Freitag, 29. März 2024

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Der Phantom-Planet
Unvollkommene Himmelsmechanik

Um 1860 kannten die Astronomen im Sonnensystem acht Planeten, und sie hatten gelernt, die gegenseitigen Einflüsse der Planeten untereinander auf ihre jeweilige Bahnbewegung hin zu analysieren.

Von Hermann-Michael Hahn | 03.01.2017
    Aus solchen Berechnungen zur Bewegung des Uranus hatte der französische Astronom und Mathematiker Urbain Le Verrier 1846 sogar die Position des seinerzeit unbekannten Planeten Neptun abgeleitet.
    Anfang Januar 1860 verkündete Le Verrier in Paris die wahrscheinliche Existenz eines bislang unentdeckt gebliebenen weiteren Planeten, der die Sonne noch innerhalb der Merkurbahn umrunden sollte.
    Mit seiner Hilfe wollte Le Verrier eine ansonsten unerklärliche Besonderheit der Merkurbewegung begründen: Eine langsame, aber messbare und nach damaligem Kenntnisstand zu große Drehung der Bahn des innersten Planeten.
    Zahlreiche Himmelsbeobachter machten sich daraufhin auf die Suche nach Vulcan, wie Le Verrier den hypothetischen Planeten genannt hatte. Da dieser aufgrund seiner engen Bahn stets vom Glanz der Sonne überstrahlt werden sollte, würde man ihn nur bei totalen Sonnenfinsternissen sehen können oder dann, wenn er als dunkler Punkt vor der Sonnenscheibe entlang zog.
    Tatsächlich wurden etliche vermeintliche Sichtungen bei solchen Durchgängen vor der Sonne gemeldet, die sich jedoch allesamt als nicht mit der Theorie vereinbar erwiesen.
    Schließlich konnte Albert Einstein die scheinbar zu große Drehung der Merkurbahn mit Hilfe seiner Allgemeinen Relativitätstheorie vollständig erklären – ganz ohne den Planeten Vulcan.