Freitag, 19. April 2024

Archiv

Der Facebook-Skandal
Daten ohne Schutz - Zuckerberg in Bedrängnis

Seit klar ist, dass die Firma Cambridge Analytica millionenfach Daten von Facebook-Nutzern missbraucht hat, wächst der Druck auf Mark Zuckerberg. Bei seinem Auftritt vor dem US-Kongress muss sich der Facebook-Gründer auf viele unangenehme Fragen gefasst machen. Ihm droht eine Klageflut.

Von Brigitte Baetz und Kerstin Zilm | 10.04.2018
    Das Namensschild von Facebook-Chef Mark Zuckerberg steht auf einem Tisch für die Anhörung vor einem Ausschuss des US-Senats in Washington
    Facebook-CEO Mark Zuckerberg auf dem Weg zu einem Treffen mit Senatoren auf dem Capitol Hill - vor seinem Erscheinen bei zwei geplanten Senatsanhörungen in Washington. (imago / Kevin Dietsch)
    "New details on a major data breach carried out by a firm that worked for President Trump’s campaign team";
    "Tonight we are hearing from CA whistleblower Christopher Wylie";
    "We are learning more about CA and its mining of data on millions of Americans for political purposes…."
    Fake-News, russische Meinungsmache im Wahlkampf, millionenfacher Datenmissbrauch: Fragen zu diesen Themen wird sich Facebook-Chef Zuckerberg stellen müssen, wenn er im Laufe des heutigen Abends vor den US-Kongress tritt.
    Facebook-Daten für den US-Wahlkampf ausgewertet
    Im März dieses Jahres berichteten die New York Times und The Guardian, dass Donald Trumps Wahlkampfteam die Firma Cambridge Analytica beauftragt hatte, Facebook-Daten zu sammeln, um das Wahlverhalten der Nutzer vorherzusehen und zu beeinflussen.
    Das Datenanalyse-Unternehmen wurde 2013 vom konservativen Hedge Fond Manager Robert Mercer und dem späteren Trump-Wahlkampfstrategen Steve Bannon als Tochter der britischen Firma Strategic Communications Laboratory gegründet.
    Mehr als 50 Millionen Facebook Nutzer waren laut den ersten Berichten vom Datenklau betroffen. Manche von ihnen hatten die Informationen freiwillig preisgegeben, als sie an einem Persönlichkeits-Test auf Facebook teilnahmen. Neuro-Wissenschaftler Aleksandr Kogan von der britischen Cambridge University entwickelte für diesen Test die "thisisyourdigitallife"-App, sie muss extra zu Facebook hinzugefügt werden, und die Nutzer erlauben damit den Zugriff auf ihre Daten.
    "Psychologische Kriegsführung" per App
    Die App ermöglichte es Kogan jedoch, nicht nur die Daten von denjenigen abzugreifen, die den Test mitmachten, sondern auch die von deren Facebook-Freunden. Seinen Schatz verkaufte Kogan - und dabei brach er die Regeln von Facebook - an Cambridge Analytica.
    
Whistleblower Christopher Wylie mit rot gefärbtem Deckhaar.
    Whistleblower Christopher Wylie (imago stock&people/Ben Stevens)
    All das flog auf, weil Cambridge Analytica Mitbegründer Christopher Wylie nicht mehr, wie er sagte, zum "Werkzeug der psychologischen Kriegsführung" beitragen wollte. Wylie berichtete allen großen US-Medien von dem Vorgehen der Firma:
    "Wir investierten über eine Million Dollar. Das war also nicht billig, aber akzeptabel für die Menge an Daten. Wir bekamen die Informationen ungewöhnlich schnell, relativ billig, und sie waren von hoher Qualität. Wer die US-Wahlen beeinflussen will, kriegt da alles, was er braucht, aus einer Hand."
