einfach mal mutig was beschließen und dann für die Zeit ab dem Jahr 20X das Prinzip Hoffnung walten zu lassen, sondern zu überlegen, wie auch danach der Fahrplan ausschaut. Das ist natürlich anspruchsvoll.
Wir hatten uns zunächst mal darauf konzentriert, den Einstieg zu finden in einen Klimaschutzpart, der ambitioniert ist, aber auch die Akzeptanz in der Bevölkerung findet. Und das, was uns das Verfassungsgericht jetzt ins Stammbuch geschrieben hat, bedeutet: Geht den Weg dann aber auch bitte mit einem Masterplan bis zum Ende. Und das muss jetzt nachgeholt werden. Und das Zweite: Wenn jetzt inzwischen offensichtlich doch alle der Meinung sind, dass man da noch mehr beschleunigen kann, dann sollten wir es auch machen. Das fängt beim Thema Kohle an und endet für mich bei der Frage, ob wir uns nicht zutrauen, auch eine wirkliche Klimasteuerreform auf den Weg zu bringen.

"Dreh- und Angelpunkt ist der CO2-Preis"

Hamberger: Das Verfassungsgericht sagt zwar einerseits sehr direkt, Sie müssen ab 2030 einen Fahrplan auf den Weg bringen – wie Sie das gesagt haben. Aber indirekt sagt das Bundesverfassungsgericht mit dieser Entscheidung auch, die jetzigen Maßnahmen seien eigentlich nicht ausreichend. Das Verfassungsgericht sagt, so, wie jetzt die Maßnahmen gestrickt sind, müssen die nachfolgenden Generationen ab 2030 dann in sehr kurzer Zeit, sehr viele Einschränkungen in Kauf nehmen. Das heißt ja im Umkehrschluss eigentlich, man muss an den Maßnahmen, die jetzt beschlossen sind, schon einmal was drehen, damit die Generationengerechtigkeit tatsächlich gegeben ist. Sie haben jetzt schon Sachen angedeutet. Was glauben Sie, wenn Sie sagen, in dieser Legislatur muss noch was gemacht werden, in diesen wenigen Wochen, die noch Zeit bleiben, was kann von dem, was Sie vorgeschlagen haben, tatsächlich noch durchgeführt werden?
Blume: Dreh- und Angelpunkt ist der CO2-Preis. Also, eine Klimasteuerreform könnte zum Gegenstand haben, dass wir unter dem Strich über einen höheren CO2-Preis reden, der damit natürlich auch eine stärkere Wirkung, eine stärkere Lenkungswirkung entfaltet und auf der anderen Seite wirksame, notwendige Entlastungen auch für die Bevölkerung umsetzen können. Stichwort EEG-Umlage, Stichwort Stromsteuer. Da fallen uns eine ganze Reihe von Punkten ein, die auch in der Gesamtbilanz positiv und wirksam wären und uns dem Thema Klimaschutz mit großen Schritten noch schneller näherbrächten.
Wie gesagt, wir sind der Meinung, es sollte jetzt noch mal alles auf den Prüfstand, jede Schraube noch mal prüfen, ob man nicht tatsächlich noch mehr beschleunigen kann, was die Energieträger angeht, den Ausbau der Erneuerbaren, den Umbau beim Thema Mobilität, die Beschleunigung von Infrastrukturinvestitionen. Das sind ja Dinge, die angelegt sind.
Insel Pellworm, Luftbild vom Schleswig-Holsteinischen Nationalpark Wattenmeer
Deutsches Klimagesetz in Teilen verfassungswidrig
Dem deutschen Klimaschutzgesetz fehlen nach Ansicht des BVerfG Maßgaben, wie der Treibhausgas-Ausstoß nach 2031 reduziert werden solle. Bis Ende 2022 müsse der Gesetzgeber hier nachbessern. Auslöser für das Urteil waren mehrere Klimaklagen.

