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Den Werbern ins Netz(werk) gegangen

Internet.- Auf der Social-Media-Conference in München tummelten sich auch dieses Jahr wieder zahlreiche Werbestrategen. Denn eines wissen diese ganz sicher: Mit Facebook haben sie die Möglichkeit, ihre Werbung sehr präzise und nahezu kostenlos zu platzieren. Doch genau damit gräbt sich das Netzwerk vielleicht selbst das Wasser ab.

Von Achim Killer | 09.07.2011
    "Loyalty, Brand-Consideration, Reputation. Und am Ende des Tages auch das Thema Cost-Efficiency."

    Marketing-Englisch ist die Konferenz-Sprache an diesem Montag im feinen Leonardo Royal Hotel in München. Es geht um die sozialen Netzwerke im Web, vor allem um Facebook. Und das ist für Unternehmen in erster Linie ein Marketing-Instrument, eines, das zu nutzen Pflicht ist, meint Professor Klemens Skibicki von der Cologne Business School:

    "Unternehmen müssen heute in sozialen Medien präsent sein. Rund 96 Prozent der Unter-30-Jährigen sind bei Facebook zum Beispiel. Das ist deren Kommunikationsinfrastruktur. Wenn Sie dort nicht vertreten sind, kommen Sie in deren Wahrnehmungsfeld kaum noch vor."

    Allerdings ist Facebook eigentlich nicht dafür konzipiert, dass Firmen dort Kunden kontaktieren. Private Surfer – so das Geschäftsmodell von Facebook – sollen dort ihre sozialen Netze knüpfen und möglichst viel Zeit damit verbringen. Und Unternehmen sollen Werbebanner schalten. Wenn Unternehmen sich aber wie Privatanwender auf Facebook verhalten, dann gehen sie auch die gleichen problematischen Rechtsbeziehungen ein wie private Nutzer.

    "Wenn ich bei Facebook bin, habe ich für alles, was ich dort einstelle, weltweite Lizenzen an Facebook übertragen. Aber wenn ich mir etwa Bildrechte nur für den deutschen Mark gekauft habe, dann kann ich überhaupt nicht das Recht in dieser Weise an Facebook weitergeben. Und dann habe ich ein Problem. Denn dann habe ich mich rechtswidrig als Unternehmen verhalten",

    erläutert der Kölner Anwalt Christian Solmecke. Allerdings hält das kaum ein Unternehmen von Marketing-Aktivitäten auf Facebook ab. Cost-Efficiency ist ein Zauberwort auf der social Media Conference, will sagen, die Kundschaft im sozialen Netz zu kontaktieren, kostet wenig, bringt aber viel. Michael Buck beispielsweise, Executive Director fürs Online-Marketing bei Dell, nutzt das soziale Netz für die Marktforschung.

    "Wenn ich zum Beispiel heute vom Endkunden schnell Informationen bekommen will, muss ich keine Agentur bezahlen, die eine Untersuchung über Wochen hinweg durchführt. Das kostet schließlich sehr viel Geld."

    Und vor allem werben Unternehmen auf Facebook, allerdings weniger, indem sie Banner schalten und bezahlen. Sie stellen vielmehr Videos ein, veranstalten Preisausschreiben und verteilen Werbegeschenke. Die Videos müssen erstellt und Werbegeschenke bezahlt werden. Aber Facebook selbst verlangt kein Geld von den Firmen. Und besonders kostengünstig wird es, wenn die Kunden die Inhalte selbst, also gratis, erstellen, beispielsweise, indem sie sich gegenseitig bei technischen Problemen helfen oder indem sie sich euphorisch zu einem trendigen Produkt äußern.

    Und Angesichts solcher Vorteile reduzieren bereits viele Unternehmen ihre Ausgaben für herkömmliche Internet-Werbebanner.

    C to C nennt sich diese Marketing-Strategie. Der Customer, der Kunde, soll anderen Kunden die Werbebotschaft übermitteln. Andrea Fiege, Social Media Consultant beim Telekommunikationsunternehmen O2, ist begeistert davon.

    Wenn sich diese Marketing-Strategie allerdings durchsetzt, bekommen Unternehmen, die mit Werbebannern Geld verdienen, Probleme, Google beispielweise. Und Facebook. Denn auch für Facebook ist das Geschäft mit Bannern die wichtigste Einnahmequelle.