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Delta Saints
Mit dem Blues im Wappen

Die Delta Saints aus Nashville haben als Bluesband begonnen, doch inzwischen wurde die Struktur der Songs zu leicht psychedelischem Jamrock erweitert. Die fünfköpfige Truppe führt den Blues zwar immer noch im Bandnamen - doch auf ihren mittlerweile drei Alben, vor allem aber live sind so viele weitere Einflüsse zu hören.

Von Tim Schauen | 12.06.2016
    Die Mitglieder der Gruppe "The Delta Saints" sitzen auf einer Treppe.
    The Delta Saints (The Delta Saints)
    "Wir haben mit der Musik angefangen, um gemeinsam abzuhängen."
    Anfangs eine Bluesband.
    Sänger Ben Ringel: "Was manche Leute vielleicht gar nicht so wissen: es braucht viel mehr, eine gute Platte zu machen als nur gute Musik."
    Bassist David Supica:
    "Wir waren alle auf derselben Schule und brauchten etwas, dass wir am Freitagabend machen konnten. Wir hatten ja sonst keine Freunde."
    Nach Hunderten Konzerten in den USA und Europa erfolgreich. Und längst auf dem Weg zu psychedelischem Jamrock.
    "His name is Vincent "Footz" Williams."
    David Supica: "Als wir im April 2008 unser erstes Konzert gaben, merkten wir, dass daraus mehr werden könnte. Wir spielten immer weiter, und als wir zwei Jahre später unsere Schulabschlüsse in der Tasche hatten, haben wir beschlossen, das richtig voran zu treiben."
    Die Delta Saints: Schlagzeug, Bass, Keyboard, Rhythmus- und Leadgitarre. Gesang. Fünf junge Musiker aus der "Music City" Nashville, die längst nicht mehr nur für "Country" steht. Die Musikszene in der großen Stadt ist gigantisch, sagt Bassist David Supica, "wir kennen eine ganze Menge Bands dort, die vermutlich besser sind als wir, die es aber nie aus dem Proberaum oder der Stadt hinausschaffen." Doch der Reihe nach. Die Delta Saints, sagt Sänger Ben Ringel, kennen sich zum großen Teil aus Schulzeiten.
    "Im Oktober 2007 haben wir unser erstes Stück geschrieben, es heißt "Steppin" - das Stück entstand in Davids Einzimmerappartement, wo er als Student wohnte. Im April 2008 haben wir die erste Show gespielt – irgendwo dazwischen muss die Band entstanden sein."
    Von der Gründung an dabei sind Sänger Ben Ringel, Gitarrist Dylan Fitch, Bassist David Supica:
    "Wir haben mit der Musik angefangen, um gemeinsam abzuhängen. Wir waren alle auf derselben Schule und brauchten etwas, dass wir am Freitagabend machen konnten. Wir hatten ja sonst keine Freunde. Als wir im April 2008 unser erstes Konzert gaben, merkten wir, dass daraus mehr werden könnte. Wir spielten immer weiter, und als wir zwei Jahre später unsere Schulabschlüsse in der Tasche hatten, haben wir beschlossen, das richtig voran zu treiben."
    Musik: "Sometimes I Worry"
    Seit der Gründung 2007/2008 haben die Delta Saints inzwischen drei Alben veröffentlicht: Das Debüt "A Bird Called Angola", ein Kurzalbum. 2013 erschien "Death Letter Jubilee", 2015 dann "Bones".
    David Supica: "Das Album soll uns auf die nächste Stufe hieven. Und dafür gibt es circa eine Millionen Dinge, die beachtet oder noch gemacht werden müssen – da ist das Aufnehmen neuer Stücke fast noch das einfachste. Wir würde gerne mit einem Label in den Staaten zusammenarbeiten oder eine andere, kreativere Möglichkeit mit Drittmitteln zu schaffen. Wir möchten einfach einen Partner finden und nicht mehr, wie bislang, das Album auf eigene Kosten herausbringen und dann vor allem bei den Shows verkaufen. Wir wollen die Band voranbringen."
    Ben Ringel: "Was manche Leute vielleicht gar nicht so wissen: es braucht viel mehr, eine gute Platte zu machen als nur gute Musik. Das ist auch bei einer Eric Clapton-Platte so: die Musik kann noch so brillant sein, wenn kein gutes Team dahintersteht, würde niemand das Album hören. Und das haben wir vorher gar nicht so bewusst gesehen: Wie leicht es in Relation ist, bloß die Musik aufzunehmen, dann hat es ja nochmal zehn Monate gedauert, die Leute und auch das Radio zu überzeugen."
    Die Finanzierung haben die Delta Saints hinbekommen, das Album ist erschienen.
    Musik "Dust" und "Cigarette"
    David Supica: "Aber jetzt wollen wir nicht wieder jemanden nach Geld fragen, das war beim ersten Mal schwer genug. Wir suchen nach einer kreativen Lösung für die lächerlich hohen Kosten, die ein Album verschlingt. Ein Album kann ja auch schnell mal eine halbe oder ganze Million kosten – so teuer wird das bei uns sicher nicht. Aber klar ist: Ist das Album fertig, brauchst Du dieselbe Summe nochmal, um die Musik unter die Leute zu bekommen."
