Donnerstag, 28. März 2024

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"Deklaration für Meinungsfreiheit"
Widerstand gegen das Hate-Speech-Gesetz

Facebook gibt in ganzseitigen Anzeigen in prominenten Zeitungen Tipps, wie Nutzer "Fake News" erkennen können. Die mögliche Reaktion auf den Gesetzentwurf von Justizminister Heiko Maas zur Bekämpfung von Hass im Netz lässt Journalistenverbände aufhorchen. Sie warnen, dass die Meinungsfreiheit im Internet gefährdet werden könnte.

Daniel Bouhs im Gespräch mit Sebastian Wellendorf | 13.04.2017
    Symboldbild - auf einer Computertaste steht Hass. Ein Finger drückt auf diese Taste. Darum herum sind Flammen zu sehen.
    Die Debatten um Hass im Internet spitzen sich zu (Imago / Christian Ode)
    Nach dem aktuellen Entwurf des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes sollen Plattformen wie Facebook "eindeutig illegale Inhalte" 24 Stunden nach Eingang einer Meldung durch die Nutzer löschen – nur bei komplizierten Inhalten soll eine Woche für diese Prüfung bleiben. Andernfalls drohen hohe Strafen. Inzwischen bildet sich eine breite Front gegen das Gesetz: Netzaktivisten, Journalistenorganisationen und Verlegerverbände warnen in einer gemeinsamen Deklaration: Das Gesetz könnte massiv die Meinungsfreiheit im Internet gefährden.
    Immer, wenn ein Gesetz das Internet regulieren will, sei der Aufschrei groß. Das dürfte zum großen Teil genauso politischer Aktivismus sein wie der Gesetzesentwurf an sich: Die Politik will endlich etwas tun und nicht nur zusehen, wie sich im Netz Hass und Fake-News verbreiten – vor allem vor der Bundestagswahl. Die Netzaktivisten wollen wiederum, dass das Internet frei von starren Regeln bleibt, dass sich das Netz selbst regulieren kann, meint der Medienjournalist Daniel Bouhs.
    Egal, was die Politik mache – es wird immer eine breite Front dagegen geben. Für die einen macht die Politik zu wenig, nimmt Facebook oder auch Google nicht stark genug in die Pflicht – für die anderen macht die Politik eben zu viel, macht "das Internet kaputt", sagt Daniel Bouhs.
    Kritiker machen es sich zu einfach
    Facebook solle nicht zur Meinungspolizei werden - es sei längst eine Informations-Infrastruktur, denn allein in Deutschland nutzen mehr als 25 Millionen Menschen die Plattform. So könne Facebook durchaus in die Pflicht genommen werden.
    Beleidigung und Betrug ließen sich immerhin auch mit rechtsstaatlichen Mitteln bekämpfen – da müssten Staatsanwaltschaften und Gerichte ran, keine Kontrollteams der IT-Riesen, meint Daniel Bouhs. Schwerpunktstaatsanwaltschaften für Meinungsäußerungen müssten nicht sein, denn der Staat könne nicht entscheiden, was Hass und Hetze ist. Der Vorteil bei einer Plattform wie Facebook sei, dass der Nutzer selbst entscheiden könne, wenn man mit der Hauspolitik nicht zufrieden sei, so Bouhs.
    Auswirkungen gegen das Gesetz
    "Eine ganz ähnliche Konstellation habe es schon gegeben, als es um das sogenannte Leistungsschutzrecht ging. Da hatten die IT-Industrie, Netzaktivisten und Netzpolitiker bis hin zu Union und SPD vor dem Gesetz gewarnt. Am Ende wurde es dennoch beschlossen. Damals wurde klar: Im Zweifel sind die Netz-Skeptiker im Bundestag in der Mehrheit. Und das dürfte in Zeiten, in denen es um die Manipulation von Wahlkämpfen geht, nochmal mehr der Fall sein", sagt Daniel Bouhs.
    Insofern ist Daniel Bouhs´ Tipp: "Das Gesetz lässt sich nicht aufhalten, allenfalls noch abschwächen. Denn eines muss man auch sagen: Die Allianz, die sich gegen das Gesetz positioniert hat, warnt zwar lautstark davor, liefert aber selbst keine Alternative."
    Das gesamte Interview können Sie nach der Sendung sechs Monate in unserer Mediathek nachhören.

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