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CSU in Wildbad Kreuth
Camerons Besuch bei Freunden

David Cameron und Horst Seehofer mögen sich vom Typus her deutlich unterscheiden: Hier der Elite-Zögling, der Konflikten gerne aus dem Weg geht, dort der Volkstribun, der es gerne auch einmal krachen lässt. Politisch allerdings stehen sich Cameron und Seehofer durchaus nahe. Das dürfte auch bei Camerons Stippvisite in Wildbad Kreuth deutlich werden.

Von Friedbert Meurer | 07.01.2016
    Der britische Premierminister David Cameron kommt am Abend des 06.01.2016 zur Klausurtagung der CSU-Landesgruppe im Bundestag in Wildbad Kreuth (Bayern).
    Der britische Premierminister David Cameron kommt zur Klausurtagung der CSU-Landesgruppe im Bundestag in Wildbad Kreuth (Bayern). (dpa / picture alliance / Peter Kneffel)
    Bayrisches Bier und Brauchtum sind auf der Insel bestens bekannt – von Wildbad Kreuth und der bayrischen Schwesterpartei von Angela Merkels Christdemokraten dürften dagegen nur die wenigsten bisher gehört haben. Für David Cameron bildet der Abstecher ins Seitental vom Tegernsee jedenfalls eine Abwechslung – und eine kleine Hoffnung, Rückendeckung für die britischen Reformwünsche zu erhalten.
    "Camerons Forderungen sind doch nur ein Bluff, ein Feigenblatt für konservative Politik", spottete vorgestern im Unterhaus Labour-Chef Jeremy Corbyn. Er habe gerade erst in Brüssel mit einigen Regierungschefs gesprochen, die das ähnlich sähen. Jetzt muss der Regierungschef Farbe bekennen.
    Die Grundstimmung in Sachen Europa ist trübe, da kann frische Luft in bayrischer Bergwelt und ein Schulterklopfen des bayrischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer nur aufmuntern.
    Aufstand im eigenen Lager
    "Es wird eine klare Haltung der britischen Regierung zum Referendum geben", verspricht Cameron im Parlament. Aber einzelne Mitglieder der Regierung dürfen eine abweichende Meinung vertreten. Es liegt letztlich an der britischen Bevölkerung zu entscheiden: "in or out" einer reformierten Europäischen Union.
    Der Premierminister erlaubt seinen eigenen Ministern, sich in der wichtigsten politischen Frage gegen ihn zu stellen – nichts weniger ist Camerons neueste Botschaft. Ihm blieb keine andere Wahl, lauten die Analysen, als seinen Ministern die Entscheidung – ja oder nein zu Europa – freizustellen. Andernfalls wäre es zu einem Aufstand im eigenen Lager gekommen.
    "Ich habe keine romantische Beziehung mit der EU"
    David Cameron und Horst Seehofer mögen sich vom Typus her beträchtlich unterscheiden: Hier der Elite-Zögling, der seinen Landsleuten als glatt gilt und Konflikten gerne aus dem Weg geht. Dort der Volkstribun, der die Nähe zum Wähler sucht und es gerne auch einmal krachen lässt. Politisch allerdings stehen sich Cameron und Seehofer durchaus nahe.
    "Believe me, I have no romantic attachment to the European Union and its institutions."
    Ich habe keine romantische Beziehung mit der EU - diesen Satz von David Cameron vom letzten Tory-Parteitag in Manchester könnte Horst Seehofer wohl jederzeit unterschreiben – fällt ihm die EU doch gerade bei der PKW-Maut in die Arme. Der eine Regierungschef will nur 20.000 Flüchtlinge auf die Insel lassen, verteilt auf fünf Jahre, der andere fordert eine Obergrenze, die zwar zehn Mal so hoch ist, aber gegen die Kanzlerin gerichtet ist.
    EU-Einwanderer sollen vier Jahre keine Sozialleistungen beziehen
    Die CSU findet Gefallen an der britischen Forderung, dass EU-Einwanderer vier Jahre lang keine Sozialleistungen zusätzlich zum Lohn beziehen sollen. Überhaupt gelten die Briten als Verbündete gegen eine allzu mächtige EU, die sich vermeintlich überall einmischen will. Cameron verleiht der CSU-Klausur etwas internationalen Glanz. Dafür soll Seehofer den Fürsprecher für die britischen Reformwünsche bei Angela Merkel geben – so etwa könnte der Kuhhandel der beiden vor der oberbayrischen Alpenkulisse aussehen.