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Dänemark
Neue Regierung verschärft das Asylgesetz

Die rechtspopulistische Dänische Volkpartei ist aus den Wahlen als zweitstärkste Kraft hervorgegangen. An der neuen Minderheits-Regierung der rechtsliberalen Venstre-Partei von Lars Lökke Rasmussen ist sie nicht beteiligt. Dennoch trägt das neue Regierungsprogramm die Handschrift der Rechtspopulisten.

Von Carsten Schmiester | 02.07.2015
    Rasmussen entfernt sich im schwarzen Anzug von einer Tür, rechts und links neben ihm laufen zwei Personenschützer.
    Dänemarks künftiger Regierungschef Lars Loekke Rasmussen am Sitz der dänischen Königin (AFP / SCANPIX DENMARK / SOEREN BIDSTRUP )
    Ausländer waren das Thema Nummer Eins im Wahlkampf, um sie geht es auch gleich im ersten Gesetzentwurf. Die frisch gebildete dänische Regierung der rechtsliberalen Venstre-Partei macht das Land wie angekündigt für Einwanderer weniger attraktiv. Mit den weiteren Parteien des bürgerlichen "Blauen Blocks", also auch mit der rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei, einigte sich Venstre auf deutlich verschärfte Regeln für Asylbewerber und Flüchtlinge.
    Wenn das Gesetz am Freitag beschlossen wird, wovon alle ausgehen, gibt es künftig nur noch etwas mehr als die Hälfte der bisher gezahlten Unterstützung. Umgerechnet 790 Euro erhalten alleinstehende Erwachsene dann, plus 200 Euro nach Bestehen eines mittelschweren Sprachkurses. Diese drastische Kürzung soll für alle Menschen gelten, die ab September nach Dänemark kommen, ab 2016 dann auch für Ausländer, die weniger als sieben von acht aufeinander folgenden Jahren im Land gelebt haben.
    Offiziell geht es der Regierung vor allem ums Sparen. Sie will allein mit dieser ersten Maßnahme mehr als 50 Millionen Euro pro Jahr weniger für Asylbewerber und Flüchtlinge ausgeben. Aber, so sagt es Integrationsministerin Inger Stöjberg, dies sei der erste von mehreren Schritten, mit denen man die Einwanderung wieder unter Kontrolle bringen wolle, trotz aller Kritik.
    "Ich kann ja verstehen, dass sich viele jetzt fragen, ob das Dänemark von Morgen noch das Dänemark sein wird, das wir kennen mit den Werten und der Kultur, mit denen und in der wir aufgewachsen sind. Aber wenn wir einen so massiven Zulauf haben, kommt es irgendwann dazu, dass es schwer wird, so viele Menschen zu integrieren", erklärt Stöjberg.
    Das ist Wasser auf die Mühlen der rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei: Die hatte im Wahlkampf keinen Hehl aus ihrer Ausländerfeindlichkeit gemacht und gleich einen kompletten Einwanderungsstopp verlangt. Ihr Sprecher Martin Henriksen findet den Venstre-Gesetzentwurf dennoch "Okay":
    "Das ist sicher ein guter Anfang. Aber wir müssen natürlich im Asylbereich noch mehr machen, die Regeln müssen noch strenger werden. Wir gehen davon aus, dass wir schon bald gemeinsam weitere Verschärfungen einführen."
    Die Opposition ist erwartungsgemäß entsetzt. Aber da der Blaue Block bei der Wahl die Mehrheit gewann, kann sie nichts machen, außer sich öffentlich zu empören. Morten Östergaard von der linksliberalen Partei Radikale Venstre sagt: Ihm sträube sich alles, wenn eine Ministerin und eine willige Mehrheit behaupteten, dass die Menschen, die vor dem "Islamischen Staat" fliehen, nach Dänemark nur wegen der hohen Sozialhilfe kämen. "So zu argumentieren, ist eine Schande!", schimpft Östergaard.
    Das dänische Rote Kreuz warnt vor den Konsequenzen der Kürzungen. Anders Ladekarl von der Organisation hält den Gesetzentwurf einfach nur für gefährlich:
    "Es gibt keine Untersuchungen, die belegen, dass Sozialhilfe einen Einfluss auf die Wahl des Ziellandes hat. Es weiß also niemand, ob diese Politik die Zahl der Asylbewerber in Dänemark beeinflussen wird. Wir wissen aber, dass diese Politik zu mehr Armut führt."