Aber viele Punkte, gerade im Ausbau der Schieneninfrastruktur, das sind ja eher Generationenprojekte mit unglaublich langen Planungsvorläufen. Das heißt, wenn wir hier einen schnelleren Umstieg auch bei der Mobilität haben wollen, dann muss ich auch schauen, nicht nur, wie ich die Gelder schneller zur Verfügung stellen kann. Noch entscheidender ist, wie ich die Planungsprozesse beschleunigen kann, dass auch dann tatsächlich zum Beispiel noch mehr, noch früher auf der Schiene stattfinden kann.
Hamberger: Das heißt, Sie schauen auch noch mal, wenn Sie sagen, alles auf den Prüfstand, die Sektorenziele möglicherweise auch noch mal zu überprüfen? Die sind ja eingehalten worden im Jahr 2020 mit Ach und Krach. Und das auch nur wegen der Corona-Krise, weil eben vielleicht weniger Auto gefahren wurde zum Beispiel. Das kann in den nächsten Jahren dann doch noch mal schwierig werden, diese Ziele, die man sich jetzt schon gesetzt hat, einzuhalten. Aber eigentlich müsste man, wenn Sie sagen, alles auf den Prüfstand stellen, da auch noch mal sich neue Ziele setzen.
Blume: So ist es. "Alles auf den Prüfstand" heißt das gesamte Maßnahmenpaket, die Energieträger, erneuerbare, was da an Ausbau beschleunigt werden kann. In Photovoltaik sehen wir nach wie vor sehr großes Potenzial, auch gerade im Süden von Deutschland. Überlegen, was man beim Thema Kohle machen kann. Das ist natürlich etwas, wo wir mit dem Kohleausstieg 2038 sozusagen in der roten Zone sind, die das Verfassungsgericht hier markiert hat. Und, wie gesagt, beim Thema Steuerung über den CO2-Preis – ich würde mir wünschen, dass wir die Kraft aufbringen, wirklich eine echte ökologische Steuerreform, eine Klimasteuerreform auf den Weg zu bringen, die auf der einen Seite Entlastungsanreize gibt und auf der anderen Seite eben aber auch wirksamen Klimaschutz voranbringt.

Beschleunigungsprogramm für den Klimaschutz

Hamberger: Welche Verantwortung haben denn Ihre eigenen CSU-Minister da in diesem, ja, alles auf den Prüfstand stellen? Sie haben ja zwei Ministerien, die CSU hat zwei Ministerien, die durchaus auch eine Rolle spielen bei eben dieser Frage Klimaschutz. Das ist einmal das Verkehrsministerium, Sie haben die Mobilität schon angesprochen. Und das andere ist das Innen- bzw. Bauministerium. Der Gebäudesektor ist ja auch eine ganz große Frage, wenn es um Klimaschutz geht. Was müssen diese beiden Minister leisten?
Blume: Die hatten in der Vergangenheit ja schon gewaltige Kataloge vorgelegt, was man machen kann. Manches ist in der ersten Runde auch am Geld gescheitert. Die Flottenerneuerungsprogramme, eine Beschleunigung beim Umstieg. Manche Fragen hängen auch noch an der technologischen Entwicklung, muss man ehrlicherweise sagen. Entwicklung von synthetischen Kraftstoffen zum Beispiel oder Ausbau von Infrastrukturen, ich hatte das erwähnt. Aber wie gesagt, wenn es bedeutet, alles auf den Prüfstand, dann muss man auch gemeinschaftlich überlegen, wo man bürokratische Schranken vielleicht beseitigen kann, die gar nicht zwingend in diesen Ministerien liegen, sondern die insgesamt vielleicht bestehen.
Also, ein Beschleunigungsprogramm für den Klimaschutz in Deutschland, das ist das, was wir zusammen hinbringen müssen. Sie haben jetzt schon zwei Ressorts der CSU angesprochen. Im Grunde ist jedes Ressort gefordert. Und ich denke jetzt gerade an Gerd Müller, unser Minister für internationale Zusammenarbeit. Er sagt seit sehr langer Zeit schon, dass wir gerade beim Thema Klimaschutz international denken müssen. Ich würde mir wünschen, wir als CSU wünschen uns, dass wir auch Klimaschutz exportieren können. Und dass diese Maßnahmen, die auch woanders in der Welt wirken und dort vielleicht in der Gesamtbilanz noch wirksamer sind als bei uns, dass die dann auch positiv angerechnet werden in unsere Gesamtklimabilanz. Ich denke, wir sollten nicht nur versuchen, aus Deutschland heraus einen Impuls für uns zu geben, sondern auch möglichst global zu denken an dieser Stelle. Beim Klimaschutz gilt die einfache Formel: Viel hilft viel.

