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Der Nachhilfe-Markt

Der typische Nachhilfe-Schüler ist 12 bis 16 Jahre alt und benötigt Unterstützung in Mathematik, Englisch und Deutsch. Häufig stammt er aus türkisch- oder russischsprachigen Migrantenfamilien.

Von Jens P. Rosbach | 31.05.2008
    " Ich habe Deutsch-Nachhilfe genommen, weil ich nicht in Deutsch so richtig gut bin. Ich hatte Fehler mit Rechtschreibung. Ich habe schlechte Teste geschrieben, ich konnte einige Dinge nicht richtig sagen, habe alles falsch gesagt, da bin ich zur Nachhilfe gegangen. "

    " Na, also, viele nehmen ja Nachhilfe. Das ist inzwischen gar nicht mehr so besonders, dass man mal Nachhilfe nimmt. Da macht man jetzt auch kein großes Thema drum oder so. Das ist jetzt. Man wird jetzt nicht als Streber dargestellt oder so. "

    In Deutschland gibt es mittlerweile rund 3000 kommerzielle Nachhilfeschulen. Jeweils 1000 von ihnen werden unter dem Dach der beiden Marktführer "Schülerhilfe" und Studienkreis" betrieben - häufig als Franchise-Ableger, als Privatunternehmen mit einer Konzession der beiden großen Bildungsfirmen. Der Nachmittagsunterricht wird zumeist in Kleingruppen erteilt und kostet acht bis zehn Euro pro Schulstunde und Kind.

    " Ich hatte am Anfang nicht unbedingt Lust, mich halt nach der Schule noch mal hinzusetzen, aber als ich dann halt gemerkt hab, dass es wirklich hilft, dann hab ich es halt auch gemacht, ist ja klar. Wegen Nachhilfe habe ich von einer drei zur zwei geschafft bei Deutsch. Ja, das hat's gebracht. Falls es schlimmer wird, würde ich auf jeden Fall wieder Nachhilfe nehmen. Also da bin ich mir ganz sicher. Also es hat auf jeden Fall geholfen. "

    Nicht nur Firmen, auch freiberufliche Studenten und Akademiker geben Nachhilfestunden - ganz individuell. Wie Jens Steiner. Der 31-jährige Berliner hat Slawistik studiert und ist danach Hiphop-Sänger geworden.

    " Na, ich gebe Nachhilfeunterricht, weil ich einerseits, klar, mein Künstlerleben irgendwie finanzieren muss. Und auf der anderen Seite auch das Wissen, was ich sowieso durch mein Studium und so habe, teilen möchte. Ich versuche so den Leuten so ein bisschen die Angst zu nehmen, ich war selber so ein Angsthäschen in der Schule, der Angst vor Grammatik hatte und dann nicht so richtig durchgesehen hat und da greife ich dann praktisch ein und da geht's dann los. "

    Steiner nimmt 15 Euro pro Sunde Einzelunterricht. Das sei nicht viel, erklärt er, schließlich müsse man die Vorbereitungszeit mit berücksichtigen. Genauso wichtig wie das Geld ist für ihn der "Spaßfaktor".

    " Ich denke mal, das ist so ähnlich wie wenn man Vater von einem Kind ist und so sieht wie das Kind aufwächst und die ersten Schritte macht und das erste Wort sagt und genau dasselbe hat man bei einem Nachhilfeschüler auch - in verkleinerter Form. "

    Inzwischen haben auch die Volkshochschulen die Nachhilfe entdeckt. So bietet die Hessische Volkshochschule Englisch für Erstklässler, Latein in den Ferien und Mathematik für Abiturienten an. Die Volkshochschule in Frankfurt am Main hat sogar Sprachkurspakete für ganze Schulen im Angebot - für vier bis fünf Euro pro Kind und Stunde. Der Markt dafür ist auf jeden Fall da, wissen die Experten. Denn zahlreiche Eltern haben nicht das Geld für normalen Nachhilfeunterricht. Dietmar Pfau, Postzusteller und Vater zweier Kinder, klagt etwa:

    " Nicht jeder kann sich das leisten, Privatunterricht zu machen. Ist ja unwahrscheinlich teuer. Müsste der Staat was für machen. Steuern zahlen wir genug. Die könnten eigentlich paar Lehrer abstellen und sagen: Hier, macht mit den Kindern bisschen Nachhilfe! Ist meine Meinung. "

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