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Demonstrationsverbot
Sorge um die Versammlungsfreiheit

Sind die Meinungs- und Versammlungsfreiheit in Deutschland in Gefahr? Nein. Dies stehe völlig außer Frage, sagte Bundeskanzlerin Merkel in Berlin nach der Absage der Pegida-Demonstration in Dresden. Auch andere Politiker nahmen Stellung zu der Entscheidung. Der Tenor: Die Meinungsfreiheit dürfe nicht leiden.

19.01.2015
    Ein Buch zum Deutschen Grundgesetz.
    Die Versammlungsfreiheit wird in Artikel acht des Grundgesetzes geregelt. (imago / Florian Schuh)
    "Ein solch hohes Gut muss, soweit als möglich, geschützt sein", erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittag. Gemeint war die Demonstrationsfreiheit. Sie habe ein "Interesse daran, dass an jedem Ort in Deutschland demonstriert werden kann, weil es sich um ein Grundrecht handelt" - unabhängig davon, ob ihr die Inhalte gefielen oder nicht. Die Stellungnahme der Kanzlerin war eine von vielen zur Entscheidung der Behörden in Dresden, die für heute geplante Pegida-Demonstration abzusagen. Auch Regierungssprecher Steffen Seibert hatte kurz zuvor die Bedeutung der Versammlungsfreiheit betont. Die konkrete Entscheidung in Dresden kommentierte er aber nicht. Das läge im Ermessensspielraum der Länder.
    Zu geringe Reaktionszeit?
    Im Deutschlandfunk äußerte sich der innenpolitische Sprecher der CDU in Sachsen zu den möglichen Gründen für das Verbot. Die Behörden hätten bis zur Demonstration zu wenig Zeit gehabt, ein entsprechendes Sicherheitskonzept aufstellen zu können, um die Teilnehmer zu beschützen, sagte Christian Hartmann. Nach seiner Einschätzung handelt es sich nicht um eine "bloße Drohung im Internet, sondern klar verifizierbare Drohungen auf eine konkrete Person an einem konkreten Ort". Die Polizei hatte mitgeteilt, dass einer der Initiatoren der Pegida-Demonstration in Dresden, Lutz Bachmann, möglicherweise Ziel eines Anschlags sein könnte.
    Versammlungsverbot
    In Artikel acht des Grundgesetzes heißt es: "Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln."
    Zusammen mit der Meinungsfreiheit, die in Artikel fünf GG geregelt ist, hat die Versammlungsfreiheit nach der Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts einen sehr hohen Stellenwert. Diese einzuschränken ist nur in gut begründeten Ausnahmefällen möglich - etwa wenn öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet sind.
    Bundesjustizminister Heiko Maas warnte davor, Proteste wegen Terrordrohungen stark einzuschränken. Das dürfe nicht dazu führen, dass Meinungen unterdrückt werden. "Unsere Demokratie hält auch Pegida aus", so der SPD-Politiker. Für die konkrete Entscheidung in Dresden gebe es aber "sicher gute Gründe".
    Neben der Pegida-Demonstration haben die Behörden für heute auch alle anderen Proteste unter freiem Himmel in Dresden untersagt. Das sorgt teilweise für Unverständnis. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) bezeichnete das Verbot der Gegendemos als "nicht nachvollziehbar", da es dort "offenbar keine Bedrohungsszenarien gebe". Ähnlich sieht es die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke. Sie forderte Polizeischutz für Bachmann. Die Absage sei in dieser Form "auf jeden Fall Wasser auf die Mühlen der Islamhasser", die sich nun besonders produzieren könnten.
    Ärgerlich und "total bitter" nannte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter die Demonstrationsabsage, weil sie Grundrechte einschränke. Die Polizei müsse das sehr gut begründen. Auch wenn er die Pegida-Demonstrationen für widerlich halte, müssten aber auch die Teilnehmer frei ihre Meinung äußern können.
    (pr/ach)