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Deutsch-französischer Motor
Endlich Antwort aus Berlin?

Bereits einen Tag nach der Bundestagswahl im September hatte Frankreichs Präsident einen umfassenden Entwurf für Reformen in Europa vorgelegt. Gemeinsam mit der deutschen Regierung würde er diese am liebsten angehen. Ob beim Besuch der Kanzlerin der Wunsch Macrons in Erfüllung geht?

Von Marcel Wagner | 16.03.2018
    Der seit knapp einem Jahr amtierende französische Staatschef wird am Freitag (16.03.2018) die neugewählte Kanzlerin im Élyséepalast empfangen. Mit seiner Wunschpartnerin für die Reform der EU will der 40-Jährige so schnell wie möglich an die Arbeit gehen. Foto: Geert Vanden Wijngaert/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron verlassen beim EU-Gipfel Arm in Arm eine Pressekonferenz. (dpa / picture alliance / Geert Vanden Wijngaert)
    Die erste Woche der neuen Bundesregierung ist auch eine deutsch-französische Woche. Nachdem am Mittwoch der neue Außenminister Heiko Maas schon in Paris war, reisen am heutigen Freitag erst Finanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz und am Abend dann Angela Merkel zu Antrittsbesuchen in die französische Hauptstadt. Dort möchte Präsident Emmanuel Macron vor allem wissen, wie und wann es mit seinen Reformvorschlägen für Europa weitergeht. Doch er weiß auch: eine einfache Antwort darauf wird er wohl nicht bekommen.
    Die offizielle Gratulation aus Paris kam über Twitter: Als Angela Merkel am Mittwoch im Bundestag zum vierten Mal zur Kanzlerin gewählt worden war, da schrieb Frankreichs Präsident Emmanuel Macron:
    "Glückwunsch an Kanzlerin Angela Merkel. Handeln wir gemeinsam um Europa voranzubringen. Schneller und stärker."
    Schneller und stärker – das ist wohl der große Wunschgedanke des Präsidenten: Das scharren mit den Hufen in Paris dürfte in den vergangenen Monaten wohl bis nach Berlin hörbar gewesen sein. Bereits einen Tag nach der Bundestagswahl im September hatte Emmanuel Macron schließlich einen großen Entwurf für Reformen in Europa, der EU und der Eurozone präsentiert. Diese Reformen dachte er mit einer neuen Regierung in Deutschland so schnell wie möglich angehen zu können. Seitdem wartete er auf Antworten aus Berlin, ganz einfach, weil keine Regierung da war, die diese Antworten hätte geben können. Jetzt gibt es diese Regierung. Und im ZDF-Interview versprach die neue, alte Kanzlerin Angela Merkel auch, Macron bald erste Antworten zu geben:
    "Ich glaube, wir werden jetzt sehr schnell als neue Bundesregierung mit Emmanuel Macron und mit Frankreich auch bestimmte Pfade abstecken. Und dafür war die Bildung einer neuen Regierung wichtig."
    Deutschland und Frankreich weitgehend auf einer Wellenlänge
    Nun gibt es in Europa viele Themen, da sind Deutschland und Frankreich weitgehend auf einer Wellenlänge. Den Schutz der Außengrenzen. Eine enge Zusammenarbeit bei der Verteidigung etwa. Aber es gibt eben auch deutlich unterschiedliche Ansichten, besonders beim Thema Finanzen. Zwar wies die Kanzlerin darauf hin, dass die Regierung laut Koalitionsvertrag bereit sei, mehr Geld nach Brüssel zu überweisen. Sagte aber auch:
    "Was wir nicht wollen ist, sozusagen Haftung und Verantwortung durcheinander zu bringen oder Schulden einfach zu vergemeinschaften, ohne wettbewerbsfähig zu werden. Daran wird sich nichts ändern."
    Nur hat Präsident Macron längst und immer wieder betont: "Es geht nicht darum, alte Schulden zu vergemeinschaften. Es geht nicht darum, die Finanzprobleme irgendeines Staates zu lösen."
    Dass die Kanzlerin solche Vorbehalte trotzdem wiederholt, dient auch dazu, Kritiker in den eigenen Reihen zu besänftigen, die zu viel Nachgiebigkeit fürchten, das weiß auch Emmanuel Macron. Genauso, wie er weiß, dass die SPD sich nur zu gern auf die Fahnen schreiben würde, gegen die CDU mit ihm das Projekt Europa vorangebracht zu haben. Dass seine Reformvorschläge für Europa allerdings zum Spaltpilz in der deutschen Koalition werden, das dürfte Macron gar nicht Recht sein, schließlich wäre das fast schon eine Garantie dafür, dass es nicht vorangeht.
    Vielleicht ist auch deshalb der sonst so forsche Präsident in den vergangenen Wochen deutlich zurückhaltender geworden, was die Erwartungen, aber auch die Liebesbeweise in Richtung Deutschland angeht. Schließlich stellte er kürzlich im Interview mit der FAZ selbst fest:
    "Wenn sich Deutschland nicht bewegt, ist ein Teil meines Projekts zum Scheitern verurteilt."