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Der Geldbeutel der Zukunft

Das Bezahlsystem per Mobiltelefon treibt potenziellen Investoren die Dollarzeichen in die Augen. Vor allem Telekommunikationskonzerne möchten so zu den Banken des Informationszeitalters werden. Kurios: So mancher IT-Experte hält das Handygeld für relativ sicher.

Von Achim Killer | 26.01.2013
    "Es ist definitiv das Modewort des Jahres - mobile wallet, die digitale mobile Brieftasche. Aber es ist schwierig. Wenn man beispielsweise auf verschiedenen Märkten tätig sein will, muss man unterschiedliche nationale Gesetze beachten. Also die Eintrittsschranke ist hoch."

    Befragt vom Moderator, plaudert Paypal-Chef David Marcus über die Zukunft des Bezahlens. Bargeld zu digitalisieren, verspricht ein lukratives Geschäft zu werden. Die Akzeptanzstellen, also die Läden, in denen etwa mit dem Handy bezahlt wird, entrichten eine Provision, einen bestimmten Prozentsatz vom Verkaufspreis, und richtiges Geld, Münzen, Scheine und Bankguthaben, wandern zu den neuen Finanzdienstleistern, werfen dort Zinsen ab, während der Kunde dafür nur eine Gutschrift bekommt, virtuelles Geld, das er dann ausgeben kann. Vor allem Telekommunikationskonzerne möchten so zu Banken des Informationszeitalters werden. Das scheint nahezuliegen, soll doch das Smartphone mit NFC – mit Near-Field-Communication-Chip zum Geldbeutel der Zukunft werden. Mit irgendwas müssten Telekommunikationsunternehmen schließlich Geld verdienen, sagt Telefonica-Deutschland-Chef Rene Schuster später auf der DLD und klagt darüber, dass im herkömmlichen Geschäft der Telcos nichts verdient werde und Telefongespräche eh bald kostenlos würden.

    Und dann präsentiert er eine neue Smartphone-Funktion, mit der man virtuelles wie Bargeld an jemanden Anderen weiterreichen kann. Der andere muss keine Akzeptanzstelle sein, sondern nur einen Account und eine Mobilfunk-Nummer haben.

    "Wir stellen heute eine App Namens Person to Person vor. Damit kann man Geld an jemanden anderen übermitteln. Und der kann es dann verwenden. Das Geld steckt in einem Programm Namens mpass."

    Mit solchen Angeboten möchte Schuster sein Unternehmen zukunftsfest machen. Allerdings können auch Firmen aus anderen Branchen auf dem neuen Markt mitmischen. Denn das vermeintliche Handy-Geld hat ja eigentlich nichts mit dem Handy zu tun. Der NFC-Chip bei mpass klebt bloß außen am Smartphone, ohne dass irgendeine App oder die Mobilfunk-Funktion des Handys darauf Zugriff hätte. Im Chip gespeichert ist nur eine ID, der Kundendaten zugeordnet sind. Diese Kundendaten sind das Entscheidende, nicht der Mobilfunk. Deshalb fürchten die Telekommunikationskonzerne auch die Konkurrenz durch andere Unternehmen mit einer großen Datenbasis. Apple etwa mit seiner iTunes-Kundschaft ist auf der DLD zwar nicht vor Ort, aber omnipräsent.

    Und weil der NFC-Chip gegenüber dem Smartphone völlig isoliert ist, kommt Mikko Hyponnen, Cheftechnologe des Anti-Viren-Unternehmens F-Secure, denn auch zu einem – für einen Sicherheitsexperten - erstaunlichen Urteil: Das Handy-Geld sei relativ sicher, meint er.

    "Es gibt akademische Studien über Angriffe auf die NFC-Technik. Aber so weit ich weiß, wurden sie noch nie von Kriminellen benutzt, um Geld zu stehlen."

    Trotzdem kann Handy-Geld natürlich gestohlen werden, aber das hat nichts mit der Near-Field-Communication zu tun, der technologischen Basis der virtuellen Währung. Und ein Dieb ginge dabei auch ein großes Risiko ein. Er müsste vor Ort sein und kann nicht anonym über das Internet stehlen.

    "Wahrscheinlichere Angriffsszenarien sind solche mit NFC-Attrappen, wenn der Angreifer eine beim NFC-Lesegerät installiert, ähnlich wie es heute bei Lesegeräten von Geldautomaten gemacht wird."