Klimaschutz mit der Bevölkerung und nicht gegen die Bevölkerung

Hamberger: Viel hilft viel. Kann das vielleicht auch bedeuten, dass Sie noch mal an Themen ranmüssen, die vielleicht für die CSU nicht zwingend die angenehmsten sind, also, die auch bei Ihren Wählern vielleicht nicht so ankommen, wie zum Beispiel ein Tempolimit?
Blume: Entscheidend ist für uns als Union immer gewesen – und das ist ja auch die Weiche zu den Grünen: Wir wollen zeigen, dass Klimaschutz geht – mit der Bevölkerung und nicht gegen die Bevölkerung. Wir wollen zeigen, dass Klimaschutz möglich ist, nicht zu Lasten des ländlichen Raumes, sondern mit urbanen Räumen genauso wie mit dem ländlichen Raum. Wir wollen zeigen, dass Klimaschutz geht, ohne Deutschland zu deindustrialisieren, ohne die Mobilität von jedem Einzelnen zu beschränken. Ich glaube, das ist das, was die Menschen erwarten. Und das ist die eigentliche Aufgabe, wo politische Klugheit gefordert ist, nämlich das Versprechen einzulösen, dass wir Ökologie und Ökonomie zusammenbringen können. Das wird für uns auch ein Wahlkampf entscheidendes Thema sein.
Hamberger: Sie haben die Grünen gerade angesprochen. Das Angebot, dass die im Moment machen, scheint ja bei den Wählern und Wählerinnen nicht ganz so schlecht anzukommen. Wenn man auf die aktuellen Umfragen schaut, da sagt die neueste YouGov-Umfrage, die Union ist bei 24, die Grünen bei 25 Prozent. Bei Forsa ist es so, dass die Union sogar nur bei 22 Prozent landet und die Grünen bei 28 Prozent. Da scheint es durchaus schon etwas Bewegung zu geben, und zwar nicht zu Ihren Gunsten. Wer trägt denn dafür die Verantwortung im Moment?
Blume: Wir haben in den letzten Wochen ja immer wieder, zumindest aus Teilen der Union gehört, dass Umfragen nicht so entscheidend sind. Klar ist …

"Umfragezahlen für die Union in den 20ern ein absoluter Weckruf"

Hamberger: Eigentlich das Argument der CSU, dass Umfragen sehr wichtig sind.
Blume: Ja, ich sage Ihnen ganz offen: Natürlich freue ich mich über diese Zahlen nicht. Und natürlich sind Umfragezahlen für die Union in den 20ern ein absoluter Weckruf. Ein Weckruf, dass wir uns jetzt konzentrieren, dass wir geschlossen und entschlossen die anstehenden Aufgaben angehen, nämlich natürlich noch die C-Frage lösen. Corona-Bekämpfung ist, egal, was sonst diskutiert wird, immer noch das Thema Nr. 1, logischerweise. Die Menschen wollen in Deutschland wissen: Wie bringen wir unser Land möglichst schnell aus der Corona-Krise heraus? Aber danach kommt natürlich sofort die große Zukunftsfrage. Wie geht es weiter mit Deutschland?
Armin Laschet (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und Kanzlerkandidat der Union, kommt im Regierungsviertel an der Spree zu einem Interview.
In Laschet hat Söder seinen Meister gefunden
CDU-Chef Armin Laschet wird Kanzlerkandidat der Union. Markus Söder hatte auch in der CSU-Führung nicht mehr den nötigen Rückhalt, um den Machtkampf bis zur letzten Konsequenz, dem offenen Bruch, zu führen, kommentiert Stephan Detjen.

Deutschland steht vor einer Richtungsentscheidung. Und die Menschen erwarten, dass gerade die Union darauf eine Antwort gibt. Wir werden das machen mit einem gemeinsamen Regierungsprogramm, an dem wir zusammen arbeiten. Und ich setze darauf, dass die Union insgesamt, und natürlich auch Armin Laschet als unser Kanzlerkandidat, dass wir hier gemeinsam zeigen, dass wir die Kraft haben, die Motivation haben, und dann am Ende auch die Menschen sehen, um was es bei dieser Bundestagswahl geht.

