Mittwoch, 24. April 2024

Archiv


Das Geheimnis des Didgeridoo

Physik. - Das Didgeridoo, ein archaisches Instrument der australischen Aborigines, ist auch in deutschen Großstädten, im Park oder in der Fußgängerzone, oft zu hören, gerne begleitet von unermüdlichen Bongotrommeln. Was beim Didgeridoo-Spiel akustisch passiert und was den Meister vom Anfänger unterscheidet, haben australische Wissenschaftler jetzt mit neuen Methoden untersucht.

13.07.2005
    Den größten Teil der Arbeit bei der Herstellung eines Didgeridoos erledigen kleine Krabbeltierchen, die speziell bei Holzhausbesitzern in sehr schlechtem Ruf stehen. "Es ist der Stamm eines Baumes, der von hungrigen Termiten ausgehöhlt wurde", erläutert Joe Wolfe von der University of New South Wales im australischen Sydney. "Das Ganze wird dann etwas gesäubert, um das Mundstück herum kommt ein Ring aus Bienenwachs, und fertig ist das Didgeridoo." Zwar singen Didgeridoo-Virtuosen auch in das Holzrohr hinein, um bestimmte Effekte zu produzieren. Das grundlegende Prinzip der Klangerzeugung ähnelt aber dem von Blechblasinstrumenten, so Wolfe: "Die Lippen des Spielers vibrieren auf die gleiche Art und Weise wie bei einem Trompeten- oder Tubaspieler und das erzeugt Schallwellen. Diese Schallwellen wandern in beide Richtungen: in das Instrument hinein und andersherum in den Vokaltrakt des Spielers. In beiden Fällen rufen sie die Resonanzen der Instrumente hervor." Bei den klassischen europäischen Instrumenten ist der Beitrag des Vokaltraktes, also des Bereichs zwischen Kehlkopf und Lippen, zum Klang relativ gering. Beim Didgeridoo hingegen spielt dieser Schallanteil die Hauptrolle.

    Mit einer speziellen Messtechnik ist Joe Wolfe den Vorgängen auf den Grund gegangen: "Der wesentliche technische Fortschritt besteht darin, dass wir das akustische Verhalten des Vokaltraktes während des Spielens selbst messen können. Wir haben dazu durch ein kleines Röhrchen einen synthetischen Klang in den Mund des Spielers projiziert, einen Klang, der gleichzeitig aus hunderten verschiedener Frequenzen besteht. Sie werden im Vokaltrakt des Spielers reflektiert. Ein Mikrofon nimmt diese Reflektionen auf und sagt uns wiederum akustisch, was der Vokaltrakt gerade macht." Aus dem Echo des Testklangs haben die australischen Wissenschaftler Informationen über die Abläufe beim Didgeridoo-Spielen und die Positionen von Kiefer, Gaumen, Zunge und Lippen zueinander gewonnen.

    Je nach Stellung kann der Vokaltrakt bestimmte Frequenzen verstärken oder abschwächen. Das Forscherteam um Joe Wolfe stellte fest, dass vor allem die abgedämpften Frequenzen - oder genauer gesagt die Frequenzen, die nach der Abschwächung noch übrig bleiben - den Klang des Didgeridoo prägen: "Wir haben herausgefunden - was uns ein wenig überrascht hat -, dass die Resonanzen im Vokaltrakt bestimmte Frequenzen abdämpfen. Die lauten Frequenzbereiche im Didgeridoo-Klang, das sind genau die Frequenzen, die übrig bleiben, nachdem die Vokaltraktresonanzen einen Teil des Spektrums entfernt haben."

    Den Unterschied zwischen Meister und Anfänger macht eine zweite anatomisch-akustische Feinheit aus: "Wenn die Stimmlippen weit geöffnet sind wie beim Atmen, dann können die Schallwellen hinunter in die Lunge wandern, wo eine Menge Energie absorbiert wird. Weit geöffnete Stimmlippen ergeben schwache Resonanzen und einen uninteressanten Didgeridoo-Sound. Wenn die Stimmlippen aber fast geschlossen sind, fast in der Sprechposition, dann bekommen Sie viel stärkere Resonanzen und einen interessanteren Klang." Bewusst oder unbewusst halten alle guten Didgeridoo-Spieler ihre Stimmlippen in einer geschlossenen Position.

    [Quelle: Michael Gessat]