    Enormer Vertrauensbruch für zwei Milliarden Nutzer
    Das war ein enormer Vertrauensbruch für die über zwei Milliarden Nutzer von Facebook und die Investoren. Der Aktienwert des Unternehmens fiel innerhalb weniger Tage um 18 Prozent und reduzierte damit dessen Marktwert um etwa 80 Milliarden Dollar. Der Hashtag #deletefacebook - "lösch Facebook" - verbreitete sich. Obwohl laut einer Reuters-Umfrage nur rund vier Prozent der Nutzer sich tatsächlich von der Plattform verabschiedeten, wuchs der Druck auf Konzerngründer Mark Zuckerberg.
    Er hatte schon 2011 im Streit mit dem Kartellamt besseren Datenschutz versprochen. Kritiker warfen ihm vor, dass er erstens das Versprechen nicht eingehalten hatte und zweitens nicht genug gegen den Facebook-Datenklau durch Cambridge Analytica und andere App-Entwickler tat. Und was tat Zuckerberg, um den Schaden zu kontrollieren? Er schwieg zunächst. Aber als der Druck auf seinen Unternehmen weiter wuchs, trat er eine Entschuldigungstour durch US-Medien an:
    "Das war ein großer Vertrauensbruch, und es tut mir leid, dass es passiert ist. Wir haben die Verantwortung, die Daten der Menschen zu schützen. Wenn uns das nicht gelingt, verdienen wir es nicht, den Menschen zu dienen. Jetzt müssen wir müssen dafür sorgen, dass sich so was nicht wiederholt."
    Zuckerberg sieht sich Klageflut gegenüber
    Zuckerberg versprach, von nun an mehr in Datenschutz zu investieren und zusätzliche Regulierungen zu entwickeln. Dafür bat er in einem Vox-Interview um Zeit:
    "Es wird ein paar Jahre dauern, wenn es darum geht, die Probleme zu lösen und aus diesem Tief heraus zu kommen, denn wir haben in diesem Bereich bisher nicht genug investiert. Ich wünschte, ich könnte es in drei, sechs Monaten lösen, aber Fakt ist: Es wird eine Weile dauern."
    Das Bild zeigt den Vorstandschef von Facebook, Mark Zuckerberg, hier im Juni 2017 in Chicago.
    Das Bild zeigt den Vorstandschef von Facebook, Mark Zuckerberg, hier im Juni 2017 in Chicago. (dpa-Bildfunk / AP / Nam Y. Huh)
    Derzeit wollen wenige Zuckerberg diese Zeit geben. Die US Kartellbehörde prüft, ob der Facebook-Chef ein Abkommen von 2011 gebrochen hat, in dem er versicherte, Daten nicht ohne Zustimmung der Nutzer weiter zu geben. Wäre das der Fall, droht dem Unternehmen eine Strafe von 40.000 Dollar für jede Verletzung der Auflage. Das kann bei 87 Millionen betroffenen Konten teuer werden.
    Mehrere Dutzend Klagen wurden inzwischen gegen das Unternehmen eingereicht - von Privatpersonen, Bürgerrechts-Organisationen und Investment-Gruppen. Der Ruf nach neuer Führung an der Facebook-Spitze wird lauter. Mark Zuckerberg besitzt nicht nur fast 60 Prozent der stimmberechtigten Aktien. Er ist als Vorstandsvorsitzender und Geschäftsführer auch unkündbar.
    Städte und Kommunen in Facebook-Aktien investiert
    Scott Stringer hat als Rechnungsprüfer der Stadt New York aus der Pensionskasse der Stadt eine Milliarde Dollar in Facebook-Aktien investiert. Er fordert in einem CNBC-Interview eine neue Unternehmensführung:
    "Ich vertrete Feuerwehrmänner, Lehrer und Polizisten. Wir glauben, wir brauchen mehr unabhängige Kontrolle, einen unabhängigen Vorstandsvorsitzenden und Direktoren, die sich mit Daten und Ethik auskennen. Dieser Skandal zeigt: Einnahmen sind in Gefahr, die Regulierungen, die Marke und vielleicht am wichtigsten: Unsere Demokratie ist bedroht."
