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Den Netzausbau effizient gestalten

Bei den Kosten für die Energiewende hängt viel davon ab, wie stark das Stromnetz neu- oder umgebaut werden muss. Ideen dazu liefert die Denkfabrik Agora Energiewende. Sie kritisiert, nach den bisherigen Vorgaben müssten viel zu viele Stromtrassen gebaut werden.

Von Philip Banse | 26.09.2013
    Ein Beratungsinstitut und die stiftungsfinanzierte Initiative Agora Energiewende haben eine neue Methode vorgestellt, wie das deutsche Stromnetz geplant werden kann. Welche Trassen brauchen wir, wo werden sie gebaut? Das war lange fast eine Geheimsache der Stromkonzerne. Für die Energiewende hat die Bundesregierung den Netzausbau neu geregelt: Zuerst werden drei Szenarien entwickelt: Wie viele Kraftwerke müssen wir in zehn Jahren ans Netz bringen? Wo werden diese Kraftwerke stehen? Werden wir alle mehr oder weniger Strom verbrauchen? Geht der Gaspreis nach oben oder nach unten? Diese Varianten der Zukunft werden öffentlich diskutiert; darauf basierend wird ein Netzentwicklungsplan öffentlich diskutiert und beschlossen; schließlich wird ein Gesetz verabschiedet, in dem steht, welche Trassen denn jetzt wirklich gebaut werden. Rainer Baake von der Agora Energiewende, Initiative der Mercator Stiftung und der European Climate Foundation:

    "Dieses Verfahren ist ein großer Fortschritt gegenüber der Vergangenheit. Gleichwohl gab es auch bei diesem Verfahren berechtigte Kritik."

    Baake kritisiert vor allem einige Vorgaben, die für die jetzige Netzplanung gemacht wurden. So würden nach der derzeitigen Planungsmethode womöglich viel zu viele Trassen gebaut, weil Vorgabe sei, dass alle denkbaren Stromspitzen abgefangen werden müssten.

    "Das wäre, als würde man Autobahnen so bauen, dass dort nie ein Stau entsteht. Da würde jeder sagen, das ist doch unwirtschaftlich. Aber bei den Stromnetzen ist das einer der Planungsgrundsätze."

    Außerdem würde von den drei diskutierten Szenarien am Ende eines ausgewählt, das dann Grundlage der gesamten Stromnetzplanung in Deutschland ist:

    "Das heißt, wenn die Zukunft sich anders entwickeln sollte als in diesem Leitszenario B, wäre das Netz eben nicht das geeignete."

    Die Agora Energiewende hat deswegen das Beratungsinstitut BET beauftragt, eine bessere Planungsmethode für das Stromnetz zu erstellen. Diese Methode geht davon aus, das ausreichend Kraftwerke gebaut werden und auch an den günstigsten Orten. Studienautor Dominic Nailis vom Beratungsunternehmen BET erklärt, wie Deutschland ein "robustes Stromnetz" planen könnte:

    "Ganz wesentlich ist der Punkt: Wir arbeiten mit allen Szenarien weiter. Wir verwerfen keine Szenarien, sondern wir nehmen diese Belastungsfälle für das Netz von all den Szenarien zugleich und wir bauen ein Netz, das all diesen Belastungsfällen genügt."

    Ein Stromnetz für alle Eventualitäten? Das muss doch zwangläufig sehr teuer, weil völlig überdimensioniert sein.

    "Meine Antwort darauf ist: Nein, das ist es eigentlich nicht. Denn es ist genau für das dimensioniert, was wir ihm aufgegeben haben, nämlich ein Teil der Unsicherheit der Zukunft tragen zu können. Genau dafür ist es ausgelegt und nicht überdimensioniert. Wenn die Zukunft gewiss wäre, bräuchten wir nur ein Szenario und könnten ein kleineres Netz bauen. Die Zukunft ist aber ungewiss."

    Ergibt diese Methode jetzt einen völlig anderen Netzausbauplan als den aktuell geltenden? Nein. Unterschiede liegen nur im Detail. Es sei auch nicht das Ziel gewesen, einen konkurrierenden Ausbauplan zu erstellen. Es sollte eine bessere, flexiblere Methode erstellt werden, das sei gelungen. Beispiel: Für die Kosten des Stromnetzausbaus ist wichtig, wo neue Kraftwerke gebaut werden: Da, wo der Strom billig ist, aber weit transportiert werden muss, an der Nordsee etwa? Oder wird Strom erzeugt, wo er auch verbraucht wird, sodass natürlich weniger Stromleitungen gebraucht werden. Mit der neuen Methode lasse sich ein Netz planen, das in beiden Szenarien funktioniert.