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"Das wird auch den Jesuitenorden sehr prägen"

Der Leiter des deutschsprachigen Programms von Radio Vatikan, Pater Bernd Hagenkord, hat die Wahl des neuen Papstes nicht nur mit Begeisterung aufgenommen. "Wir freuen uns natürlich, dass ein Ordensmitbruder Papst geworden ist, aber die Rolle haben wir eigentlich nie für uns gesehen", sagte er. Für den Jesuitenorden sei das etwas völlig Neues.

Pater Bernd Hagenkord im Gespräch mit Jasper Barenberg | 14.03.2013
    Jasper Barenberg: Am Telefon begrüße ich Pater Bernd Hagenkord, den Leiter des deutschsprachigen Programms von Radio Vatikan. Schönen guten Morgen nach Rom!

    Bernd Hagenkord: Schönen guten Morgen!

    Barenberg: Pater Hagenkord, wie haben Sie den Abend gestern auf dem Petersplatz erlebt? Wie haben Sie den Moment erlebt, als der Name des neuen Papstes verkündet wurde?

    Hagenkord: Ich war, wie so häufig in den vergangenen Tagen, live bei einem Fernsehsender. Gestern Abend war es erst der Bayerische Rundfunk und dann das ZDF. Der Bayerische Rundfunk hat mich den weißen Rauch erleben lassen und das ZDF dann später den Papstnamen. Als der Papstname kam, musste ich erst zweimal hinhören, weil ich ihn auch nicht auf der Liste hatte. Niemand hatte ihn auf der Liste, auch die ganzen großen Vatikan-Erklärer hatten ihn nicht auf der Liste, und dann war erst mal Sprachlosigkeit angesagt bei uns, was natürlich jetzt ein bisschen peinlich ist für einen Radiomacher, aber wir wussten auch erst gar nicht, was wir sagen und was wir denken sollten, und das wurde dann noch getoppt, als der Papstname bekannt wurde, und das ist ja eine klare Ansage, Franziskus. Den Erzheiligen zu nehmen als Namenspatron, das ist ganz stark, das zeugt von Selbstbewusstsein.

    Barenberg: Wie haben Sie sich denn das dann erklärt, dass alle erst mal zweimal hinhören mussten und dass niemand diesen Namen auf der Rechnung hat? Haben Sie jetzt mit einigem Abstand schon eine Erklärung dafür gefunden?

    Hagenkord: Es gibt viele Erklärungen, aber ich glaube, da müssen wir noch mal ein bisschen warten, bis der Ofen, das Ofenrohr der Sixtiner kalt geworden ist und der Papst die ersten Schritte gemacht hat, was sein Pontifikat angeht. Er muss ja auch seine ersten Ansprachen jetzt machen, Ostern wird kommen und so weiter. Da wird er ganz klar sagen, was für eine Art Papst er sein will. Aber einen so starken Auftritt von einem neuen Papst, das hätte ich nun wirklich nicht erwartet, sondern eher einen gemächlichen Übergang, wie das eigentlich immer üblich ist. Dass er auch stilistisch ganz klar von vornherein seinen Stil geprägt hat, das hat mich ein bisschen an Karol Wojtyla, an Johannes-Paul I. erinnert: die Ansprache, die Schlichtheit und so weiter. Das war schon eine ganz neue Form im Stil. Das um den Segen bitten ist völlig neu. In Lateinamerika ist es üblich so. Das ist etwas, was wir schon von Lateinamerika jetzt gerade sozusagen herüber bekommen, dass erst das Volk den Bischof segnet, bevor er segnet. Das hat jetzt Rom auch abbekommen, das ist also schon die erste Frucht aus Lateinamerika, die rüberkommt.

    Barenberg: Welche seiner Worte sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben, der ersten Worte, die er an die Gläubigen gesprochen hat?

    Hagenkord: Sicherlich wirklich die ersten. Dass der Papst sein Pontifikat beginnt mit "Liebe Brüder und Schwestern, guten Abend", das hat so etwas Menschliches. Wir haben alle gelacht, als er das sagte. Das schließt so ein bisschen an die Menschlichkeit des Rücktritts von Benedikt XVI. an. Ich fand das irgendwie ganz großartig, das nicht pathetisch zu machen, sondern wirklich ganz normal als Bischof von Rom zu den Leuten von Rom.

    Barenberg: Sie haben gesagt, dass man jetzt natürlich ein wenig abwarten muss, welche ersten Schritte er gehen wird, wie er sich positionieren wird. Was kann man denn umgekehrt darüber sagen, was die Wahl über die Erwartungen der versammelten Kardinäle in Rom aussagt? Was wollen sie ihrerseits für ein Signal geben mit der Wahl genau dieses Mannes zum Papst?

    Hagenkord: Ich glaube, man kann sagen, ohne jetzt allzu viel zu wissen, dass die Vorverhandlungen, das Vorkonklave, die Generalkongregationen, relativ klar und deutlich gewesen sind. Es hat offensichtlich ausgereicht, dass die Kriterien für die Papstwahl, wenn auch noch nicht der Name, so klar waren, dass die Kardinäle in nur fünf Wahlgängen, in nur fünf Wahlgängen 77 Stimmen zu vereinigen, dass sie also in fünf Wahlgängen einen Papst haben wählen können. Das muss also sehr gut gewesen sein, die Aussprache muss offen und ehrlich gewesen sein und die Kardinäle müssen das Gefühl haben, alle wichtigen Punkte sind auf dem Tisch. Ich glaube, das kann man sagen. Wie die dann auf die Person gekommen sind, das werden wir so schnell nicht herausfinden, wahrscheinlich sogar nie wirklich bestätigt herausfinden, wann er wie viel Stimmen bekommen hat und so weiter. Da wird es Gerüchte geben, Geschichten geben vor allen Dingen in den italienischen Medien, aber richtig wirklich erfahren werden wir es nicht.

    Barenberg: Zum Schluss vielleicht noch die Frage nach dem Jesuiten in dem neuen Papst, denn soweit ich das jedenfalls weiß, ist es in dem Orden eigentlich ein ungeschriebenes Gesetz, dass ein Jesuit eigentlich nicht zum Papst gewählt wird, beziehungsweise dass Jesuiten auch nicht Ämter dieser Art anstreben. Was sagt uns das?

    Hagenkord: Ich bin selber auch Jesuit und als solcher war ich auch relativ geschockt. Ich hätte ganze Monatsgehälter darauf gesetzt, dass es niemals ein Jesuit werden wird, weil wie auch der Papstsprecher Lombardi, ebenfalls ein Jesuit, gestern relativ geschockt sagte, Jesuiten sind zum Dienen da und nicht für die Hierarchie. Also das ist etwas, da muss das Selbstverständnis des Jesuitenordens auch erst einmal mit umgehen. Wir sind ja nicht nur begeistert. Wir freuen uns natürlich, dass ein Ordensmitbruder Papst geworden ist, aber die Rolle haben wir eigentlich nie für uns gesehen. Also das ist etwas, was etwas völlig Neues ist und das wird auch den Jesuitenorden sehr prägen.

    Barenberg: Pater Bernd Hagenkord, Leiter des deutschsprachigen Programms von Radio Vatikan und Jesuit. Vielen Dank für das Gespräch.

    Hagenkord: Gern geschehen, alles Gute.

    Barenberg: Danke Ihnen.


    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.