    Selbst in Silicon Valley ist das einstige Wunderkind unter Beschuss. Apple-Chef Tim Cook sagt auf die Frage, was er an Zuckerbergs Stelle tun würde, nur, dass ihm so etwas nie passieren würde.
    Umfang des Daten-Skandals größer als angenommen
    Anfang April muss Facebook zugeben, dass möglicherweise deutlich mehr Nutzer vom Cambridge Analytica Skandal betroffen sind als bisher angenommen, nämlich 87 Millionen. Diesmal stellt sich Zuckerberg den Reportern sofort. Er rechtfertigt wie schon häufig zuvor mit der idealistischen Facebook-Philosophie:
    "Als wir angefangen haben, dachten wir nur daran, wie toll es wäre, Menschen zu verbinden, allen eine Stimme zu geben. Wir haben vermutlich nicht genug über die negativen Nutzungsmöglichkeiten nachgedacht."
    Ein Internetnutzer hat ein Tablet auf dem Schoß, darauf ist eine Facebook-Illustration zu sehen.
    Facebook-Illustration auf dem Tablet im Schoß eines Nutzers. Viele werden dem Netzwerk wohl treu bleiben (picture alliance / dpa / Josef Horazny)
    Dieses Argument dürfte angesichts des Umfangs der Vorwürfe nur noch echte Fans zufriedenstellen. Trotzdem glauben Experten nicht, dass die meisten Nutzer nun dem Sozialen Netzwerk den Rücken kehren. Gestützt wird diese Ansicht durch eine Infratest Dimap-Umfrage. Obwohl eine Mehrheit der befragten erwachsenen Internetnutzer Facebook und seiner Datenpolitik zutiefst misstraut, ergibt sich daraus kaum eine Veränderung im Online-Verhalten der Bürger, wie die ARD-Journalistin Ellen Ehni bei der Präsentation der Daten berichtete:
    "Nur zwölf Prozent sagen, ich bin jetzt weniger auf Facebook unterwegs, und nur zwei Prozent haben tatsächlich ihr Profil gelöscht, sind also nicht mehr Facebook-Kunde und haben die Delete-Facebook-Aktion mitgemacht."
    Angst der europäischen Politik vor Wahlmanipulation
    Die deutsche und auch die europäische Politik dagegen ist alarmiert. Denn der Datenskandal hat einmal mehr die Frage aufgeworfen, wie manipulierbar Demokratien in digitalen Zeiten sind - durch die Verbreitung von Falschinformationen und Hasskommentaren, oder durch privatwirtschaftliche Sammeln von Daten. Die Sorge lautet, dass es Cambridge Analytica gelungen sein könnte, durch das Erstellen sogenannter Nutzerprofile Einfluss auf politische Wahlentscheidungen zu nehmen - im Dienste rechter Interessengruppen oder Akteuren wie der russischen Regierung.
    "Das EU-Parlament will die ganze Wahrheit über die Facebook-Affäre erfahren, um zu verstehen, ob und wie die Daten im Besitz dieses großen Unternehmens benutzt wurden, um Wahlkampagnen zu beeinflussen."
    Erklärte beispielsweise EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani. Eine Befürchtung, für die es bislang allerdings keine belastbare Grundlage gibt. Ob Cambridge Analytica wirklich die Brexit-Entscheidung oder auch die US-Wahl beeinflusst hat, wie die Firma selbst suggeriert, ist nicht bewiesen.
    Problem der Regulierung internationaler Firmen
    Der Skandal um den illegalen Weiterverkauf von Facebook-Daten an Cambridge Analytica hat aber einmal mehr ans Tageslicht gebracht, wie viele Daten ein Konzern wie Facebook weltweit sammelt. Die Politik steht damit dem Problem gegenüber, ein internationales Unternehmen in den Griff kriegen zu müssen, das nicht so reguliert werden kann wie ein nationales, sagt der Digitalexperte und Journalist Dennis Horn.
