Donnerstag, 25. April 2024

Archiv


Das Erbe der Annette Schavan

Exzellenzinitiative, Hochschulpakt sowie der Pakt für Forschung und Innovation: diesen drei großen Themen müsse sich die zukünftige Bildungsministerin Johanna Wanka vordergründig widmen, sagt Wissenschaftsjournalist Armin Himmelrath im Gespräch. Allerdings bleibe ihr bis zur anstehenden Bundestagswahl nur wenig Zeit, um sich zu profilieren.

11.02.2013
    Monika Seynsche: Die Mathematikerin Johanna Wanka ist bisherige Landesministerin für Wissenschaft und Kultur in Niedersachsen und wird am Donnerstag zur nächsten Bundesministerin für Bildung und Forschung vereidigt. Bis Donnerstag steht sie laut ihrem Presssprecher für keinerlei Interviews zur Verfügung. Deswegen ist stattdessen jetzt mein wissenschaftspolitisch bewanderter Kollege Armin Himmelrath zu mir ins Studio gekommen. Herr Himmelrath, was kann man denn forschungspolitisch von Frau Wanka erwarten?

    Armin Himmelrath: Das ist die große Frage, die tatsächlich im Moment an allen Forschungseinrichtungen und in den Universitäten diskutiert wird. Sie hat ja Ministererfahrung schon etliche Jahre, war erst von 2000 bis 2009 in Brandenburg Ministerin für Bildung und Wissenschaft und hatte ab 2010 für jetzt, naja, knapp drei Jahre diesen Job in Niedersachsen innegehabt. Und wenn man sich das anschaut, dann erscheint einem das tatsächlich ein bisschen seltsam. Aber in all diesen Jahren gibt es keine großen forschungspolitischen Anstöße oder Projekte, die sie auf den Weg gebracht hat. Sie hat sich natürlich immer mal wieder eingebracht in die Forschungspolitik, hat sich dann aber häufig geäußert in Richtung Strukturfragen. Es gibt zum Beispiel eine Interviewaussage von ihr, da sagt sie, mehr Kompetenzen für den Bund sind nicht drin. Das zielt ab auf diese, man kann sagen Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern, wo eben im Bereich der Bildung und der Wissenschaft ganz, ganz viel auf Länderseite liegt. Die Bundesregierung hat da relativ wenig zu tun. Sie ist wirklich eine Landesministerin mit Leib und Seele gewesen. Und von daher wird das dann ganz interessant zu sehen: Wo setzt sie denn dann bundespolitisch tatsächlich diese forschungspolitischen Schwerpunkte?

    Seynsche: Wo müsste sie denn ansetzen? Also, wo sind die großen Baustellen in der Forschungspolitik?

    Himmelrath: Es gibt im Grunde mehre Pakete, die von ihrer Vorgängerin, von Annette Schavan zum Teil auf den Weg gebracht wurden, zum Teil weitergeführt wurden und um die man sich jetzt im Grunde kümmern muss, wie es weitergeht. Das eine ist der Pakt für Forschung und Innovation - eine Vereinbarung zwischen Bund und Ländern, mit der im Grunde die außeruniversitäre Forschung sehr gestärkt wurde, wo klargemacht wurde, da gibt es Zuwachs im Etat Jahr für Jahr. Das Ganze läuft 2015 aus und da laufen im Moment auch schon die Gespräche, wie es weitergeht. Zweiter Punkt - ganz, ganz groß: die Exzellenzinitiative. Also die Suche nach den besonders forschungsstarken, besonders forschungsorientierten Universitäten mit Zukunftskonzepten. Auch da ist die Finanzierung bis 2017 gesichert. Annette Schavan hatte gesagt, danach geht es nicht weiter mit der Exzellenzinitiative, aber irgendwie anders. Und dieses Irgendwie - das muss jetzt geklärt werden, das ist auch ein milliardenschweres Projekt, da muss einfach jetzt alles aufs Gleis gesetzt werden. Und dritte große Baustelle ist sicherlich der Hochschulpakt, also die Frage: Wie bringen wir diese zunehmende Zahl von jungen Leuten, die studieren wollen, an den Universitäten unter? Da hatten sich Bund und Länder auf den Ausbau von Studienplätzen geeinigt. Das läuft noch bis 2020. Das ist nicht ganz so dringend. Aber auch da muss man natürlich schon schauen, wie geht's danach weiter?

    Seynsche: Das Ministerium heißt ja Ministerium für Bildung und Forschung. Die Forschung hatten wir gerade eben - was ist mit der Bildung? Hat sich Frau Wanka da schon mehr profiliert in letzter Zeit?

    Himmelrath: Deutlich stärker als im forschungspolitischen Bereich, ganz klar. Auch da wieder mit einer klaren Stellungnahme, dass sie gesagt hat, also Bildung ist Ländersachse. Da hat der Bund im Grunde nichts zu sagen. Er darf gerne Geld dazugeben, aber sich ansonsten inhaltlich nicht einmischen. Und das wird tatsächlich eine der ganz spannenden Fragen - wie kriegt sie diesen Wechsel hin? Sie war jetzt in zwei Landesregierungen oder in zwei Bundesländern Landesministerin, hat immer diese Landeshoheit in der Bildungspolitik verteidigt, und muss jetzt sehen, wie sie den Wechsel hinbekommt, dass sie eben Bundesministerin ist. Bei Annette Schavan hatten wir das so ein bisschen ähnlich am Anfang. Sie hat auch zu Beginn gesagt, ich fühle mich eigentlich gar nicht als Bundesbildungsministerin, ich fühle mich rein als Forschungsministerin. Und es hat dann wirklich fünf, sechs Jahre gedauert, bis sie soweit war, dass sie gesagt hat, also das ist schon auch eine machtlose Position in der Bundesregierung, was die Bildungspolitik angeht. Da hätte ich gerne ein bisschen mehr Einfluss. Vielleicht lässt sich ja sowas ähnliches bei Johanna Wanka beobachten. Das muss man dann mal schauen. Aber bei ihr ist halt das Problem, sie tritt ja jetzt nur für sieben oder acht Monate an bis zur Bundestagswahl. Das ist natürlich kein langer Zeitraum. Gerade in der Bildungs- und Forschungspolitik reden wir ja häufig über Förderzeiträume, die sich über drei, vier, fünf Jahre erstrecken. Bei DFG-Sonderforschungsbereichen reden wir über zwölf Jahre, die finanziert werden. Das sind im Grunde die Zyklen, in denen man Forschung denkt. Da hat sie mit diesen acht Monaten allenfalls die Chance, so ganz klein mal zu sagen, hallo, hier bin ich. Aber viel mehr ist da im Grunde nicht möglich.