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Demo in Köln
30.000 Kurden fordern von Deutschland mehr Solidarität

Gut einen Monat nach einer Pro-Erdogan-Demo in Köln haben sich heute am selben Platz etwa 30.000 Kurden versammelt, um gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zu demonstrieren. Insgesamt verlief die Veranstaltung friedlich und weitaus weniger politisch, als die Pro-Erdogan-Demo.

Von Vivien Leue | 03.09.2016
    Kurden schwenken gelbe Fahnen mit Öcalan-Porträt
    Viele Kurden sorgen sich um ihren Anführer Abdullah Öcalan. (dpa/picture alliance/Oliver Berg)
    Vor fünf Wochen wehten an der Deutzer Werft am Kölner Rheinufer die roten Flaggen von zehntausenden Erdogan-Anhängern. Heute nun verwandelten ebenso viele Kurden das Gelände in ein gelbes Flaggenmeer.
    Geschätzt gut 30.000 Menschen waren aus ganz Deutschland und einigen Nachbarländern wie den Niederlanden oder Belgien gekommen, um gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zu demonstrieren – und um auf die Situation der Kurden in der Türkei aufmerksam zu machen.
    "Es sterben viele Menschen, unschuldige. Die Türkei ist dafür verantwortlich, so wie der Westen, finde ich, auch. Weil die machen eigentlich gar nichts. Die schauen sich das an und sagen: Ja, dann lasst halt mal die Menschen da unten sterben." - "Was würden Sie tun, wenn in Deutschland ihre Sprache verboten wird und alles unterdrückt wird, was sie machen wollen, ihre ganze Freiheit?" - "Viele unserer Menschen sterben. Wir will Freiheit haben, für Kurden. Wir wollen Krieg Ende."
    Sorge um Abdullah Öcalan
    Symbole der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK durften auf der Veranstaltung zwar nicht gezeigt werden, aber das Bildnis ihres Anführers, Abdullah Öcalan. Er war auf Fahnen, T-Shirts und den Bühnenbildern omnipräsent – ebenso wie die Sorge um ihn, der auf einer türkischen Insel eine lebenslange Haftstrafe absitzt:
    "Wir wollen wissen, ob unser Präsident noch am Leben ist, weil wir hören seit Monaten nichts mehr von ihm, da ist sehr wichtig" - "Ob der überhaupt noch am Leben ist, das ist für uns sehr sehr wichtig, wir machen uns große Sorgen."
    In diesem Zusammenhang forderten Viele auch, dass sich Deutschland für die Kurden einsetzt. So sagte der Vize-Chef der kurdischen Partei HDP, Selahattin Demirtas, Deutschland müsse stärker Druck auf die Türkei ausüben.
    Demirtas schilderte außerdem, wie sich die Türkei seiner Beobachtung nach in Richtung einer zivilen Diktatur bewege. Zwar lehnen seine Partei und insgesamt die Gesellschaft der Türkei jegliche Form des Staatsputsches ab, allerdings sei die Reaktion Erdogans auf den Umsturzversuch fatal. Statt die Kurden weiter zu unterdrücken, müsse man in der Türkei wieder an den Verhandlungstisch zurückkehren.
    Heitere Stimmung
    Neben diesen politischen Botschaften, die von großem Jubel der zehntausenden Demonstranten begleitet wurden, blieb die Stimmung auf der kurdischen Großdemo bis zum Abend aber heiter und glich bei strahlendem Sonnenschein letztlich in großen Teilen eher der auf einem Volksfest. Eine Sprecherin der kurdischen Organisation Nav-Dem sagte denn auch mit Hinweis auf die Pro-Erdogan-Demo Ende Juli:
    "Während vor einigen Wochen hier Forderungen nach einer Todesstrafe laut wurden, fordern wir hier Freiheit, Frieden und Demokratie. Wir fordern also genau konträre Punkte. Und das macht es besonders erfolgreich aus meiner Sicht."
    Keine Zusammenstöße mit türkischen Nationalisten
    Erfolgreich war die Veranstaltung auch aus Sicht der Polizei. Ein Großaufgebot von mehr als 1000 Beamten stellte bis zum frühen Abend sicher, dass die kurdischen Demonstrationsteilnehmer nicht auf türkische Nationalisten trafen, die im Vorfeld Gegenproteste angekündigt hatten. Nach Polizeiangaben kam es aber weder bei der Anreise, noch während der Veranstaltung zu Zusammenstößen.