    "Es gibt einfach nichts, was man da irgendwie vergleichen kann. Das ist halt ein Mix aus Medienunternehmen, Telekommunikationsunternehmen und den Kupferleitungen für Telefon, die überall im Boden liegen. Dem kommt man mit alten Vergleichen nicht bei, weil es eine solche Infrastruktur in der Hand eines einzelnen Konzerns halt noch nicht gegeben hat."
    Bis vor wenigen Jahren wurden amerikanische Internetkonzerne in Europa nur wenig reguliert. Doch seit 2011 ändert sich das - wenn auch langsam.
    Ein Student zwingt Facebook, Daten auszuhändigen
    Damals hatte der österreichische Student Max Schrems Facebook nach längerem Hin und Her dazu gebracht, ihm die Daten auszuhändigen, die der Konzern über ihn gespeichert hatte.
    Maximilian Schrems spricht in ein Mikrofon.
    Maximilian Schrems klagte gegen Facebook & Co. und brachte damit Safe Harbor zu Fall. (imago stock&people)
    Das Pdf-Dokument, das Schrems Daten erhielt, umfasste 1.222 Seiten. Darunter waren auch Daten, von denen er dachte, er hätte sie längst gelöscht - und auch solche, die er nicht selbst preisgegeben hatte, sondern die durch die Kombination mit anderen Daten erst errechnet worden sein mussten: So zum Beispiel seine Universität und sein letzter Aufenthaltsort.
    Schrems zunächst einsamer, aber öffentlichkeitswirksamer Kampf führte zu einem allmählichen Umdenken in Europa in Bezug auf Datensicherheit. Die Enthüllungen durch Edward Snowden zur digitalen Massenüberwachung durch amerikanische Geheimdienste taten ein Übriges. 2015 setzte Schrems vor dem Europäischen Gerichtshof durch, dass die Weitergabe personenbezogener Daten von Europa in die USA als Verstoß gegen die Grundrechte der EU-Bürger gewertet wird.
    Späte Reaktionen der Politik bei der Datensicherheit
    Doch erst jetzt zieht die Politik beim Thema Datensicherheit nach.
    "Im Zuge des Facebook-Datenskandals hat Bundesjustizministerin Barley Manager des weltgrößten Sozialen Netzwerkes in Berlin empfangen. Dabei hat sich das Unternehmen verpflichtet, alle Betroffenen zu informieren."
    "Wir brauchen insbesondere auch Transparenz bei den Algorithmen. Und ich bin sehr froh, dass Facebook zugesagt hat, das wohlwollend zu prüfen. Facebook hat die Bereitschaft gezeigt, unserer Forderung nach mehr Transparenz bei den Algorithmen entgegenzukommen. Wir werden dort weiter im Gespräch bleiben."
    Doch wie ernst nimmt Facebook die Vorwürfe aus Deutschland wirklich?
    "Da wird uns einfach die ganze Wahrheit verheimlicht"
    Thomas Jarzombek, für die CDU Mitglied des Bundestagsausschusses Digitale Agenda, ist skeptisch - gerade nach dem Auftreten der Facebook-Manager vor diesem Gremium. In einer Deutschlandfunk-Diskussion sagte er:
    "Also im Wesentlichen wurden uns da nur Pressetexte vorgetragen, und ich kann auch sagen, dass sich sämtliche Ausschussmitglieder nicht wirklich ernst genommen fühlten. Das ist ein Bild, das Facebook letztlich immer wieder bei uns provoziert, weil auch hier absolute Salamitaktik angewendet wird. Dann wurde uns gesagt, man könnte das noch nicht genau sagen, das müsste erst ausgewertet werden. Ich weiß nicht, ob es bei Facebook einen Keller mit hundert Jahre alten Akten gibt, die jetzt der Praktikant durchsuchen muss. Das kann ich mir nicht vorstellen, sondern die haben alles digital, eigentlich müsste man mit einem Knopfdruck auch ziemlich genau wissen, was passiert ist. Und da haben wir schon den Eindruck: Da wird uns einfach die ganze Wahrheit verheimlicht."
