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Datenschutzgrundverordnung
Mittelständler und Vereine kämpfen mit den neuen Vorschriften

Die EU-Datenschutzgrundverordnung lässt kleine Vereinen und Firmen nervös werden. Sie fürchten hohe Strafen, wenn sie die neuen Anforderungen nicht erfüllen. Die Regierungsfraktionen aus CDU und FDP in NRW fordern Regelungen, um ihnen den Rücken zu stärken.

Von Vivien Leue | 24.05.2018
    Ein Mann sitzt an einem Laptop und tippt auf der Tastatur
    Kleinere Firmen und Vereine haben sich bisher oft nicht mit dem Thema Datenschutz beschäftigt (imago / ZUMA Press)
    Der Allgemeine Rather Turnverein Düsseldorf, kurz ART, liegt idyllisch und ruhig am Rande eines großen Waldgebietes. So ruhig wie draußen geht es in der Geschäftsstelle beim Vereinsvorstand gerade allerdings nicht zu. Kurz vor Inkrafttreten der EU-Datenschutzgrundverordnung muss er noch einmal zusammenkommen, um schnell einen Datenschutzbeauftragten zu benennen.
    "Seit ungefähr gefühlt einem Monat ist so ein bisschen Hysterie ausgebrochen", sagt der Vorsitzende des Vereins, Klaus Wischnitzki. Er habe zwar schon länger gewusst, dass das Datenschutzrecht erneuert werde, aber seit in den Medien von drakonischen Strafen und Abmahn-Firmen berichtet werde, sei der Vorstand doch etwas nervös geworden.
    "Wir führen einen Verein mit 2.000 Mitgliedern mit einem Umsatz von 500.000 Euro im Jahr. Das heißt, wir müssen uns gegebenenfalls schützen."
    "Die meiste Sorge, die wir uns gemacht haben, ist, weil wir ja auch Internetseiten betreiben, dass wir da so viele Bilder von Kindern drauf haben, da habe ich sehr viel recherchiert", erklärt der zweite Vorsitzende des Vereins, Jochen Grundmann.
    Website wird vorerst vom Netz genommen
    Er wisse jetzt zwar, dass Wettkampfteilnehmer in Aktion gezeigt werden dürfen, gestellte Aufnahmen dagegen nur mit Genehmigung, aber:
    "Was natürlich noch offen ist und eine absolute Grauzone ist: Was passiert mit den alten Bildern. Deswegen werden wir ja unsere Webseite erst mal vom Netz nehmen morgen Abend."
    Der neue Datenschutzbeauftragte, Vorstandsmitglied Volker Strunk, hatte einen Schnelltest über die Seite laufen lassen – und der hat einige kritische Elemente gefunden. Die müssen jetzt beseitigt werden.
    "Das muss ich aber noch machen. Da wir Ehrenamtler sind, muss ich das alles noch abends machen, da geht das nicht so schnell."
    Auch der Datenschutzbeauftragte Volker Strunk hat noch einiges zu tun. Unter anderem liegen 35 Seiten Info-Material vom Landessportbund auf seinem Schreibtisch. "Die muss ich mir jetzt mal durchgucken und dazu werde ich auch an ein, zwei Seminaren teilnehmen."
    "Es geht halt so weit, dass selbst Mitarbeiterinnen in unserer Geschäftsstelle, wenn sie Lesen: Abmahnungen, etc. dass sie unruhig werden. Und da gibt es meiner Meinung nach zu wenig offene Informationen auch unserer Politiker oder unserer Regierungen."
    Das sieht der CDU-Landtagsabgeordnete Olaf Lehne ähnlich. In der Düsseldorfer Innenstadt sitzt er im Büro seiner Anwaltskanzlei und beschäftigt sich auch mit dem neuen Datenschutzrecht. Er ist nicht nur Politiker und Anwalt, sondern auch ehrenamtlich tätig.
    "Nur in den drei Tätigkeitsbereichen kann ich nur sagen, ist es schon völlig unterschiedlich schwierig.
    Vereinen und Verbänden soll Rücken gestärkt werden
    Deshalb haben die Regierungsfraktionen aus CDU und FDP in Nordrhein-Westfalen vergangenen Woche im Landtag an die Bundesregierung appelliert, begleitende Regelungen zu erlassen, die vor allem Mittelständlern, Vereinen und Verbänden beim Thema Datenschutz den Rücken stärken.
    "Zum Beispiel die Österreicher haben das auch gemacht. Da ist es so, dass die Abmahnvereine nicht die Chance haben, sofort dick reinzuhauen."
    Wenn Firmen dort beim Thema Datenschutz Fehler machen, müssen sie erst ermahnt werden und haben dann die Chance, nachzubessern, bevor es zu Strafen kommt.
    "Es ist grundsätzlich richtig, dass etwas geschieht. Nur die Art und Weise, wie das hier geregelt ist, geht meines Erachtens zunächst einmal übers Ziel hinaus."
    Das belaste vor allem kleinere Firmen und Vereine. Wer es sich leisten konnte, hat sich in den vergangenen Monaten deshalb externe Beratung geholt, zum Beispiel vom Düsseldorfer Rechtsanwalt und Datenschutzexperten Ulf Vormbrock.
    "Es ist nicht nur ein Erwachen, sondern ein echter Schock für viele. Wobei man dazu auch sagen muss, es wird jetzt auch echte Panikmache betrieben."
    Zwar sollte sich tatsächlich jede Firma, jeder Verein und jeder Verband mit dem Thema auseinandersetzen, aber:
    "Fairnesshalber muss man allerdings auch dazu sagen, dass es seitens der Behörden sehr gute Formulare und Muster gibt, an denen man sich gut orientieren kann."
    Gute Formulare und Muster der Behörden
    Wer sich mit dieser Hilfe konzentriert an die Sache ransetze, der sei schon ganz gut aufgestellt. Zurück beim Sportverein ART Düsseldorf. Dort diskutiert der Vorstand gerade darüber, wann neue Anmeldeformulare gedruckt werden können.
    "Dass dann automatisch Kreuze an diesen wichtigen Daten, die wir unbedingt brauchen, sind. Die Frage ist: Was passiert mit den Altdaten?"
    Gibt es hier Bestandsschutz? Vielleicht, so der Vorschlag, sollte der Verein vorsorglich Schreiben rausschicken, und um Erlaubnis für die Datenverarbeitung bitten?
    "Frage ist nur, wenn ich keine Rückmeldung bekomme, schließe ich die dann aus und habe hundert Mitglieder weniger?"
    Die Diskussion wird wohl auch nach dem 25. Mai noch weitergehen. Und letztlich dürfte die Praxis zeigen, wie einzelne Regelungen ausgelegt werden.
    "Schauen wir mal, was auf uns zukommt."