Der Oberst betet

Von Marc Thörner · 18.10.2011
Kundus, 4. September 2009. Oberst Georg Klein, der Kommandeur des deutschen Stützpunkts, meldet dem ISAF-Hauptquartier fälschlich "Feindkontakt", um den Luftangriff auf eine Menschenansammlung befehlen zu dürfen. Dann geht er in die Lagerkapelle und betet.
140 Afghanen sterben, unter ihnen viele Zivilisten. Warum wurde der deutsche Oberst nie bestraft? Wieso gilt er vielen in der Bundeswehr nicht als Täter, sondern als Opfer, als eine Märtyrerfigur?

Der Umgang mit dem Kommandeur fügt sich ein in eine schleichende Veränderung der Militärdoktrin, die sich jenseits der Bundeswehrreform auf einer ideologischen Ebene abspielt.

Obwohl auf die "Verteidigung des Rechtes und der Freiheit des deutschen Volkes" eingeschworen, arbeiten deutsche Offiziere mit kriminellen Milizenführern zusammen, unterstützen mafiöse Machthaber und leisten fundamentalistischen Tendenzen Vorschub.

Dafür bedarf es anderer Helden und Leitbilder als bisher – gelegentlich auch solcher, die an dunkle Kapitel der deutschen Vergangenheit erinnern.

DLF 2011