    Zugriff auf alle Kontaktdaten
    Gemeint ist die Möglichkeit, dass auch Facebook nicht genau weiß, wer eigentlich Zugang zu Facebook-Daten hat und wer nicht. Der Digitaljournalist Alexander Fanta verweist zudem darauf, dass das Soziale Netzwerk auch Daten von Menschen besitzt, die gar nicht bei Facebook sind.
    "Viele von uns kennen diesen gruseligen Effekt, wenn man sich das erste Mal auf Facebook anmeldet und die einem schon ganz viele Freunde von sich vorschlagen. Diese Informationen hat Facebook deshalb, weil es sehr gern die Kontaktdaten aus E-Mail-Konten und aus Handy-Telefonbüchern rausliest. Wenn einer meiner besten 700 Freunde, Geschäftspartner oder ehemaligen Liebespartner seine Handykontaktdaten hergegeben hat oder sein E-Mail-Kontoadressbuch zur Verfügung gestellt hat, dann ist jetzt auch meine Nummer bei Facebook."
    Vor dem Hintergrund der weltweiten Facebook-Kritik kommt nun ein deutsches Gesetz zu neuen Ehren, das in der öffentlichen Diskussion bislang eigentlich sehr kritisch gesehen wurde: das Netzwerkdurchsetzungsgesetz. Damit wurde Facebook verpflichtet, mehr gegen Hass und Hetze im Internet zu tun.
    Beweis für Handlungsfähigkeit der Politik
    Die zentrale Kritik: Das Soziale Netzwerk würde damit selbst über die Rechtmäßigkeit von Inhalten entscheiden - eine Entscheidung, die eigentlich Gerichten zustünde. Doch nun gilt das deutsche Gesetz weltweit als Beweis dafür, dass die Politik Facebook gegenüber handlungsfähig ist. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Jarzombek:
    "Wir haben mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz gezeigt, dass es Möglichkeiten gibt zu regulieren und dass dann tatsächlich auch sich Dinge bei Unternehmen verändern. Man kann über die Inhalte des Gesetzes sicher streiten, aber früher hat man Wochen bis Monate auf eine Reaktion bei Facebook gewartet, wenn man Inhalte kritisiert hat, und jetzt kommen die Reaktionen doch sehr zeitnah."
    Menschen passieren im März 2018 in Köln ein Werbeplakat von Facebook mit dem Spruch "Warum kennt mich Facebooks Algorithmus so gut?".
    Mit einer Werbekampagne will Facebook Vertrauen zurückgewinnen und fragt selbst: "Warum kennt mich Facebooks Algorithmus so gut?" (dpa / Rolf Vennenbernd)
    Und auch das Bundeskartellamt geht inzwischen gegen Facebook vor – wegen des Verdachtes auf Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung.
    Datenschützer hoffen auf EU-Grundverordnung
    Die größte Hoffnung der Datenschützer liegt allerdings auf der Datenschutz-Grundverordnung der EU. Sie soll Ende Mai in Kraft treten. Es wäre das erste einheitliche Datenschutzgesetz der Europäischen Union. Ohne die explizite Zustimmung des Nutzers dürfen Unternehmen dann keine Daten mehr verarbeiten. Auf die EU setzt auch Digitalexperte Dennis Horn, wenn es um die Regulierung von Facebook geht.
    "Die EU hat da ja auch schon mal Sachen erreicht. Zum Beispiel dass die Daten für die Gesichtserkennung in Europa EU-weit nicht genutzt werden dürfen von Facebook. Die werden erhoben, aber die Gesichtserkennung, so wie sie in den USA läuft, ist hier eben nicht im Einsatz."
    Zuckerberg verpflichtete sich vor sieben Jahren im Streit mit dem US-Kartellamt, Privatsphäre und Datenschutz seiner Nutzer zu garantieren. Er musste nun eingestehen, nicht genug dafür getan zu haben.
    Zuckerberg zu Manipulationsversuchen
    Die Vorstellung, dass Russland über Fake-News auf Facebook die US-Präsidentschaftswahl beeinflussen wollte, bezeichnet er jetzt jedoch als verrückt.
