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Debütalbum "Skläsh"
"Es clashed und trashed und splashed"

Mit seinem Bandprojekt "Das Hobos" hat Leo Hopfinger 2014 im Indie-Underground große Beachtung erfahren: Das Trio ließ sich in ihrer Mischung aus Folk und Elektronika von den Liedern der amerikanischen Hobos inspirieren, den Wanderarbeitern, die illegal auf Güterzügen mitfahren. Unter dem Künstlernamen LeRoy erscheint nun das Debütalbum "Skläsh!".

Von Andi Hörmann | 10.10.2015
    Eine grüne Kassette aus den 1970er-Jahren liegt auf einem Terrazzo-Steinboden.
    LeRoy: "Ich habe so im Laufe der Zeit bemerkt, dass die Sachen echt sein müssen, und dass der Grad der professionellen Abmischung eigentlich überhaupt gar nichts damit zu tun hat, wie mich Musik berührt." (dpa - picture alliance / Maximilian Schönherr)
    "Das ist keine Platte, die glatt ist, sondern sie hat einfach ihre Ecken und Kanten. Sie reizt auch und besänftigt auf der anderen Seite. Es ist halt so ein Skläsh-Ding: Es clashed und trashed und splashed."
    Das Kunstwort "Skläsh!" ist der passende Titel für das Debütalbum von Leo Hopfinger alias LeRoy. Es blubbern und purzeln die Töne und Geräusche, es verschwimmen die Akkorde und Harmonien.
    "Ich habe so im Laufe der Zeit bemerkt, dass die Sachen echt sein müssen, und dass der Grad der professionellen Abmischung eigentlich überhaupt gar nichts damit zu tun hat, wie mich Musik berührt."
    Musikzimmer auf zehn Quadratmetern
    München, unweit des Deutschen Museums, direkt an der Isar. Eine Zweieinhalb-Zimmer-Wohnung. Parterre, Altbau. In einem etwa zehn Quadratmeter kleinen Raum hat sich der 1974 geborene Leo Hopfinger sein Musikzimmer eingerichtet. In den Wandregalen Vinyl-Schallplatten, auf dem Computer die gängige Musik-Software. Ein wenig Proberaum-Atmosphäre, ein wenig Tonstudio-Flair.
    "Gitarre, Bass, Sampler, Plattenspieler. Hier unten haben ich noch ein paar Hardware-Sachen, ein paar Synthies. Ich hab hier so ein ganz altes Vier-Spur-Gerät."
    "Du nimmst auf Kassette auf."
    "Das ist eine ganz normale Kassette. Hier oben sind die Kabel, hier kann man aufnehmen, da kannst du direkt reinspielen. Das ist jede einzelne Spur. Dann fährt man hier zur richtigen Stelle. Auf der ersten Spur läuft zum Beispiel ein Beat. Das sind Sachen, die ich zum Beispiel mit der Hand gemacht habe. Da habe ich viel mit dem Mikrofon gearbeitet. Dann habe ich eine Gitarre aufgenommen. Und hier auf der vierten Spur ist dann noch eine Stimme drauf. Dann kann man das hier zusammen mischen."
    "Zugängliche Popmusik ist mir dann oft ein bisschen zu langweilig. Mir macht das total Spaß, Sachen weit voneinander zu entfernen. Aber ich probiere immer die richtige Prise Verträglichkeit mit einfließen zu lassen, dass man sich das trotzdem irgendwie anhören kann, und dass es auch noch interessant bleibt, dass man so weg kippt und immer wieder zurück kommt."
    Kompositionen stehen immer auf der Kippe
    Die Kompositionen von LeRoy stehen immer auf der Kippe. Ein Spiel mit Extremen ohne die Gesetze der Schwerkraft: Alles ist leicht, locker und doch erdig - irgendwie comichaft. Inhaltlich genügt LeRoy im Gesang dabei oft nur ein Wort wie "Skai" und wir sehen Himmel, Wolken, Sonnenschein und vielleicht sogar einen Regenbogen.
    Fliegen, schweben, stolpern - alles drin in der Musik von LeRoy. Crash, Boom, Bang. Popmusik, die Antihelden zu Superhelden werden lässt. Ab auf die Tanzfläche! Aus den Boxen schallt "Ktulus Return":
    Und wenn die Morgendämmerung dann das grelle Neonlicht der Großstadt verdrängt, dann lässt uns LeRoy nach einer durchtanzten Clubnacht mit einem herrlich schrägen Popsong voller Wehmut unsere verbrauchte Jugend spüren - "Niemals erwachsen werden":
    "Ich glaube, dass der Spirit dahinter sehr wohl erkennbar ist. Dass das nicht aus einem Nicht-Können heraus kommt, dass man so etwas macht. Es wird glaube ich trotzdem transportiert, dass da irgendwie Knowledge dahinter steckt und eine gewisse musikalische Intelligenz."
    Kein zur Schaustellen von Virtuosität, kein Streben nach Perfektion - das hat der 1974 geborene Leo Hopfinger mit unzähligen Bandprojekten schon längst hinter sich gelassen. Mit seiner Band Das Hobos hat er die letzten Jahre einen kleinen Underground-Erfolg gefeiert: Mit ihrer Mischung aus Folk und Elektronika lassen sie sich von den Lieder der amerikanischen Hobos inspirieren, den Wanderarbeitern, die illegal auf Güterzügen mitfahren.
    Kreativer Freiraum
    Großen Versprechungen, verheißungsvolle Plattendeals, der Erfolg als Musiker - das hat Leo Hopfinger alles hinter sich gelassen. Die Miete zahlt sein Job als Heilerziehungspfleger. Das schafft kreativen Freiraum und lässt ihn zuhause in seinem kleinen Musikzimmer nächtelang mit so vergessenen Instrumenten wie die Hobo-Gitarre experimentieren.
    "Das ist eine Zigarrenbox. Ohne Loch, der Klangkörper. Ähnlich wie eine E-Gitarre. Hier unten ist ein Tonabnehmer drin. Und hier oben sind an einer Art Stil drei Saiten befestigt. Die Saiten-Abstanhalter sind hier ganz schick irgendwelche alten Schrauben. Das Ganze hat keine Bünde wie bei einer Gitarre, dass man Akkorde greifen kann, sondern das ist eher ein freies Instrument, das man mit so einem Bottleneck..."
    Man muss sich Leo Hopfinger als einen glücklichen Menschen vorstellen, wenn er da in seinem Musikzimmer an seiner Musik arbeitet. Mit dem Album "Skläsh!" ruft er uns nun mit schrägen Klängen in Erinnerung, dass das Schräge alles andere als schlecht ist, dass die Perfektion im Pop längst überholt ist. LeRoy hat die Formel für den Abwehrzauber gegen gefällige Musikproduktionen gefunden:
    "Es ist halt so ein Skläsh-Ding: Es clashed und trashed uns splashed."