    Ben Ringel: "30-50.000€ sind schnell mal ausgegeben, wenn dann auch noch ein PR-Team dahinter steht. Wir lernen all das gerade auch erst. Aber es ist schon verrückt: Alle machen sich wahnsinnige Gedanken um die kreative Seite, aber Du musst auch die Balance zum Wirtschaftlichen, die Business-Seite im Auge behalten."
    Musik "Death Letter Jubilee" und "Chicago"
    Neben dem guten Blick auf die Businessseite haben sich die fünf Blues Heiligen kontinuierlich weiterentwickelt, die Textur ihrer Musik verändert: zuerst ist die Bluesharp immer weniger zum Einsatz gekomme. Dann kam ein Keyboarder in die Band, was den Sound nachhaltig veränderte. Das Delta im Namen jedoch blieb – klare Reminiszenz! Doch der Blues ist auch ein schwieriges Thema, die ganze Formation schaut bei dem Stichwort betroffen.
    Ben Ringel: "Interessanterweise ist der Begriff Bluesrock in den Staaten ist eher negativ besetzt. Aber Bands wie die Black Keys, alles was Jack White macht – das ist Bluesrock. Aber in den Staaten wird das nicht direkt im Bluesgenre eingeordnet, dort werden sie vielmehr als Garagenrock oder eben, ja, Rock'n'Roll bezeichnet. Und auch unsere Band: In den USA gelten wir als Rockband, und so sehen wir das auch: Wir sind eine Rock'n'Roll-Band, die aus dem Deltablues kommt. Es gibt da jede Menge Überschneidungen, die immer wieder neu definiert werden. Angefangen von Led Zeppelin bis hin zu Gary Clark Junior heute oder den Black Keys oder eben dem Schaffen von Jack White. Wir sind alles: ein bisschen dies und ein bisschen das."
    Musik "Drink it slow" und "Crazy"
    Live kann die Band ihr Potenzial weitaus am besten ausschütten. Die Saints sind allesamt auf gutem spieltechnischem Niveau, doch darauf liegt nicht ihr Fokus, sie reduzieren Musik auf das Wesentliche: auf das Zusammenspiel, die Interaktion. Wenn im Rahmen eines Songs aus Noten Emotionen werden, der Groove Energie freisetzt.
    Auf der Bühne stets barfuß
    David Supica, studierter Bassist und auf der Bühne stets barfuß, liefert das Fundament, jederzeit für einen Ausflug in Jazzregionen gut - um dann aber, einmal von der Kette gelassen, groß aufzudrehen. Gitarrist Dylan Fitch spielt ohne die Attitüde, die vielen Gitarristen gemein ist, aber nicht gut bekommt - er spielt- manchmal mit Slide auf dem Finger - stets nur genauso viel, wie es der Song benötigt. Trommler Vincent "Footz" Williams – recht neu in der Band - und Keyboarder Nate Kremer nutzen ebenfalls jede Gelegenheit zur Jam. Innerhalb der Songstruktur jagen die Delta Saints also gerne los, lassen einander Platz für Improvisationen – hier jedoch – immer wieder! - ohne egomane Soloausflüge, die Band improvisiert zusammen. Was den Klang stark in Richtung psychedelischem Jamrock treibt. Live, wie gesagt, ein mitreißendes Erlebnis. Mitte Juli sind die Delta Saints zu einigen Konzerten in Deutschland. Überhaupt: die Regel, dass das Livespielen, Auftritte also, das Musikbusiness über Wasser hält, - das gilt auch für die Truppe aus Nashville. Spielen unermüdlich in den Vereinigten Staaten, sind seit 2010 auch mindestens einmal im Jahr in Europa.
    "Standen alle an dieser Blueskreuzung"
    Ben Ringel: "Vor etwas mehr als einem Jahr kamen wir an den Punkt, dass wir wegen der vielen Reisen unsere normalen Jobs aufgeben mussten. Ich habe als Bäcker gearbeitet, David als Kellner, alle hatten noch irgendeinen Job, nur Gitarrist Dylan arbeitet jetzt noch gelegentlich – er liefert Pizza aus. Aber wenn Du 200 Tage im Jahr unterwegs bist, da gibt es kaum Arbeitgeber, die sagen: "Kein Problem, wenn Du zwei Drittel des Jahres nicht da bist. Viel Spaß! Wir standen also alle an dieser Blueskreuzung - und haben uns entschieden, arm zu bleiben. Wir haben in den letzten drei Jahren etwa 180 Auftritte gespielt. Und wir genießen dass alle sehr. Natürlich sind wir viel unterwegs und nicht bei unseren Familien – aber so ist das nun mal als Musiker. Dafür ermöglichen wir unseren Zuhörern und uns, für eine oder zwei Stunden aus dem Alltag der normalen Welt herauszubrechen, sich wohl zu fühlen. Das zumindest löst die Musik bei mir aus, ich kann für eine Stunde entfliehen. Wenn man sich eine schöne Platte anhört oder zu einem guten Konzert geht, denkt man mal nicht an unbezahlte Rechnungen oder die Arbeit. Ich weiß jetzt nicht, ob ich für die ganze Band spreche, aber bei mir ist das jedenfalls so."
    David Supica: "Ja, doch, gute Antwort, das stimmt."