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Das Digitale Logbuch: Papierlose Schule

Heinz Rühmann in der Feuerzangen-Bowle hatte es noch leicht. Wer es früher geschafft hat, sich noch mal in die Schule reinzumogeln, der konnte auftrumpfen. Man war 1000mal erfahrener als die ganze Oberprima zusammen, und die Mädchen sind sofort dahingeschmolzen, weil man diese ganze lässige Lebensweisheit ausgestrahlt hat. Heute würde ein solches Experiment möglicherweise etwas unangenehmer enden. Wer sich nach ein paar Jahren noch mal zurück in eine Schule traut, der kann wahrscheinlich schon in der ersten Stunde wieder einpacken. Vor allem, wenn es sich bei der Schule um das so genannte "Erste papierlose Gymnasium" handelt. Das steht im Süden von London, und die Schüler dort werden seit einem Jahr alle mit einem Laptop ausgestattet. In den Klassenzimmern hängen keine Tafeln mehr an den Wänden, sondern riesige Plasma-Bildschirme, die die Lehrer von ihrem Pult aus steuern können.

Von Tobias Armbrüster | 12.02.2005
    Eine typische Stunde fängt hier damit an, dass alle Schüler erst mal das Laptop herausholen und einschalten, anschließend sagt ihnen der Lehrer auf welcher Seite im schuleigenen WiFi-Netzwerk sie sich einloggen sollen. Spätestens beim Wort WiFi-Netzwerk würden wir als Trittbrett-Fahrer wahrscheinlich die Hand heben, wenn unsere eigene Schulzeit seit sagen wir mal, 1998 oder vorher vorbei ist. Wer sich mit Local Area Networks auskennt, der kann sich noch weiter durchmogeln und vielleicht auch die Erdkunde-Aufgabe lösen, die der Lehrer auf seiner Webpage platziert hat - aber spätestens in der Pause ist es dann wahrscheinlich vorbei. Wo früher in der Schule einfach nur Kaffe oder Kakao getrunken wurde, oder wo die Älteren geraucht haben, da wird in dieser Schule im Internet gesurft. Das setzt einige ganz neue soziale Fähigkeiten voraus, denn natürlich muss man trotzdem gleichzeitig reden, essen, trinken und vor den Mitschülern angeben mit der tollen Webpage, die man gerade gefunden hat.

    Kritiker sagen, die ganze Technologie in der Schule sei völlig überflüssig. Unterricht funktioniere nach wie vor am besten, wenn die Lehrer gut sind, egal ob sie mit Bleistift, Kreide oder mit einer Computer-Tastatur vor der Klasse stehen. Aber diese Häme können wir uns für den Nachhause-Weg aufheben - nachdem wir in der dritten Stunde rausgeflogen sind. Da hat der zentrale Schulrechner nämlich gemerkt, dass unser mitgebrachtes Laptop überhaupt nicht registriert ist – und hat uns einfach ausgeloggt.