Freitag, 19. April 2024

Archiv


Das Weltgeheimnis

Astronomie. - 1609 lag eine wissenschaftliche Revolution in der Luft. Das kopernikanische Weltbild mit der Sonne im Zentrum erhielt zwei Fürsprecher, wie sie unterschiedlicher kaum sein konnten: Galileo Galilei, der beim Blick durch die ersten Teleskope das Sonnensystem auf neue Weise erfasste , und Johannes Kepler, der durch umfangreiche Berechnungen der Welt der Gestirne ein mathematisches Fundament verlieh.

Von Michael Lange | 28.06.2009
    Die beiden Gründerväter der Astronomie sind so unterschiedlich wie zwei Menschen nur sein können. Johannes Kepler begann zunächst ein Studium der Theologie. Erst über Umwege kam er zur Astronomie. Mit Hilfe der sorgfältigen Messungen des dänischen Astronomen Tycho Brahe errechnete Johannes Kepler schließlich die elliptischen Bahnen der Planeten und formulierte die Planetengesetze. Immer wieder suchte er den Austausch mit anderen Gelehrten seiner Zeit, insbesondere mit Galileo Galilei. Naiv und offen wurde er nicht selten zum Opfer im Ränkespiel der Mächtigen.

    Galileo Galilei stammte aus einer angesehenen Künstlerfamilie, und schon sein Vater, der die Klänge der Musik zu ergründen suchte, führte ihn ein in die damals noch völlig neue Welt der Experimente. Seine großen Leistungen vollbrachte er auf dem Feld der Physik. An der Astronomie interessierte ihn vor allem der Einsatz des Fernrohrs zur Erkundung der Gestirne. Theoretische Überlegungen oder die "Mathematik des Himmels", wie sie Kepler betrieb, blieben ihm fremd. Mehr als um die Erkenntnis der Wahrheit ging es Galilei um persönlichen Ruhm, und nach vielen Bemühungen wurde er Hofphilosoph in Florenz.

    Thomas de Padova setzt die beiden Wissenschaftlerbiografien nebeneinander. Durch den häufig unterbrochenen Briefwechsel zwischen den beiden, findet er immer wieder Anknüpfungspunkte. So werden beide Persönlichkeiten, wie auch die Zeit, in der sie leben, lebendig. Thomas de Padovas Sympathien sind klar verteilt. Er verehrt den kauzigen, aber ehrlichen Kepler und kratzt gerne am Mythos des ehrgeizigen Galilei, der letztlich durch seine Nähe zu den Mächtigen deren Intrigen zum Opfer fällt.

    Diese offensichtliche Parteinahme für den in Vergessenheit geratenen Kepler stört nicht. Im Gegenteil: Die Zuspitzung der Charaktere sorgt in diesem faktenreichen Buch für Unterhaltung. Manches erinnert an "Die Vermessung der Welt" von Daniel Kehlmann. Das Weltgeheimnis bleibt aber ein Sachbuch. Jede Idee, jeder Gedanke, jedes Fazit wird durch Fakten untermauert. So ist ein höchst informatives und zugleich spannendes Buch entstanden, das durch den Blick in die Vergangenheit auch dem naturwissenschaftlichen Laien den Himmel ein Stück näher bringt.


    Thomas de Padova: Das Weltgeheimnis. Kepler, Galilei und die Vermessung des Himmels
    ISBN: 978-3-492-05172-9
    Piper Verlag, 353 Seiten, 19,95 Euro