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"Das Verfahren wird nun wieder konventionell durchgeführt werden"

Das neue System der Studienplatzbewerbung sollte eigentlich in wenigen Tagen starten. Jörg Steinbach von der Stiftung für Hochschulzulassung erläutert, warum es nun doch zu Verzögerungen kommt.

Jörg Steinbach im Gespräch mit Ulrike Burgwinkel | 12.04.2011
    Ulrike Burgwinkel: Damit sollte das Zulassungsdurcheinander von Studienbewerbungen ein Ende haben: Das Onlineportal hochschulstart.de sollte am Freitag dieser Woche endlich an den Start gehen – nach diversen Anlaufschwierigkeiten. Aber eine weitere Verschiebung scheint sich anzukündigen. Der Präsident der TU Berlin, Jörg Steinbach, sitzt im Stiftungsrat, also dem Gremium, das für den hochschulstart verantwortlich zeichnet. Guten Tag nach Berlin!

    Jörg Steinbach: Schönen guten Tag!

    Burgwinkel: Herr Steinbach, klären Sie uns auf über den Stand der Dinge: Ist die Verschiebung beschlossene Sache?

    Steinbach: Das Ergebnis werden wir heute Nachmittag etwa gegen 16 Uhr erfahren, dann ist sozusagen der Meldeschluss für das Umlaufverfahren. Ich gehe aber nach den Informationen, die ich habe, davon aus, dass die Verschiebung doch mit einer großen Mehrheit beschlossen werden wird.

    Burgwinkel: Was war denn letztlich der ausschlaggebende Grund?

    Steinbach: Der ausschlaggebende Grund ist eine nicht funktionierende oder nicht den Anforderungen der Universitäten entsprechende Schnittstelle zwischen den einzelnen Bewerberportalen der Universitäten und der neu gestrickten Software, die vom Bund aus sozusagen finanziert worden ist.

    Burgwinkel: Ja, hm, kann man da überhaupt einen Schwarzen Peter verteilen, und wenn ja, wer bekäme den – die Hochschulen, der Stiftungsrat, T-Systems?

    Steinbach: Nein. Also ich sag mal, alle drei, die Sie eben genannt haben, da gehört der Schwarze Peter diesmal nicht hin. Man muss sagen, dass es im Vorfeld sehr viel Kritik gegeben hat an der Vorgehensweise der T-Systems – dieses hat sich im Nachhinein eigentlich alles aufgelöst. Und man muss hier auch ganz deutlich sagen, aus Fairnessgründen, dass die Software, so, wie sie von T-Systems bereitgestellt worden ist, ich sag mal zu 90 bis 95 Prozent das erfüllt, was vom Pflichtenheft her zu erwarten war. Und die kleinen Fehler, die sozusagen noch im System drin sind, hätten in keiner Art und Weise eine weitere Verschiebung irgendwo gerechtfertigt. Der Stiftungsrat hat das ganze Geschehen mit großer Akribie die ganze Zeit verfolgt, und wir sind alle im Stiftungsrat eigentlich davon überrascht worden, dass die HIS, die ja auch durchaus als beratendes Unternehmen in dem Vergabeverfahren mit berücksichtigt ist, plötzlich ihrerseits sozusagen die gemachten Versprechungen nicht einhalten kann. Und dieses hat nicht nur bei den Universitäten zu einer großen Verärgerung geführt, sondern auch bei den Ländervertretern.

    Burgwinkel: Also liegt der Schwarze Peter beim Hochschul-Informations-System?

    Steinbach: So würde ich das ganz deutlich benennen.

    Burgwinkel: Und wo genau? Kann man das noch ein bisschen genauer spezifizieren?

    Steinbach: Ich möchte da vorsichtig sein, weil das ein bisschen in den Bereich der Spekulation hineingeht, aber man hat zumindest den Eindruck, dass, glaube ich, die HIS unterschätzt hat, was von ihrer Seite in dieses System einzubringen ist, und hat sich in großen Teilen dort auf eine neue Softwarevariante abgestützt, und die alte Variante, die aber in den deutschen Hochschulen ihre größte Verbreitung hat, vielleicht nicht mit der Sorgfalt so mit verfolgt und mit gewartet, wie das notwendig gewesen wäre. Aber ich möchte das mit aller Vorsicht formulieren.

    Burgwinkel: Welche Konsequenzen sehen Sie denn jetzt durch diese Verschiebung, zum Beispiel für die Nachrücker?

    Steinbach: Ich sehe insgesamt drei Konsequenzen: Das eine ist, das Verfahren wird nun wieder konventionell durchgeführt werden, das heißt, die Studierenden werden weder den erwarteten Vorteil haben, sie werden aber auch keine zusätzlichen Nachteile haben, es bleibt eben sozusagen bei dem etwas holprigen Verfahren der Vergangenheit. Sie müssen sich nach wie vor, wenn sie das möchten, an mehreren Hochschulen gleichzeitig bewerben, und die Hochschulen ihrerseits werden Nachrückverfahren brauchen, um endgültig sozusagen Bescheide und Studienplätze herausgeben zu können und die Studiengänge aufzufüllen. Insofern wird sich einfach an dem, was wir vor einem Jahr zum Wintersemester 10/11 erlebt haben, einfach nichts ändern. Und dieses bedauern wir als Hochschulen auch, insbesondere weil es stellt auch immer wieder eine Nervenprobe sozusagen für uns dar, denn die Studierenden möchten Bescheid wissen, sie möchten einen ordentlichen Studienbeginn haben, sie möchten, dass all die administrativen Dinge vor der Vorlesungszeit geregelt sind. Dieses werden wir nicht in vollem Umfang garantieren können, so wie wir das in der Vergangenheit auch nicht konnten. Zweite Konsequenz ist, dass man wirklich sehen muss, dass die Verschiebung nicht länger als ein Jahr dauern darf. Es ist vom Bund viel Geld reininvestiert worden, es viel Manpower von den Hochschulen reingesteckt worden, und wenn wir dieses Verfahren nicht in einem Jahr auf die Beine kriegen, dann ist seine Akzeptanz und damit die Chance, wirklich für beide Seiten einen systematischen Vorsprung oder Vorteil sozusagen zu erzielen, die ist dann ein für allemal hin. Und man sollte sorgfältig darauf achten, dass man die Zulassung zum kommenden Sommersemester als die heiße Testphase noch mal verwendet, damit man dann wirklich zum kommenden darauf folgenden Wintersemester in den scharfen Betrieb einsteigen kann und dann wirklich die Vorteile zum Tragen kommen, die wir uns alle davon erhoffen.

    Burgwinkel: Danke für das Gespräch! Das war der Präsident der TU Berlin, Jörg Steinbach. Und wir sprachen über hochschulstart.de – und dieser Start muss für ein Jahr noch verschoben werden.

    www.hochschulstart.de