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Desinfektion mit Ozon
Wunderwaffe gegen Keime im Wasser

Wasser lässt sich nicht nur mit UV-Strahlen oder mit Chlor desinfizieren, auch Ozon hilft gegen die Keime. Bisher galt die sogenannte Ozonisierung allerdings in der Regel nur bei großen Wasseraufbereitungsanlagen als praktikabel. Das könnte sich in Zukunft ändern.

Von Lucian Haas | 16.12.2015
    Kinder spielen am 20.05.2014 im Freibad Prinzenbad in Berlin unter pilzförmigen Brunnen.
    Ozon-Minidesinfektionssysteme kommen bisher vor allem in Schwimmbädern zum Einsatz. (picture alliance / dpa / Hauke-Christian Dittrich)
    Im Keller der Firma Innovatec in Rheinbach bei Bonn, einem Spezialisten für Wasserdesinfektionssysteme. Der Geschäftsführer Dirk Schulze führt in das Entwicklungslabor.
    "Wir betreten jetzt gerade hier unser Technikum. Vor uns sehen wir den Teststand mit den entsprechenden Mess-Einrichtungen für die Ozonmessung."
    Eine Membran als Elektrolyt und Kathalysator
    Der Teststand ist ein auf den ersten Blick unübersichtliches Gewirr von Edelstahlrohren. Es gibt Dutzende Zu- und Ableitungen. Durch das Röhrensystem fließt Leitungswasser und wird dabei an kleinen Einsätzen vorbeigeleitet, die wie Zündkerzen aussehen. Funken schlagen sie allerdings nicht. An ihrer Spitze, die in die Wasserrohre hineinragt, sitzen kleine Plättchen aus einer speziellen Kunststoffmembran, nur wenige Millimeter groß. Die Membran dient als Elektrolyt und Katalysator. Legt man eine elektrische Spannung daran an, wird Wasser durch Elektrolyse in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten. Als Nebenprodukt entstehen an der Membran auch kleine Mengen Ozon, dessen Moleküle aus drei Sauerstoffatomen bestehen. Das Ozon wird – im Wasser gelöst – im Rohrsystem verteilt und wirkt dort desinfizierend. Denn Ozon tötet Bakterien.
    "Neu ist an den Zellen die extreme Miniaturisierung. Wir gehen nicht mit der großen Keule dran oder mit großen Mengen, sondern da, wo in einem Leitungssystem, zum Beispiel in einer Hausinstallation, Probleme auftauchen. Zum Beispiel mit Legionellen, wo man weiß, dass Legionellen sich irgendwo festsetzen können. Wie kommt man jetzt gezielt mit einem Desinfektionsmittel da ran? Da hilft eine solche kleine miniaturisierte Zelle."
    Wirksame und rückstandsfreie Alternative zu Chlor
    Wasser lässt sich auf verschiedene Weisen desinfizieren. Weit verbreitet ist der Einsatz von starkem UV-Licht oder der Zusatz von Chlor. In langen Rohrsystemen dringt die UV-Strahlung aber nicht weit vor, und Chlor hinterlässt einen störenden Geschmack. Ozon als Desinfektionsmittel ist eine wirksame und rückstandsfreie Alternative. Denn das Ozon wird schnell wieder zu normalem Sauerstoff abgebaut. Bisher wird die sogenannte Ozonisierung typischerweise in großen Wasseraufbereitungsanlagen eingesetzt, etwa in öffentlichen Schwimmbädern. Mit Innovatecs Miniatur-Ozongenerator lässt sich das Verfahren erstmals auch im Kleinen anwenden. Mit einer einzigen Mikrozelle lassen sich Wasserleitungen auf fünf bis zehn Metern Länge keimfrei halten.
    "Das sind etwa 30 bis 120 Milligramm Ozon pro Stunde, die wir produzieren können. Aber das sind eben Mengen, die für solche kleinen Systeme vollständig ausreichend sind, um eine Desinfektion durchzuführen."
    Lange keimfrei dank Mini-Ozon-Desinfektionssystemen
    Bei der Entwicklung der Ozon-Mikrozelle waren auch Forscher der Hochschule Bonn Rhein-Sieg beteiligt. Sie testeten, wie gut das System im Dauereinsatz funktioniert, und ob es auch hartnäckige Bakterienfilme an den Wänden von Wasserrohren auflösen kann. Gerd Knupp, Professor für Analytische Chemie, findet vor allem ein Ergebnis bemerkenswert:
    "Dass bei einer normalen Keimzahl, wie wir sie im Wasser haben, sagen wir zwischen 500 und 700 Keime im Milliliter, dass das nach Ozonisierung fast auf Null zurückgeht, und das über einen sehr sehr langen Zeitraum – zwischen neun und vierzehn Wochen. Also man hat eine sehr lange Zeit, wo man keine Rückverkeimung befürchten muss."
    Die möglichen Einsatzgebiete für Mini-Ozondesinfektionssysteme sind vielfältig. Hauswasseranlagen, Getränkeautomaten, aber auch die Frischwasserbehälter in Wohnmobilen, Booten und Zügen könnten damit auf unkomplizierte Weise keimfrei gehalten werden. Gerd Knupp sieht auch Chancen im medizinischen Einsatz in Entwicklungsländern.
    "Für Augentropfen, da brauchen sie keine technisch große Anlage, sondern sie brauchen vielleicht drei, vier Liter reinstes, desinfiziertes Wasser. Das könnte man mit so einem Ding in Mauretanien in der Wüste machen."
    Der kleine Ozongenerator benötigt nicht viel Strom. Eine kleine Batterie oder eine Solarzelle reichen dafür aus.