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Den Krebs nicht alleine besiegen

Die Diagnose "Prostatakrebs" ist ein Schock, für viele Männer kommt sie ohne Vorwarnung aus heiterem Himmel. Entsprechend schlecht geht es ihnen: Sie haben Angst und sind mutlos, viele ziehen sich zurück und meiden den Kontakt zu Bekannten und Freunden. Das ist durchaus verständlich, aber die falsche Reaktion. In einer solchen Krise hilft nur eines: raus aus den eigenen vier Wänden, hin zu Männern mit den gleichen Erfahrungen. Und die finden Prostatakrebserkrankte in Selbsthilfegruppen.

Von Mirko Smiljanic | 16.08.2011
    Köln-Südstadt - einer der wenigen sonnigen Vormittage in diesem Sommer: Manfred Focke von der Selbsthilfegruppe "Prostatakrebs" hat ein paar Männer zum Brunch geladen. Ihr Alter: irgendwo zwischen 55 und 75; ein paar Berufstätige sind dabei, ein paar Pensionäre, die trotz aller Unterschiede, eines eint: Sie haben Prostatakrebs.

    "Es ist ja so, dass man als Betroffener zunächst einmal gar nicht weiß, was man tun soll, wenn man einen Arzt gehört hat, der einem eröffnet hat, wie sein Krankheitsbild ist und dann sucht man doch nach Möglichkeiten, sich zu informieren."

    Informationen finden betroffene Männer unter anderem in Selbsthilfegruppen. Sie tauschen Erfahrungen aus, die sie mit Ärzten, Kliniken und Therapien gemacht haben, lassen sich erklären, was, sie nicht verstanden haben – und immer wieder sprechen sie über das Thema Nummer eins: über die Angst vor dem Krebs:

    "Zunächst meinen sie, es ist ausweglos, das Leben geht zu Ende, Krebs ist unheilbar, Krebs ist etwas ganz Schlimmes. Das ist ja der Hauptausgangspunkt bei dieser Krankheit, wenn man diese Diagnose hört. Und das stimmt in den allermeisten Fällen überhaupt nicht! Und darüber zu sprechen, und wie die Lebensqualität sein kann, das ist eigentlich das Wichtigste, was man in der Situation tun kann."

    Die Selbsthilfegruppe Köln-Süd bietet offene Runden an, in denen jeder frei über seine ganz persönlichen Dinge reden kann; daneben gibt es aber auch Abende, die sich bestimmten Themen widmen. Die Palette reicht von schonenden Operationsformen, über Ernährung, bis hin zu psychoonkologische Fragen. Peter Barth, Mitglied der Kölner Selbsthilfegruppe "Prostatakrebs".

    "Bei prostatakrebserkrankten Männern überwiegt die Angst vor der Inkontinenz, und vor allem auch über die Potenz, die Potenz ist ja meistens weg, die Männer sind dann impotent, und das erzeugt natürlich gravierende Ängste," über die bei Bedarf mit Ärzten oder Psychologen ohne jeden Zeitdruck gesprochen wird. Übrigens ohne Ehefrauen, sagt Manfred Focke, der gemeinsam mit den anderen Gruppenmitgliedern lange überlegt hat, wie man in dieser Frage verfahren soll:

    "Ich persönlich war der Auffassung, dass es nicht richtig ist, wenn die Ehefrauen dabei sind, aus dem einfachen Grund, weil hier die Öffnung der Einzelnen, die vielleicht manchmal Hemmungen haben, über gewisse Dinge zu sprechen, größer ist, wenn keine Frauen dabei sind."

    Ein Problem muss die Kölner Selbsthilfegruppe aber noch lösen. Mit 100 Mitgliedern ist sie zwar vergleichsweise groß, sie könnte aber noch sehr viel mehr Männer aufnehmen:

    "Also aus meiner Sicht war es die für mich richtige Entscheidung und ich kann nur allen erkrankten Männern empfehlen, sich einer Selbsthilfegruppe auf alle Fälle vor der entsprechenden Therapie anzuschließen."