"Gewisse Enttäuschung über den Ausgang der Kandidatenentscheidung"

Hamberger: Aber sind diese schlechten Umfragewerte, ist das jetzt ein gewisser Laschet-Effekt?
Blume: Ich sehe zumindest bei uns, hier auch bei den Umfragen in Bayern, natürlich bei dem einen oder anderen noch eine gewisse Enttäuschung über den Ausgang der Kandidatenentscheidung. Aber entscheidend ist jetzt was anderes. Entscheidend ist, dass wir nach vorne blicken. Es hilft nichts zu hadern. Die Entscheidung ist getroffen. Und wir werden als CSU jedenfalls alles tun für den gemeinsamen Erfolg er Union am 26. September. Wir haben noch eine lange Wahlkampfzeit. Es sind fünf Monate bis zur Bundestagswahl. Und, wenn man jetzt mal die Zeit abzieht, die wir noch für die Corona-Bekämpfung brauchen, dann sind danach immer noch zwei, drei Monate für ganz intensive Auseinandersetzungen, um diese Richtungsentscheidung dann auch entsprechend vorzubereiten.
Ich denke, dass wir am Ende als Union ein gutes Gesamtangebot den Wählern machen werden. Wer Armin Laschet als Kanzlerkandidaten möchte, der wählt Union. Und wer will, dass Markus Söder auch in Zukunft am Koalitionstisch in Berlin seinen Platz hat auf Augenhöhe mit den anderen Parteivorsitzenden, der muss ebenfalls Union wählen.

"Auf neue Technologien setzen"

Hamberger: Wenn Sie sagen "nicht hadern", hatte man das Gefühl, dass nicht nur an der Parteibasis bei Ihnen mit der Wahl von Laschet gehadert worden ist. Auch Ihr Parteichef hat sich durchaus anmerken lassen, dass er da noch nicht ganz zufrieden ist und die Wunden noch nicht verheilt sind. Er hat zwar gesagt, ohne Groll. Aber er hatte sich die Spitzen jetzt auch nicht immer verkniffen. Es gibt ein Interview in der Süddeutschen Zeitung, wo er warnt vor einer Politik Kohl 2.0. Ist das jetzt der Ton im Wahlkampf? Wird das so weitergehen?
Blume: Man sollte nicht jeden inhaltlichen Hinweis jetzt als Stichelei missverstehen. Ich halte das für eine Fehlinterpretation. Ich stelle im Gegenteil fest, dass wir hohe inhaltliche Übereinstimmung haben. Beide Parteivorsitzenden sagen, die Union steht für einen Kurs der Modernität. Wir brauchen ein Modernisierungsjahrzent. Wir müssen setzen natürlich auf das Thema Klimaschutz. Das hat Armin Laschet auch gerade jetzt formuliert nach der Verfassungsgerichtsentscheidung. Markus Söder sagt das ebenso, und zwar seit Wochen und Monaten.
Wir müssen auf neue Technologien setzen, auf einen neuen Aufbruch-Kreis. Also es gibt so viel gemeinsam zu tun. Und Sie erleben eine hohe Grundübereinstimmung zwischen CDU und CSU. Die Vergleiche, die ich immer wieder jetzt in den letzten Wochen gehört habe, wir wären im ähnlichen Fahrwasser wie 2018, das stimmt nicht. Es gibt ein hohes und intaktes Maß an Grundvertrauen zwischen CDU und CSU.

"Hauptaugenmerk liegt auf gemeinsamem Regierungsprogramm"

Hamberger: Sie haben das gemeinsame Wahlprogramm schon erwähnt, das es geben soll von CDU und CSU. In den vergangenen Jahren, 2013 und 2017 zur Bundestagswahl gab es jeweils einen Bayern-Plan, also ein kurzes Wahlprogramm der CSU noch mal zusätzlich. Wird es das in diesem Jahr auch geben?
Blume: Das Hauptaugenmerk von uns liegt natürlich auf dem gemeinsamen Regierungsprogramm. Damit treten wir an zur Bundestagswahl am 26. September. Aber es war bisher auch schon in jedem Bundestagswahlkampf so, dass wir im Verlauf des Wahlkampfs einzelne Punkte für die CSU, für Bayern noch mal akzentuiert haben und herausgearbeitet haben, die uns besonders wichtig sind. Und da kann ich einfach nur sagen: Warten Sie mal ab und lassen Sie sich überraschen.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.