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Der Pflanzensucher

Im Dschungel, Wüste und Regenwald ständig unterwegs sein - das hört sich abenteuerlich an. Der Agrarwirt Thomas Friedrich hat dieses Abenteuer zu seinem Beruf gemacht: Seine Firma "Friedrich Nature Discovery" sucht im Auftrag von Pharma- und Biotechnologiefirmen Heil- und Duftpflanzen in den entlegensten Gegenden der Welt.

Von Martin Koch | 18.07.2008
    " Ich bin einer jener merkwürdigen Menschen, die nicht unter Heimweh sondern an Fernweh leiden. Und wenn ich mal länger als vierzehn Tage an einem Ort bin, dann zieht es mich schon mal weg."

    Dieser Leidenschaft ist Thomas Friedrich in den vergangenen zwanzig Jahren ausgiebig nachgegangen: Er war unter anderem in Nepal, Thailand und Kolumbien. Doch der 40-Jährige mit den kurzen schwarzen Haaren ist kein Hobby-Abenteurer, der sich den Kick holt, indem er mal als Tourist auf einem Elefant durch den Dschungel reitet. Im Gegenteil: Thomas Friedrich ist Agrarwirt und hat aus seinem Fernweh einen Beruf gemacht:

    " Die Idee meines Unternehmens, dass wir wenig erforschte pflanzliche Materialien aus fernen Ländern für deutsche aber auch europäische Pharma- und Biotechnologie-Unternehmen beschaffen, welche anschließend auf die Wirksamkeit für den pharmazeutischen Bereich getestet werden."

    Fast 5000 verschiedene Pflanzenarten hat er in den vergangenen zehn Jahren gesammelt, analysiert und an seine Kunden geliefert. Seit 2001 erledigt sein jüngerer Bruder Martin, ein Betriebswirt und Bankkaufmann, vom heimischen Euskirchen aus den administrativen Teil: Er führt Verhandlungen mit Auftraggebern, organisiert das Netzwerk der Lieferanten und besorgt offizielle Genehmigungen für Expeditionen. Ein Auftrag war besonders skurril, erinnert sich Thomas Friedrichs:

    " Beschaffen Sie uns traditionelle Heilpflanzen aus Westafrika, zum Beispiel Potenzmittel. Da war ich dann mit dem Moped auf den Pisten Burkina Fasos unterwegs oder in Ghana und habe die Wunderheiler befragt, welche traditionellen Heilpflanzen man als Potenzmittel verwendet. Das ist ganz lustig, die klopfen einem dann auf die Schulter und fragen: Woran liegt es denn, an dir oder deiner Frau. Und dann sag ich, nein, das ist fürs Labor, und die stellen dann was zusammen - und ich muss die Pflanzen identifizieren."

    Bei seiner Arbeit als Bio-Prospektor - so die exakte Berufsbezeichnung - kann Thomas Friedrich auf einen großen Erfahrungsschatz zurückgreifen: Expeditionen in fast 40 Länder der Erde bilden ein solides Fundament für das Unternehmen.

    " Wir arbeiten in einer Nische, bieten spezielle Pflanzen an, die kein anderer hat, wo kein anderer drankommt, zum Beispiel die Hertia, die hat noch nicht mal einen deutschen Namen, die wächst in Südostmarokko."

    Dort, wo Thomas Friedrich mittlerweile lebt. Auf einer seiner Reisen hatte er sich Anfang der neunziger Jahre in das Land verliebt, wollte dort etwas eigenes starten. Einige Jahre später kaufte er ein Stück Wüste am Rande des Atlasgebirges. Heute blickt er auf eine Erfolgsgeschichte zurück, die er komplett ohne Subventionen und staatliche Unterstützung verwirklicht hat:

    " Ich habe mit nichts angefangen, auch mit sehr geringen finanziellen Mitteln, aus zehn Hektar Brachland in Marokko eine blühende Olivenoase zu machen, ich habe noch eine Imkerei dabei mit 70 Kästen und eine Schäferei mit fast 1000 Tieren, Ziegen und Schafe. Ich bin einer der größten Arbeitgeber in der Region. "

    Immerhin zwanzig bis dreißig Leute arbeiten für ihn, in der Erntezeit sind es noch mehr - und jede Stelle ernährt eine fünf- bis achtköpfige Familie.

    Seit gut einem Jahr ist Thomas Friedrich mit einer Marokkanerin verheiratet. Mit ihr lebt er in der 50.000-Einwohner-Stadt Er-Rachidia. Aber zweimal im Monat fährt er für eine Woche zu seiner 160 Kilometer entfernten Plantage - und weitere Aufträge zum Pflanzensammeln stehen auch schon an. Ein unstetes Leben - aber genau so mag er es, sagt der Wüstenbewohner aus Euskirchen:

    " Man sagt ja, die Heimat ist da, wo man das Licht der Sterne erblickt hat, das ist für mich das Rheinland. Aber zuhause bin ich immer da, wo ich im Moment schlafe, lebe und wohne - und das sollte am liebsten kein Ort sein, wo ich länger als vierzehn Tage bin."

    Weitere Informationen unter:
    www.friedrichnaturediscovery.de