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Deflation
Verbraucherpreise erstmals seit 2009 gefallen

Sinkende Preise fürs Tanken, Heizen und Essen machen das Leben in Deutschland billiger - zum ersten Mal seit der globalen Wirtschaftskrise 2009. Waren und Dienstleistungen kosteten im Januar durchschnittlich 0,3 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Laut Statistischem Bundesamt ist das der stärkste Rückgang seit fünfeinhalb Jahren.

Von Felix Lincke | 29.01.2015
    Obst und Gemüse aus biologischem Anbau auf einem Markt in Hamburg
    Auch Lebensmittel sind billiger geworden. (picture alliance / dpa)
    Die Verbraucherpreise in Deutschland folgen damit der Entwicklung von anderen Euro-Staaten. In Griechenland und anderen Krisenländern ist die dort herrschende Deflation die Folge einer bewussten Spar- und Reformpolitik, die noch länger anhalten wird. In den wachstumsstärkeren Nordländern lässt sich der punktuelle Preisrückgang fast ausschließlich auf die Kosten für Energie zurückführen, weil der Preis für Rohöl seit letzten Sommer um mehr als die Hälfte gefallen ist. Die deutschen Verbraucher konnten bei der Energie gegenüber Januar 2014 volle neun Prozent einsparen.
    Die Wohnungsmieten sind seitdem um 1,3 Prozent gestiegen. Die sogenannte zweite Miete mit den Nebenkosten vor allem für die Heizung hat sich vor allem dort verbilligt, wo mit Öl oder mit Flüssiggas geheizt wird. Bei dem weit verbreiteten Erdgas, das von Stadtwerken geliefert wird, hat es noch keinen entsprechenden Preisrutsch gegeben. Der repräsentative Warenkorb des Statistischen Bundesamts verbilligte sich um volle zwei Prozent, dem stehen allerdings leicht steigende Dienstleistungspreise entgegen, die darauf hindeuten, dass der Konsum durchaus intakt ist.
    Inflation dürfte von allein zurückkehren
    Die Nachfrage ist also da. Die Europäische Zentralbank befürchtet, dass Verbraucher wegen sinkender Preise eine Kaufzurückhaltung entwickeln und Unternehmen nicht mehr investieren, - weil sie hoffen, dass alles nur noch billiger wird. Davon kann in Deutschland offenbar nicht die Rede sein. Mit dem Weihnachtsgeschäft waren viele Händler zufrieden. Im gleichen Zeitraum von Dezember auf Januar hat der Rückgang der Verbraucherpreise sich ebenfalls beschleunigt, und zwar um 1,0 Prozent in nur vier Wochen.
    Das Statistische Bundesamt weist außerdem darauf hin, dass EU und EZB mit dem für europäische Zwecke berechneten "harmonisierten" Verbraucherpreisindex arbeiten: Mit ihm fällt der Preisrückgang noch größter aus. Mit solchen Zahlen begründet der Europäische Zentralbankrat die Ausweitung der Geldpolitik auf Anleihekäufe. In Deutschland dürfte die Inflation von allein zurückkehren, wenn der Preisverfall beim Rohöl aufhört und die Energiepreise sich stabilisieren.