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Dänemark
EU-Skeptiker siegen bei Referendum

Die Dänen haben mit deutlicher Mehrheit entschieden, dass ihr Land nicht enger mit den Polizei- und Justizbehörden der Europäischen Union zusammenarbeiten darf. Das Ergebnis ist eine Ohrfeige für die Regierung - und könnte das Ende von Europol für Dänemark zur Folge haben.

Von Björn Dake | 04.12.2015
    Zu sehen ist der Vorsitzende der rechtspopulistischen Volkspartei, Thulesen Dahl. Er winkt lachend und hält ein Mikrofon in der Hand.
    Beim Referendum gestern stand die Innen- und Justizpolitik zur Abstimmung. 22 EU-Regeln - unter anderem über die Zusammenarbeit mit der europäischen Polizeibehörde Europol. (picture-alliance / dpa / Linda Kastrup)
    Kristian Thulesen-Dahl hat gut lachen. Der Chef der Dänischen Volkspartei spricht von einem fantastischen Abend. Die Rechtspopulisten haben sich bei der Volksabstimmung durchgesetzt. Eine Mehrheit von gut 53 Prozent hat es abgelehnt, den dänischen Sonderweg in der Innen- und Justizpolitik zu beenden.
    "Der Rechtsvorbehalt wurde ja eigentlich schon im Juni 1992 geschaffen. Da wurde Dänemark Fußball-Europameistern. Das zeigt: Wenn man als kleines Land gesehen wird dann kann man stolz sein und eine Menge erreichen. Ein Land, das selbst bestimmen kann, welche Rolle es in der europäischen Zusammenarbeit spielen möchte."
    Eigentlich mögen die Dänen ja Europa. Die Meisten denken, dass es besser ist dabei zu sein. Aber bitte nicht zu viel davon. Immer wenn nationale Symbole ins Spiel kommen, wie die eigene Währung oder die Sicherheit der eigenen Grenzen wird es kompliziert.
    Beim Referendum gestern stand die Innen- und Justizpolitik zur Abstimmung. 22 EU-Regeln - unter anderem über die Zusammenarbeit mit der europäischen Polizeibehörde Europol. Aber auch die vollständige Mitgliedschaft im Schengen-Raum, das Sorgerecht, Erbrecht und der Kampf gegen Cyberkriminalität waren Thema. Viele Dänen haben dabei den Überblick verloren, was sie eigentlich entscheiden sollen.
    Zum Nein-Lager gehörten nicht nur die Rechtspopulisten, sondern auch die sozialistisch-grüne Einheitsliste. Deren Chef Pernille Skipper hat für das Nein eine Erklärung:
    "Ich glaube, dass ganz viele Menschen verstanden haben, dass hier um weit mehr geht als nur Europol. Das, was auf dem Tisch lag, war die Abgabe der Selbstbestimmung. Das war ein Blankoscheck für die Politiker mehr und mehr Selbstbestimmung abzugeben, ohne die Bevölkerung zu fragen."
    Die Taktik des Ja-Lagers um die liberale Regierung von Ministerpräsident Lars Loekke Rasmussen ist nicht aufgegangen. Sie hatten versucht die Abstimmung auf die Zusammenarbeit mit Europol zu begrenzen. Doch die Dänen interessieren sich momentan mehr für die Flüchtlingspolitik als Polizeiabkommen.
    Welche Rolle die Asylpolitik bei der Abstimmung gespielt hat, lässt sich schwer sagen. Loekke Rasmussen hatte wieder und wieder betont: Egal was beim Referendum herauskommt: Die Asylpolitik bleibt wie sie ist.
    Gerade hat das Parlament im Eiltempo beschlossen, abgelehnte Asylbewerber nach einer Woche abzuschieben. Die Polizei darf Menschen länger als 72 Stunden festhalten.
    Bis Weihnachten sollen weitere Punkte beschlossen werde. Besonders umstritten: Flüchtlingen sollen ihre Wertgegenstände abgenommen werden, um davon Unterbringung und das Asylverfahren zu bezahlen.
    Bei dem strikten Kurs dürfte es bleiben. Loekke Rasmussen hat keine Mehrheit im Parlament und braucht die Dänische Volkspartei. Der Ministerpräsident
    "Meine Schlussfolgerung ist, dass das Nein ein Ausdruck starker EU-Skepsis ist. Eine Unsicherheit darüber, was aus einem Ja folgen würde. Dafür habe ich Respekt."
    Wichtigste Folge des dänischen Nein: Die grenzüberschreitende Kriminalitätsbekämpfung mit Europol wird auslaufen. Loekke Rasmussen will jetzt nach Alternativen suchen.
    "Ich bin immer noch überzeugt, dass wir Teil des Einsatzes gegen grenzüberschreitende Kriminalität und Terrorismus sein sollten. Wir müssen respektieren, dass die Dänen einen Sonderweg gehen wollen und müssen jetzt ein Parallelabkommen schließen, damit Dänemark Teil der Zusammenarbeit bleiben kann."
    Ob das so einfach möglich ist, ist unklar. In jedem Fall wird es viel Zeit dauern. Denn EU-Kommission, alle Mitgliedsländer und das Europäische Parlament müssten zustimmen - und bei so viel Europa wird es für die Dänen wieder kompliziert.