Was mir heilig ist

"Ein Ort, wo ich ganz bei mir selber sein kann"

Die Musikerin Evi Keglmaier
Die Musikerin Evi Keglmaier © Thomas Steierer
Von Evi Keglmaier · 24.12.2017
Sie ist Musikerin, stammt aus Niederbayern und lebt in München. Evi Keglmaier spielt Bratsche und Tuba, von Volksmusik bis Jazz. Wir haben sie gefragt, was ihr heilig ist − unter anderem ein Wochenend-Ferienhaus gegen die Reizüberflutung.
"Was mir heilig ist: Heilig ist so ein Spannungsfeld zwischen verschiedenen Begriffen, zwischen einerseits Liebe und Vertrauen, aber auch Ehrfurcht und Angst. Wobei ich finde, Sachen, die einem nur Angst machen, die sind nicht heilig. Es braucht so diese Mischung aus Geborgenheit und Ehrfurcht, finde ich. Irgendwo im Spannungsfeld dazwischen liegt heilig.
Diese Heiligkeit kann, finde ich, bei mir auch eine Art Dankbarkeit sein für viele tolle Dinge, die ich im Leben habe: Bei mir ist ja doch die Musik sehr stark im Vordergrund und dass ich die Möglichkeit habe, diese Musik als Sprache zu haben. Weil mit den Wörtern bin ich ja irgendwie doch begrenzt, ich habe das Gefühl, ich kann mit der Musik viel mehr Leute erreichen. Und Musik hilft einem ja auch, einen gewissen Narzissmus zu bedienen, einfach weil man wahrgenommen wird, aber mit etwas, was sehr tief aus einem selber kommt.
Und das ist was wirklich Tolles, dass ich Kollegen hab, mit denen man diese Sprache sprechen kann und mit der Sprache nach außen treten kann. So gesehen ist die Musik mir auch etwas Heiliges."

Wenn der Heilige nicht mehr heilig ist

"Ich bin sehr dankbar für Menschen in meinem Umfeld, denen ich sehr stark vertrauen kann. Zu denen ich aber auch aufschaue in einem gewissen Maße, weil sie Sachen können, die ich wahnsinnig toll finde oder wo ich vielleicht auch gerne so wäre − wie bei einem Idol oder wie wenn man in jemand verliebt ist. Also ich habe zum Beispiel auch daran gedacht, dass ich mal, nachdem ich sehr unglücklich in jemand verliebt war, irgendwann diesen Satz so als Mantra im Hirn gehabt hab: "Der Heilige ist kein Heiliger mehr."
Also der ist so glorifiziert worden auf eine Art und wenn das so zusammenbricht, ist da plötzlich eine total große Leere. Also ich finde, Menschen oder Dinge, die einem heilig sind, die erfüllen mich auch.
Solange man irgendwas hat, einen Stern im weitesten Sinn, zu dem man aufschauen kann, hat man ein Ziel und wenn man das nicht mehr hat, wenn einem nichts heilig ist, dann ist das nicht schön, und die Menschen tun mir leid, bei denen es langfristig so ist."

Weg von der Pflicht im Alltag

"Heilig sind für mich auch Orte. Zum Beispiel gibt’s einen Ort in Niederbayern, das war immer so eine Art Wochenend-Ferienhaus. Ich habe da sehr viele Ferien meiner Kindheit verbracht, das war auch immer schon das 'weg von der Pflicht im Alltag'. Das ist so ein Ort, wo ich ganz bei mir selber sein kann und so ganz in der Kraft bin. Wenn mir alles andere zu viel ist, fahre ich da hin und dann ist’s gut. Da kann ich sein und muss nichts in der Regel. Und deswegen ist dieser Ort so gut.
Ich komme total reizüberflutet aus München und komme dort an und dann legt’s irgendeinen Schalter um und dann ist es alles gut. Und so ist der Ort tatsächlich was, was mir sehr sehr heilig ist. Wo ich jetzt auch gerade wieder ein bisschen Sehnsucht habe und bestimmt an Weihnachten auch dort sein werde."
(O-Ton-Collage: Georg Gruber)
Mehr zum Thema