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Demonstration
Gegenwind für palästinensische Friedensaktivistinnen

Palästinensische Frauen demonstrierten in den vergangenen Tagen an der Seite von Israelis in der Nähe von Jericho. Die gemeinsame Forderung: neue Friedensverhandlungen. Doch die Palästinenserinnen stehen in ihrer eigenen Bevölkerung unter Druck. Gemeinsame Auftritte mit jüdischen Israelis werden immer mehr zum Tabu.

Von Benjamin Hammer | 11.10.2017
    Israelische und palästinensische Aktivisten der Women Wage Peace movement bei einem Friedensmarsch in Jerusalem
    Israelische und palästinensische Aktivisten der Women Wage Peace movement bei einem Friedensmarsch in Jerusalem (AFP / Menahem Kahana)
    Die Wüste in der Nähe von Jericho im palästinensischen Westjordanland. Tausende Frauen – Israelinnen und Palästinenserinnen - demonstrierten hier in den vergangenen Tagen gemeinsam für den Frieden. Auch Tahani Abu-Daqqa war mit dabei. Sie war einmal Kulturministerin der Palästinensischen Autonomiebehörde.
    "Ich schätze die israelischen Frauen, die an der Demonstration teilgenommen haben. Wir brauchen in Israel Partner, die an Gerechtigkeit glauben, an einen israelischen und an einen palästinensischen Staat."
    Tahani Abu-Daqqa, ehemalige Kulturministerin der Palästinensischen Autonomiebehörde
    Tahani Abu-Daqqa, ehemalige Kulturministerin der Palästinensischen Autonomiebehörde (Deutschlandfunk / Benjamin Hammer )
    Die frühere Ministerin setzt auf Dialog mit Israel. Omar Barghouti lehnt ihn ab. Er ist einer der Mitbegründer der sogenannten BDS-Bewegung, die zu einem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Boykott Israels aufruft. Barghoutis Bewegung hatte Frauen wie Tahani Abu-Daqqa im Vorfeld unter Druck gesetzt. Auf keinen Fall dürften sie an der Demo mit den Israelis teilnehmen. Seine Forderung: Palästinenser sollen sich nur mit jenen Israelis treffen, die – Zitat – "gemeinsam mit ihnen Widerstand gegen die Unterdrückung durch Israel leisten". In Israel unterstützen nur wenige die Positionen von Omar Barghouti. Die meisten israelischen Frauen, die in der Wüste demonstrierten, gehören nicht dazu.
    "Palästinenser und Israelis kochen also gemeinsam und wandern", sagt Barghouti. "Sie machen Dinge, die nichts mit Gerechtigkeit zu tun haben. Und das nennen sie dann Frieden."
    Barghouti fordert gleiche Rechte für Juden und Araber. Seine BDS-Bewegung ist umstritten, weil sie den jüdischen Charakter des Staates Israel in Frage stellt. Kritiker werfen BDS Antisemitismus vor.
    Verhärtete Fronten zwischen Israelis und Palästinenser
    Innerhalb der palästinensischen Bevölkerung ist die Boykott-Bewegung beliebt. Kontakte mit Israelis gelten als Normalisierung und die dürfe es nicht geben, solange Israel das Westjordanland besetzt hält. Vor einem Monat traf sich ein Palästinenser aus Hebron mit einem rechts-nationalen Abgeordneten der israelischen Knesset. Der Palästinenser wurde daraufhin von der eigenen Polizei festgenommen. Ein Extrembeispiel. Marc Frings von der CDU-nahen Konrad Adenauer-Stiftung in Ramallah beobachtet jedoch einen Trend.
    "Im Moment erleben wir, dass der wahrgenommene gesellschaftliche Druck so groß ist, dass man sehr große Vorbehalte hat, sich öffentlich mit Israelis oder auch mit jüdischen Gruppen aus dem Ausland zu zeigen."
    Ziad Darwish arbeitet für eine palästinensische Behörde, die ganz offiziell den Kontakt zur israelischen Zivilgesellschaft pflegt
    Ziad Darwish arbeitet für eine palästinensische Behörde, die ganz offiziell den Kontakt zur israelischen Zivilgesellschaft pflegt (Deutschlandfunk / Benjamin Hammer )
    Es schmerze ihn, dass er das sagen müsse, meint Frings, aber derzeit gebe es zwischen Israelis und Palästinensern gar keinen Rahmen, um sich auszutauschen. Dafür seien die politischen Fronten zu verhärtet. Ziad Darwish will trotzdem weitermachen. Er arbeitet für eine palästinensische Behörde, die ganz offiziell den Kontakt zur israelischen Zivilgesellschaft pflegt. Darwishs Ansatz steht im krassen Gegensatz zur Boykottbewegung.
    "So sehr ich die Linke in Israel schätze, die haben wir doch schon überzeugt. Wir setzen auf die Rechte und die extreme Rechte in Israel. Mit denen müssen wir reden. Die müssen wir überzeugen, dass wir einen eigenen Staat brauchen und sie die Besatzung beenden müssen."