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Der Dosis-Sparer

Wie lässt sich die Strahlenbelastung beim Röntgen senken, etwa bei Untersuchungen von Kindern? Gute Erfahrungen haben Forscher mit einer neuen Methode gemacht, die zwei bewährter Verfahren kombiniert: PET-Scanner und Magnetresonanztomografie.

Von Frank Grotelüschen | 29.05.2013
    Positronenemissionstomografie, kurz PET. So heißt eine Methode, die bei der Krebsdiagnose heute zu den Standards zählt. Das Prinzip: Der Patient bekommt eine schwach radioaktive Substanz gespritzt, den Tracer. Dieser dockt im Körper an Stoffwechselmoleküle an. Dann zerfällt der Tracer und sendet Positronen aus. Und deren Signale werden dann von Detektoren aufgefangen, sagt Prof. Jürgen Schäfer, Radiologe am Universitätsklinikum Tübingen.

    "Zum Beispiel können wir den Glukose-Stoffwechsel sichtbar machen. Der ist verantwortlich, dass wir Tumoren entdecken können, weil dort der Glukose-Stoffwechsel deutlicher ist als in normalem Gewebe."

    Doch PET hat einen Nachteil: Es kann die Lage eines Tumors nicht sehr präzise messen. Seit gut zehn Jahren gibt es deshalb ein neues Verfahren, bei dem PET kombiniert wird mit der Computertomografie, dem dreidimensionalen Röntgen. Der PET-CT-Scanner, so heißt das Gerät, kann Tumoren deutlich besser lokalisieren. Aber:

    "Als Methode ist die relativ hohe Strahlenexposition ein Nachteil, die vor allem durch das CT hervorgerufen wird, das ungefähr viermal soviel dazu beiträgt wie das PET selbst", "

    sagt Schäfers Kollege Sergios Gatidis. Gerade bei der Untersuchung krebskranker Kinder ist die hohe Dosis problematisch, schließlich sind Kinder gegenüber Röntgenstrahlung bis zu viermal empfindlicher als Erwachsene. Vor Kurzem nun hat die Medizintechnik-Industrie ein neues Verfahren entwickelt, den PET-MRT-Scanner. Hier ist der PET-Scanner nicht mit der Computertomografie kombiniert, sondern mit dem MRT, dem Magnetresonanztomografen. Und der arbeitet nicht mit Röntgenstrahlen, sondern deutlich schonender mit Magnetfeldern. Schäfer:

    " "In den Anfängen, als man sich das überlegt hat, hat man gesagt: Das geht gar nicht! Denn die beiden Methoden interferieren so, dass sie keine Bilder erzeugen können. Es ist aber gelungen, durch bestimmte Detektoren, die man in das MR-Untersuchungsrohr hineinsteckt, dass keine Bildstörungen entstehen."

    Die technischen Probleme sind also gelöst. Doch wie gut bewährt sich das neue Verfahren in der Klinik, speziell bei der Untersuchung von Kindern? Um das zu beantworten, haben Gatidis und Schäfer in Tübingen eine Studie aufgelegt.

    Gatidis: "Wir haben insgesamt 20 Untersuchungen durchgeführt bei 18 Patienten. Weil wir ja die Methoden direkt vergleichen möchten, haben wir beide Untersuchungen bei allen Patienten am gleichen Tag durchgeführt. Zuerst kam die PET-CT-Untersuchungen und im Anschluss die PET-MRT-Untersuchung. Dadurch konnten wir die Verfahren direkt miteinander vergleichen."

    Schäfer: "Und wir stellen fest: Die sind gleichwertig. Wir können die Strahlung einsparen, und es gibt Hinweise, dass in Einzelfällen sogar die MRT überlegen ist und zusätzliche Befunde zeigt, die mit dem PET-CT so nicht gefunden worden wären."

    Bis zu 75 Prozent an Strahlung spart das neue Verfahren gegenüber einem PET-CT-Scanner ein. Allerdings zeigte die Studie auch eine Einschränkung, erklärt Gatidis:

    "Es gibt noch ein paar technische Herausforderungen, die wir meistern müssen. Insbesondere die Darstellung der Lunge kann ein Problem sein im MRT. Das müssen wir noch genauer untersuchen."

    Was auch für Tumoren im Knochenmark gilt. Dennoch: Bei der Krebsdiagnose bei Kindern dürfte sich der neue Kombiscanner durchsetzen, glaubt Jürgen Schäfer. Denn mit einer Untersuchung ist es meist nicht getan, oft sind es im Laufe einer Therapie vier oder fünf.

    Schäfer: "Weil man bei Behandlung und Diagnostik von Tumoren die besten Ergebnisse damit erzielt, dass man vor Therapiebeginn die exakte Diagnose hat. Und auch dann das Therapieansprechen sehr gut erkennen kann. Insofern wird sich die Methode langfristig mit Sicherheit durchsetzen."

    Eine Hürde jedoch bilden die Kosten: Die neuen Kombiscanner sind sehr teuer, weshalb es sie in Deutschland zurzeit nur an fünf Kliniken gibt.