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Das Konfliktbarometer

Eine studentische Initiative - das Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung - veröffentlicht jährlich das "Konfliktbarometer" - sogar Nachrichtenagenturen interessieren sich dafür.

Von Thomas Kramer | 15.12.2009
    Die letzten Wochen waren purer Stress. Kaffee zum wach bleiben, Haare raufen bis tief in die Nacht hinein, endlose Diskussionen über Details zum internationalen Konfliktgeschehen.

    Wer sich beim HIIK engagiert, den erwartet Arbeit bis zum Umfallen – besonders in den Wochen vor dem 15. Dezember, vor Veröffentlichung des Konfliktbarometers.

    "Je länger die Redaktion geht, desto schwieriger wird es, weil man natürlich bis in die Nacht rein arbeitet, meistens ... also 12 Uhr ist das Minimum, bis 12 Uhr abends, eher bis zwei, drei Uhr nachts."

    Jens Hofmann arbeitet beim HIIK seit etwa 5 Jahren. Er ist einer von knapp einhundert studentischen Mitarbeitern und Leiter der Arbeitsgruppe "Konflikte in Amerika".

    "Bei mir jetzt zum Beispiel der Kolumbientext zur Farc, also da muss ein Text erscheinen, oder zu Afghanistan, da muss auf jeden Fall auch ein Text im Konfliktbarometer drinnen sein."

    Jeder Artikel muss gründlich recherchiert, prägnant und auch dem Laien verständlich geschrieben sein. Das Konfliktbarometer ist gut 80 Seiten stark und erscheint auf Englisch. Mit ihm liefern junge Forscher einen Überblick über sämtliche Konflikte rund um den Globus. Es richtet sich an eine breite Öffentlichkeit, bildet aber auch die Handlungsgrundlage für Fachleute aus Wissenschaft und Politik. Klare, systematische Struktur, genaue Analysen und Grafiken – bis die Druckversion erscheint, wird alles mehrfach geprüft und korrigiert. Das Barometer gibt es kostenlos über die Internetseite hiik.de.

    Friedens- und Konfliktforschung ist ein Fach der Politikwissenschaft – für Lotta Mayer ist es eine Passion. Beim HIIK ist sie Redaktionsleiterin. Ihr Spezialgebiet: südliche Sahara, Burundi und Ruanda. Wie Jens Hofmann arbeitet sie in erster Linie an ihrem Doktor. Nebenbei engagieren sich beide im Vorstand des HIIK und halten den Laden zusammen.

    "Räumlich stellt man sich das immer ganz groß vor. Wenn ich jetzt sage, wir haben ungefähr hundert Mitarbeiter, denkt man wahrscheinlich an einen schönen, repräsentativen Bau – das ist nicht so. Wir haben ein schnuckeliges, kleines Büro, irgendwo unterm Dach in einem alten Unigebäude, mit Kaffeemaschine und allem, was dazu gehört."

    Das Gros der Arbeit leisten die studentischen Mitarbeiter zu Hause. Jeder durchforstet das Internet nach Informationen zu dem von ihm beobachteten Konflikt. Monitoring nennt man das. Bis Ende November muss ein Artikel stehen. Wer noch neu und unerfahren ist, wird von den Älteren angeleitet. Die Professoren ...

    "Die Professoren spielen vor allen Dingen eine beratende Rolle. In der Erstellung des Konfliktbarometers, das machen die Professoren nicht, die gucken dann sozusagen eher, wenn das Konfliktbarometer erstellt ist, noch mal drauf. Die können einem am Ende noch mal einen ganz guten Tipp geben."

    "Ohne die Unterstützung der Professoren wäre es für uns sicher sehr, sehr schwierig."

    Einer der Unterstützer ist Professor Schlotter, zugleich Angehöriger des Kuratoriums:

    "Ich zähle a) zu den mit Mitgliedern und b) zu denen, die hier am Institut Ansprechpartner für diese Gruppe sind. Ich biete auch regelmäßig Seminare an, in Kooperation mit dem HIIK, sodass eben auch Werbung gemacht werden kann, für die zukünftige Mitarbeit von immer neuen Studierenden, denn es muss ja auch immer der Nachwuchs kommen."

    Das Hauptproblem jedoch ist die Finanzierung.

    "Wir haben es bisher immer geschafft, uns einigermaßen so durchzumausern, also es ging immer ganz gut. Was halt manchmal an den Nerven zehrt, ist, dass man weiß, jetzt geht es auf das Konfliktbarometer zu, wir werden 2000 Euro einsetzen müssen, und dann haben wir nur noch 200 Euro auf dem Konto."

    Spenden sind da eine Möglichkeit, Fördermitgliedschaften die andere. Doch das ist nicht einfach, denn das HIIK ist politisch unabhängig. So hoffen die Studierenden auf die Universität. Schließlich trägt man entscheidend bei zu ihrem guten Ruf.

    "Von der Universität würde ich mir wünschen, dass sie stärker erkennt, wie wichtig wir sind, auch für die Öffentlichkeit."

    Die Mitarbeit am Konfliktbarometer – das ist echtes Interesse am Fach, ein Schritt von der Theorie zur Praxis. Nicht für Geld, sondern für einen Pluspunkt im Lebenslauf, in einzelnen Fällen für eine Stelle als Hiwi.

    "Dadurch, dass es ehrenamtlich ist, sind da nur Leute dabei, die dafür eine gewisse Leidenschaft haben und die ein Interesse dafür haben. Und nicht Leute, die einfach nur einen Job wollen und das dann halt so irgendwie runterreißen. Also das macht vielleicht auch irgendwo das HIIK aus, dass da alle mit Herzblut dabei sind und nicht nur mit dem Geldbeutel."