    Dass es viele Hinweise darauf gibt, dass Russland es zumindest versuchte, musste er dagegen inzwischen zugeben. Zuckerberg wird vorm US-Kongress außerdem eingestehen müssen, dass Donald Trumps Wahlkampfteam probierte, Facebook über Cambridge Analytica zur Manipulation von Wählern zu nutzen.
    Auch Präsident Barack Obama hatte für seine Wahlkämpfe Facebook-Daten genutzt. Doch es gibt einen wichtigen Unterschied: Das Obama-Team bat Facebook-Nutzer um ihre Informationen und um die ihrer Freunde. Trumps Team dagegen engagierte eine Firma - ohne jegliche Genehmigung.
    Unabhängigkeit trotz Wahlkampfspenden beweisen
    Der Kongress wird dazu harte Fragen stellen, kündigt Kaliforniens demokratischer Abgeordnete Adam Schiff an:
    "Wir müssen herausfinden, wie sich die digitale Abteilung des Trump-Teams diese privaten Informationen von zig Millionen Wählern aneignen konnte."
    Die Abgeordneten und Senatoren müssen dann beweisen, dass sie sich durch Facebooks Wahlkampfspenden nicht von harten Fragen abbringen lassen. Republikaner und Demokraten sollen vom Unternehmen laut einem unabhängigen Politikinstitut insgesamt mehr als 750.000 Dollar erhalten haben.
    Wie ernst Zuckerberg die Anhörung nimmt, zeigt auch ein Statement, das er am Montag veröffentlichte: Dort entschuldigt er sich abermals:
    "Das bezieht sich auf Fake-News, auf Wahl-Beeinflussung aus dem Ausland, Hassbotschaften, aber auch auf andere Entwickler und Datenschutz. Wir waren uns unserer Verantwortung nicht vollumfänglich bewusst - das war ein großer Fehler."
    Zusätzliche Regulierungen für den Datengiganten
    Inzwischen will Facebook unter anderem Werbeanzeigen mit politischen Inhalten strenger kontrollieren. Künftig müsse ausgewiesen werden, wer die Werbung bezahlt. Zudem sollen der Standort und die Identität des Auftraggebers verifiziert werden.
    Der Kongress wird Zuckerberg voraussichtlich auch zu Radikalisierung, Terrorismus und Fake-News als Folge von Facebook-Algorithmen befragen, und wahrscheinlich wird Zuckerberg sein Mantra wiederholen, dass die Verbindung von möglichst vielen Menschen überall auf der Welt unterm Strich positive Auswirkungen auf die Gesellschaft hat.
    Die Abgeordneten werden zusätzliche Regulierungen für den Datengiganten fordern. Dem scheint auch Zuckerberg nicht mehr abgeneigt.
    "Ich bin nicht sicher, ob wir nicht reguliert werden sollten. Die Technologie generell breitet sich immer mehr aus. Die Frage sollte sein: Wie regulieren wir das am besten und nicht ob wir regulieren sollen oder nicht."
    Vertrauensgewinn nicht ohne grundlegende Reformen
    Am Ende wird es auch darum gehen, ob Zuckerberg der richtige Mann ist, Facebook in eine Zukunft mit mehr Regulierungen und mehr Datenschutz zu führen. Nach dem zu urteilen, wie er in der Vergangenheit handelte, scheint dieser Ansatz seiner Firmenphilosophie aber zu widersprechen. Seit Montagmorgen werden die vom Datenmissbrauch betroffenen Facebook-Nutzer auf ihrem Newsfeed darüber informiert, welche ihrer Informationen mit Cambridge Analytica geteilt wurden, welche Apps ebenfalls Daten abgreifen, und wie diese gelöscht werden können.
    Doch ohne mehr grundlegende Veränderungen in Strukturen, Verhalten und Algorithmen der Plattform dürfte es schwierig werden, Vertrauen von Nutzern und Investoren zurückzugewinnen.