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Designierte US-Erziehungsministerin
Milliardärin mit Bildungsauftrag

Sie wirkt wie das Abziehbild einer Dame aus der besseren Gesellschaft. Betsy DeVos, milliardenschwere Unternehmerin und Philanthropin. Ihr Auftrag: das amerikanische Bildungssystem reformieren. Kritiker werfen DeVos jedoch vor, sie habe von Bildungspolitik keine Ahnung.

Von Katja Ridderbusch | 04.02.2017
    Die designierte US-Bildungsministerin Betsy DeVos.
    Die designierte US-Bildungsministerin Betsy DeVos ist keine Trump-Gefolgsfrau der ersten Stunde (dpa/ picture alliance/ Jim Lo Scalzo)
    Es sei Zeit, dass Bildung in Amerika wieder groß geschrieben werde, sagte Betsy DeVos vor kurzem bei einer Kundgebung. Und zwar ohne starken Staat oder riesige Bürokratie.
    Betsy DeVos ist die Frau, die für Präsident Donald Trump das amerikanische Bildungs- und Erziehungswesen reformieren soll -- sehr zum Unmut ihrer Gegner. So erklärte der demokratische Senator Al Franken:
    "Sie ist eine Ideologin, und sie hat überhaupt keine Ahnung von Bildungspolitik. Das hat sie in ihrer Anhörung ganz klar gezeigt."
    Tatsächlich war DeVos während der Befragung im Senatsausschuss bei zahlreichen bildungspolitischen Details ins Straucheln geraten. So verwechselte sie bundes- und einzelstaatliche Gesetze. Die Debatte über eine behindertengerechte Ausstattung von Schulen war ihr unbekannt. Kritiker werfen ihr ferner vor, dass sie sich im Bereich Hochschulpolitik überhaupt nicht auskenne.
    Wer also ist Betsy DeVos? 59 Jahre alt, Mutter von vier Kindern, Geschäftsfrau und Philanthropin aus dem Bundesstaat Michigan, langjähriges Mitglied der Republikanischen Partei.
    Auf den ersten Blick wirkt sie wie das Abziehbild einer Dame aus der besseren Gesellschaft, die zum Ladies' Lunch in den Country Club geht -- adrett, dezent, eine Meisterin des Small Talk.
    Und außerdem: milliardenschwer.
    Die Höhe ihrer Spenden für die Republikaner wisse sie nicht, sagte DeVos bei der Anhörung im Ausschuss. 200 Millionen Dollar vielleicht?, fragte der demokratische Senator Bernie Sanders.
    Gut möglich, antwortete die Bewerberin.
    DeVos gehört zu einem mächtigen republikanischen Familienclan: Ihr Vater war Inhaber eines Automobilzulieferers, ihr Bruder Mitbegründer der umstrittenen Sicherheits- und Söldnerfirma Blackwater. Ihr Schwiegervater rief den Konsumgütergiganten Amway ins Leben.
    Keine Trump-Gefolgsfrau der ersten Stunde
    DeVos ist keine Trump-Gefolgsfrau der ersten Stunde. Noch im Vorwahlkampf hatte die den Immobilienmogul heftig kritisiert; er sei ein "Eindringling" in die Partei.
    Als Philanthropin engagiert sich DeVos schon seit Langem im Bildungswesen. Ihr Mantra: Freiheit bei der Schulwahl.
    Viele Eltern lehnten Bildung nach einem Einheitsmodell ab, sagt DeVos. Sie wollten Optionen für ihre Kinder - ob Privatschulen, Hausunterricht oder konfessionelle Schulen.
    DeVos' Plan: Eltern sollen steuerfinanzierte Gutscheine bekommen, die sie an den Schulen ihrer Wahl einlösen können. Damit hätten auch Kinder aus unterprivilegierten Familien die Möglichkeit, Privatschulen zu besuchen.
    Bildung als Business
    DeVos ist außerdem eine Verfechterin von Charter Schools. Das sind öffentliche Schulen, die von vielen staatlichen Regulierungen und Standards befreit sind - und damit auch von der Kontrolle durch die Schulbehörden.
    Bildung als Business - mit diesem Konzept untergrabe DeVos das öffentliche Schulsystem, beklagen Kritiker wie Lily Eskelsen Garcia, Chefin der amerikanischen Lehrergewerkschaft:
    "Wir sind alarmiert und entsetzt. Die Schüler werden den Preis für diese Privatisierung des öffentlichen Schulsystems bezahlen - vor allem Schüler, die besondere Förderung brauchen."
    Tatsächlich allerdings bedarf Amerikas Schulwesen dringend einer Reform. In den USA sind öffentliche Schulen an Wohnbezirke gekoppelt; entsprechend unterschiedlich ist deren Ausstattung und Qualität - je nachdem, ob sie im Getto oder am Golfplatz liegen. Eine Praxis, die die sozialen und ethnischen Gräben im Land noch weiter vertieft.