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Demo in Hamburg
Unis erwarten "Heißen Herbst"

Übervolle Lehrveranstaltungen, marode Gebäude - Hamburgs Hochschulen machen mit einem Sternmarsch mobil gegen Kürzungen und Missstände an allen Ecken und Enden. Nicht nur Studierende, auch die Hochschulleitungen selbst sind an den Protesten beteiligt.

Von Axel Schröde | 09.12.2014
    Aufruf zur Demo in Hamburg
    Aufruf zur Demo in Hamburg (Deutschlandradio / Axel Schröder)
    Franziska Hildebrandt, im AStA zuständig für Hochschulpolitik, sitzt am Telefon. Klärt noch die letzten Details der Demo mit dem Sekretariat des Uni-Präsidiums. Vor ihr, auf den Tischen im AStA-Büro an der Uni Hamburg stapeln sich heute Morgen Flugblätter, Ordnerbinden und Demo-Plakate.
    "Und dann haben wir noch zusätzlich Postkarten gemacht, die wir an Studierende verteilen, die vielleicht nicht Demo-affin sind: "Ich gehe zur Demo, weil nur alle gehen, wenn jeder geht!" Genau. So liegt das Zeug hier rum!"
    Seit 14 Uhr sind die Studenten aller Hamburger Hochschulen auf ihrem Sternmarsch gegen Kürzungen der Uni-Etats unterwegs. Und, das freut Franziska Hildebrandt besonders, auch die Präsidien der Universitäten marschieren mit. Immerhin fordern auch sie eine Erhöhung der Uni-Etats, um marode Uni-Gebäude sanieren und etwas gegen übervolle Lehrveranstaltungen tun zu können.
    "Lehramt ist voll. Oder BWL, VWL, Sozialökonomie ist voll, Psychologie. Und die anderen kleineren Fächer haben auch Bedeutung, auch wenn sie weniger studiert werden wie jetzt Türkisch auf Lehramt, Lateinamerika-Studien, Finno-Ugristik oder so. Die haben auch mit harten Unterfinanzierungen zu kämpfen, weil bei den kleinen Fächern dann jeder Cent zu spüren ist."
    Mehr Geld fordern die Studenten und Präsidien vor allem deshalb, weil die in der Hochschulvereinbarung mit der Stadt Hamburg zugesagten 0,88 Prozent Etatsteigerungen durch die letzten Tariferhöhungen, durch gestiegene Energiekosten und die Inflation unterm Strich zu einer Kürzung der Mittel führen.
    Das bestreitet zwar auch die zuständige Behörde für Wissenschaft und Forschung nicht. Aber zusätzliche Gelder für die Hamburger Universitäten sind in Haushalten 2015 / 2016 nicht vorgesehen. Stattdessen verspricht Hamburgs Wissenschaftssenatorin Dorothee Stapelfeld die Übernahme von Sanierungskosten und Mitteln für den Neubau einzelner Gebäude. Die Universitäten sollen diese Gebäude dann anmieten. Und dafür zusätzliche Mittel erhalten.
    Der Präsident der Uni Hamburg Dieter Lenzen fordert dagegen, dass der Senat der Uni zumindest einen Teil der 30 Millionen Euro zukommen lässt, die durch die gerade beschlossene Übernahme der BaföG-Zahlungen durch den Bund Jahr für Jahr im Etat der Stadt frei werden.
    "Diese 30 Millionen, das haben die Hochschulen im Lande erwartet, gehen in die Hochschulen! Das ist aber nicht so. Es geht nichts davon in die Hochschulen. Hinzu tritt eine neue Gegebenheit: Nämlich die Beschlüsse der Gemeinsamen Wissenschaftskommission, noch einmal weitere Studienplatzaufwüchse möglich zu machen. Heißt für Hamburg, nach jetzigem Stand, dass wir 900 Studienanfängerplätze pro Jahr und noch mal 800 für den darauffolgenden Zeitraum führen sollen."
    Neuverhandlung der Hochschulvereinbarung gefordert
    Und ohne zusätzliche Mittel sei dieser Aufwuchs nicht zu leisten, so Dieter Lenzen. Er fordert eine Neuverhandlung der Hochschulvereinbarung zwischen der Stadt und den Hochschulen und verweist auf die sogenannte Öffnungsklausel in dem Vertrag. Diese Klausel, heißt es aus Wissenschaftsbehörde finde aber nur dann Anwendung, wenn Preis- und Tarifsteigerungen längerfristig bestehen sollten. Und weil die Tarife im öffentlichen Dienst ja nur einmal erhöht wurden, könne von längerfristigen Kostensteigerungen keine Rede sein, so die Argumentation. Dass die Tariferhöhungen aber durchaus längerfristig wirken, stört dabei nicht.
    Der Streit um die Auslegung der Hochschulvereinbarung wird also weitergehen. Genauso wie der Lehrbetrieb in überfüllten Vorlesungen und Seminaren in maroden Gebäuden. Rund 4.000 Studierende sind gegen diese Zustände heute auf den Beinen. Und die bald anstehenden Haushaltsberatungen des Senats, verrät Franziska Hildebrandt vom AStA, werden die Studenten sehr aufmerksam verfolgen.