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Deutsch-griechische Rüstungsdeals
Die fetten Jahre sind vorbei

Jahrelang hatte Griechenland, gemessen an der Größe der Bevölkerung, die mit Abstand größte Armee der EU. Deutsche Rüstungsunternehmen verdienten kräftig an ihr - auch mithilfe von Schmiergeldzahlungen. Doch seit der Schuldenkrise wurde die Armee verkleinert und der Militäretat steht vor weiteren Kürzungen.

Von Benjamin Hammer | 01.07.2015
    Ein Panzer KPz Leopard 2 A6 EX fährt am 15.7.2002 auf einer Teststrecke der Krauss-Maffei-Wegmann GmbH in München
    Der Lepoard-2-Panzer - Liebling des griechischen Militärs. (picture-alliance / dpa/dpaweb / Matthias Schrader)
    Griechischer Nationalfeiertag, 25. März 2015. Die griechische Armee marschiert durch Athen. Und Deutschland und Griechenland sind dabei enge Freunde. Diesen Eindruck bekommt man zumindest, wenn man sich die Bilder der Militärparade anschaut.
    Da fährt zum Beispiel ein Leopard-2-Panzer durchs Bild, ein Produkt der deutschen Rüstungsindustrie und so etwas wie der Liebling von Griechenlands Militärs. Die Armee hat mehr deutsche Panzer in ihren Reihen als die Bundeswehr. Jahrelang hatte Griechenland, gemessen an der Größe der Bevölkerung, die mit Abstand größte Armee der EU. Und deutsche Rüstungsunternehmen verdienten kräftig mit.
    "Natürlich fühle ich, dass ich am falschen Ort bin. Also: Ich sollte zu Hause sein."
    Tasos Telloglou, investigativer Journalist aus Griechenland. Heute in Berlin, in Gedanken aber bei seiner Familie in Griechenland. Telloglou nimmt in Berlin an einer Veranstaltung von Friedensaktivisten teil. Eine der Organisationen nennt sich "Respekt für Griechenland", die politischen Stiftungen der Grünen und der Linken unterstützen die Sache. Telloglou soll heute über Korruptionsfälle bei Rüstungsgeschäften in Griechenland sprechen. Die Unternehmen, die dabei geschmiert haben sollen, kommen aus Deutschland.
    Mit dem Euro kam das deutsche Militärmaterial
    Dass man sich ausgerechnet in dieser Woche mit dem Thema beschäftige? Das sei Zufall, sagen die Veranstalter. An diesem Abend wird jedoch klar: So ganz ungelegen kommt den Organisatoren diese Überschneidung nicht. Griechenland, sagt der Journalist Telloglou, habe Jahrzehnte lang auf Waffen aus den USA gesetzt. Mit dem Euro habe sich das jedoch geändert:
    "In der Nähe des Beitritts Griechenlands zur Währungsunion wurde das deutsche Militärmaterial mehr und mehr, proportional. Und die wichtigsten Verträge im letzten Jahrzehnt liefen über deutsche Rüstungsfirmen."
    Ein Beispiel für solche Verträge ist die Bestellung der Griechen über 170 Leopard-2-Panzer vor rund zehn Jahren. Paketpreis: 1,7 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Das ist ungefähr so viel wie die Kreditrate, die Griechenland gestern nicht an den Internationalen Währungsfonds geleistet hat.
    Auch Andrew Feinstein ist nach Berlin gekommen. Er saß für den ANC einst im Parlament Südafrikas, sah die Korruption bei Rüstungsgeschäften in seinem Land und trat zurück. Heute gilt der Buchautor als einer der renommiertesten Experten für Schmiergeldzahlungen im Rüstungsbereich. Und hat auch ein Auge auf die deutsch-griechischen Rüstungsdeals:
    "Man kann sagen: Die deutschen Rüstungsfirmen hatten Talent. Aber das ist nicht die Art von Talent, die wir fördern sollten. Sie konnten gut manipulieren. Sie haben den Griechen Dinge verkauft, die später nicht geliefert wurden. Sie haben es geschafft, extrem hohe Preise zu berechnen. Für Ausrüstung, die zum Teil viel zu gigantisch war für die Griechen. Meiner Meinung nach haben sie dabei illegale Methoden eingesetzt."
    Rheinmetall gestand 2014 Schmiergeldzahlungen
    Mehrere dieser illegalen Methoden sind aktenkundig. So gestand der Konzern Rheinmetall Ende 2014 ein, Schmiergeld in Griechenland gezahlt zu haben. Dabei ging es um den Verkauf eines Luftabwehrsystems. Gegenüber diesem Sender erklärte Rheinmetall: Man habe umfangreiche Maßnahmen ergriffen, damit sich solche Fälle in Zukunft nicht wiederholen.
    Die übergroße Armee der Griechen wurde seit Beginn der Schuldenkrise deutlich verkleinert. Jetzt ringen Athen und Brüssel darum, ob der Militäretat um 200 oder 400 Millionen Euro verkleinert werden soll. Bei 400 Millionen Euro, so heißt es aus dem griechischen Verteidigungsministerium, können wir uns keine Schuhe mehr für unsere Wehrpflichtigen leisten. Sicher scheint: Für Deutschlands Rüstungsindustrie wird es in den kommenden Jahren weniger Aufträge aus Griechenland geben. Schmiergeld hin oder her.