Freitag, 19. April 2024

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Cynthia Nickschas & Friends
Widerborstige Lieder als Therapie

Als Straßenmusikerin hat sie angefangen, mittlerweile ist sie mit ihrem Stilmix aus Folk und Blues ein gern gesehener Gast auf Festivals. Dabei versucht Cynthia Nickschas keineswegs zu gefallen. Ihre gesellschaftskritischen Texte sind kiebig und ihre rauchige Röhre folgt dem erklärten Ziel: "Leute zum Denken anregen".

Am Mikrofon: Thekla Jahn | 09.12.2016
    Die fünf Musiker um die Singer/Songwriterin Cynthia Nickschas spielen auf der Bühne des Theaterkahns
    Ohne Pardon: Cynthia Nickschas und Band auf dem Theaterkahn. (Carsten Nüssler)
    Die Musikerin singt über die Ungerechtigkeiten des Lebens, das fehlende Umweltbewusstsein der Menschen, die Dauerberieselung der Medien, und sie prangert die mangelnde Wertschätzung des Lebens und der Mitmenschen an. Seit acht Jahren ist Cynthia Nickschas als Liedermacherin unterwegs und tourte unter anderem mit Konstantin Wecker durch die Republik. Der nahm sie auf seinem eigenen Label unter Vertrag und brachte 2014 ihr erstes Album heraus "Kopfregal". Doch Cynthia Nickschas will von keinem abhängig sein, sie ist autark, mutig, direkt und ihr nächstes Album ist bereits in der Pipeline: "Egoschwein" wird es heißen und es sei "anders", meint sie:
    "Ich glaube, ich bin noch mehr ich. Und es ist ein bisschen lauter und ein bisschen aggressiver, ein bisschen mehr E-Gitarre und ich glaube, ich schreibe schneller. Also mehr Wörter noch."
    Im Quintett stand Cynthia Nickschas in Dresden auf der Bühne bei der gemeinsamen Chansonreihe von MDR Kultur und Deutschlandfunk und spielte Songs des alten und des neuen Albums.
    "Musik ist meine Therapie"
    "Wenn man positiv denkt und auch nur eingebildet positiv denkt, dann geht es dem Körper besser, dann kriegt man den meisten Kram irgendwie besser hin. Musik macht glücklich und deswegen ist Musik meine Therapie."
    Musik war von Anfang an in Cynthia Nickschas Leben: die Mutter Klavierlehrerin, der Vater Gitarrenlehrer, dazu Kirchen- und Schulchor. Trotz einer gewissen Punkattitüde merkt man ihr all das an. Sie kann Musik. Dass sie – aus Tuttlingen stammend und heute im Rheinland lebend – mit 20 zunächst mit Straßenmusik begann, hatte einen verzweifelt-hoffenden Grund:
    "Ich hatte meinen Job verloren – ich war in der Küche tätig und hab kurz vorm Monatsende den Job verloren – und hatte so gar kein Geld mehr und meine Freundin Crazy aus Köln hat mich gefragt, ob ich nicht Lust hätte, einen Gig mitzuspielen bei ihr, weil sie gesagt hat: Hey, die Sachen, die Du schreibst, sind voll cool, komm doch mal mit, und ich zeig Dir dann, wie das mit der Straße ist.
    Und dann hatte ich nur noch 25 Euro und bin nach Frankfurt und wollte von Frankfurt mit der Mitfahrgelegenheit nach Köln und dann hat die Mitfahrgelegenheit mich sitzenlassen. Ja und dann bin ich zu den Punks am Bahnhof und habe gefragt, wo man am besten schnorren kann. Dann hat mir der eine von denen ein Bier gekauft und der andere eine Wurst, die haben mich adoptiert sozusagen. Und da hab ich mich das erste Mal hingesetzt und probiert und lustigerweise kam dann direkt ein Typ und hat mir ein Ticket nach Köln bezahlt."
    Ganz so einfach ging es dann allerdings nicht weiter. Auf der Straße zu spielen erfordert einiges und dazu gehören auch Nehmerqualitäten:
    "Also das Schlimmste war, dass mir jemand den Mülleimer über dem Kopf ausgekippt hat. Also das war so dieses: Ihhhh- krass – das ist echt eklig, Mann."
    Der Weg zu den eigenen Songs
    "Ich hab am Anfang sehr viel gecovert, damit ich überhaupt Aufmerksamkeit bekomme, und dann, wenn ein paar Leute standen, hab ich angefangen, meine Sachen zu spielen. Und die fanden sie eigentlich auch ganz gut und deswegen: Leben konnte ich, hat alles geklappt."
    Schon früh hat sich Cynthia Nickschas an deutschsprachigen Liedermachern orientiert, aber dann auch die Wirkungsmacht internationaler Musikerinnen studiert:
    "Aufgewachsen bin ich natürlich mit Reinhard, Hannes und Konstantin. Dann bin ich auf Joint Venture gestoßen mit zehn, elf, da habe ich dort ganz viel deutsche Texte gehört, bin dann aber wieder umgeschlagen und habe Joss Stone gehört, Christina Aguilera und die Heldin Pink. Das ist eine große Heldin, finde ich. Mit den meisten coolen Leuten aus Deutschland habe ich schon auf der Bühne gestanden."
    Cynthia Nickschas & Friends:
    Cynthia Nickschas (voc, git), Alwin Moser (viol), Christian Zerban (voc, sax), Mario Hühn (dr), Christoph Wegener (b)
    Aufnahme vom 25.11.16 auf dem Theaterkahn Dresden
    Dieses Konzert können Sie sechs Monate online nachhören.