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Dem Dämon Gaspreis ein Schnippchen schlagen

Wenn sich Einzelpersonen in Genossenschaften zusammenschließen, dann gilt oft "Gemeinsam sind wir stark". Beispielsweise beim Einkauf, denn durch die große Nachfrage kann der Einkaufspreis gedrückt werden. Genau diese Idee hat in Bremen die "Energiehaus-Genossenschaft" aufgegriffen. Die Initiative will angesichts der hohen Gaspreise dem örtlichen Energielieferanten Konkurrenz machen.

Von Lutz Weihe | 15.08.2006
    Ziel der Genossenschaft "Bremer Energiehaus” ist: Das Monopol des örtlichen Gasanbieters swb brechen, selbst Gas von Lieferanten beziehen und so preiswert wie möglich an die Genossenschaftsmitglieder weiterverkaufen. Eine behördliche Genehmigung für den Gashandel liegt bereits vor. Energiehaus-Vorstandsmitglied Wolfram Kaiser:

    Wir haben vor, zum 1.10 . die Versorgung aufzunehmen. Wir haben uns als Gasversorger registrieren lassen und wir haben inzwischen auch das Wissen und die nötige Fachkenntnis, um das voran zu treiben.

    Dazu gehört unter anderem die Suche nach einem günstigen Gaslieferanten. Vielversprechende Gespräche mit Anbietern von Nordsee-Gas hat es bereits gegeben, erklärt Energiehaus-Sprecher Jürgen Franke:

    Auch wir – ich kann ihnen das sagen – haben keine Probleme gehabt Gashändler zu finden, die sogar weniger als 360 Haushalte versorgt hätten. Das ist also nicht das Problem. Und nach oben haben wir auch gefragt, weil wir auch mit anderen Genossenschaften in Verbindung stehen und immer auch gemeinsames Einkaufen erfragen, was denn mit 1000 oder 2000 Haushalten wär: Alles kein Problem.

    Ein Problem hat die Genossenschaft allerdings noch mit der Kalkulation des endgültigen Gaspreises. Der Grund: Die Kosten für die Nutzung der Gasleitungen des örtlichen Versorgers swb sind immer noch nicht bekannt. Doch das bringt die Bremer nicht aus der Ruhe, sie rechnen ab Oktober mit spürbar niedrigeren Preisen, so Kaiser, denn es könne davon ausgegangen werden:

    Dass die Bundesnetzagentur als Aussichtsbehörde im August mit der Genehmigung der neuen Netzentgelte dort auch auch eine Senkung von 10 Prozent herbeiführt; der Netzentgelte allein - mindestens. Das ist so das, was anscheinend jetzt in der Branche so als Durchschnittswert genannt wird.

    Geringe Durchleitungskosten allein sind allerdings kein Garant für niedrigere Gaspreise beim privaten Endkunden. Gespart werden müsse vor allem beim Vertrieb und gerade dort arbeite man viel effektiver als der örtliche Versorger, erläutert Franke:

    Wir organisieren die Verbraucherbetreuung und -abwicklung viel rationeller. Das ist ja natürlich klar, weil wir neu entstehen. Wir können uns jetzt ganz neu ausrichten und organisieren. Das ist halt unser Vorteil, die Kleinen müssen ja auch mal Vorteile haben. Und das andere ist, wir haben den Vorteil, dass wir keine Gewinne erwirtschaften müssen.

    Die Vorteile der kleinen Genossenschaft - eine schlanke Verwaltung und der Wegfall von Dividenden für Aktionäre - seien so groß, das damit selbst Wettbewerbsnachteile gegenüber großen Gaseinkäufern ausgeglichen werden könnten, betont Diplom –Ökonom Kaiser:

    Das beides soll die negativen Elemente, dass wir teurer Gas einkaufen und vielleicht auch durchleiten müssen überkompensieren. Überkompensieren heißt: Bei uns bleibt eine Marge, die wir billiger bleiben können…. Es bleibt dann unterm Strich etwas über und das werden wir als preiswerten Gaspreis dann weiter geben.

    Angepeilt ist: 10 Prozent unter dem Preis des örtlichen Gasversorgers zu bleiben. Diese Ankündigung hat der Genossenschaft kontinuierlich weitere Mitglieder beschert. Aktuell seien es bereits rund 400, sagt Kaiser, Tendenz steigend:

    Wir haben das Ziel praktisch mit 500 anzufangen. Wir gehen davonaus, dass wir das auch in den nächsten Wochen noch erreichen werden, wenn wir sagen können, wie das Gas ist. Die Bremer sind immer ein bisschen nachdenklich, zögerlich und man muss ihnen einfach ein Signal geben….Das Ziel ist aber nicht mit 500 Kunden zu kommen, sondern wir möchten in kurzer Zeit auf 2000 Kunden kommen und natürlich mittelfristig 10% des Bremer Marktes auch versorgen.

    Aus Verbrauchersicht ist ein Wechsel zur "Bremer Energiehaus”-Genossenschaft mit wenig Aufwand verbunden. Neben einem Eintrittsgeld und einem einmaligen Genossenschaftsbeitrag von zusammen 100 Euro, von dem bei einem Austritt ein Großteil zurückgezahlt wird, müssen Neukunden bloß einen Auftrag erteilen. Ansonsten, erläutert Energiehaus-Sprecher Franke:

    Bleibt ja alles beim Alten, bis hin zum Ablesen der Gasuhr bleibt auch alles beim Alten. Und wenn es nach Gas riecht, wird nach wie vor swb-Netze GmbH & Co Kg angerufen, dass die was unternehmen sollen. Das einzige, was wir ersetzen ist der swb-Vertrieb… dafür sind wir dann eine Genossenschaft. Und genau an der Ecke holen wir die größten Vorteile heraus.
    Der örtliche Gasversorger scheut die entstehende Konkurrenz nicht, sondern begrüßt sie sogar,so swb-Konzernsprecherin Marlene Odenbach:
    Die Bremer-Energiehaus-Initiative ist auf jeden Fall als Konkurrenz anzusehen. Aber das stört überhaupt nicht, sondern wir finden es sehr gut, dass der Wettbewerb auf dem Gasmarkt startet. Wenn eine Vergleichbarkeit der Preise da ist und Wettbewerb stattfindet, ist auf jeden Fall diese Quasi-Monopolstellung aufgehoben, bei der der Kunde sagt: Ihr zieht uns über den Tisch. Denn dann hat er Vergleichsmöglichkeiten. Insofern nützt auch uns das. Und wir hoffen auch auf Wettbewerb auf der Lieferantenseite, da wir ja auch Händler sind und insgesamt Bewegung auf dem Gasmarkt sehr begrüßen würden. Auch wenn wir nicht sehen, dass da in nächster Nähe sich sehr viel tun wird, weil einfach die freien Gasmengen nicht da sind.