Donnerstag, 18. April 2024

Archiv

Deutsche Bahn
Proteste gegen Job-Abbau im Güterverkehr

Der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn steht bei seiner heutigen Strategiesitzung unter Druck. Nach andauernden Verlusten in der Gütersparte sollen zahlreiche Verladestationen schließen und Stellen abgebaut werden. Das unausgereifte Sanierungskonzept führte zu Protesten in Berlin.

Von Dieter Nürnberger | 08.06.2016
    Beschäftigte und Gewerkschaften demonstrieren am 08.06.2016 vor dem Bahntower der Deutschen Bahn in Berlin gegen die Beschäftigungspolitik des Unternehmens anläßlich der Sitzung des Aufsichtsrats. Die Kundgebung richtet sich gegen den geplanten Abbau von 3000 Arbeitsplätzen im Zuge des Sanierungskonzepts.
    Beschäftigte und Gewerkschaften demonstrieren in Berlin gegen die Beschäftigungspolitik des Unternehmens anläßlich der Sitzung des Aufsichtsrats (picture alliance / dpa / Wolfgang Kumm)
    Vor Beginn der Aufsichtsratssitzung der Deutschen Bahn wurde es laut. Mehrere Hundert Beschäftigte des Schienengüterverkehrs waren angereist, um ihren Unmut über einen drohenden Stellenabbau kundzutun. "Stoppt die Jobkiller bei der Bahn" stand auf Transparenten. Die Verunsicherung unter den Beschäftigten sei groß, so eine Mitarbeiterin bei DB Cargo, die extra aus Mannheim nach Berlin gekommen war:
    "Dass Stellen abgebaut werden, jahrelang schon - das hört einfach nicht auf. Die Kollegen sind frustriert und möchten ihre Arbeit machen."
    Der Aufsichtsrat, das Kontrollgremium des bundeseigenen Konzerns, wird heute über Sanierungsschritte beraten, wonach bundesweit über 200 kleinere Verladestationen und voraussichtlich rund 2.100 Arbeitsplätze wegfallen sollen. Ein falscher Schritt, sagen der Betriebsrat und die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG. Laut Angaben der Arbeitnehmervertretungen stehen derzeit sogar 3.000 Stellen zur Disposition. Die Bahn verweist auf derzeitige Verluste in der Güterverkehrsparte DB Cargo, EVG-Vorsitzender Alexander Kirchner spricht hingegen von falschen Weichenstellungen in diesem Bereich:
    "Die Frage ist ja, warum dieser Bereich defizitär ist. Weil es eine falsche Unternehmens- und Verkehrspolitik gibt. Wir brauchen die Mitarbeiter. Schon heute ist es so, dass wir zu wenig, und nicht zu viel Mitarbeiter haben."
    Hohe Verluste an die Konkurrenz
    Vor drei Monaten legte die Deutsche Bahn AG ihre Jahresbilanz 2015 vor. Im Bereich Schienengüterverkehr belief sich das Defizit auf 183 Millionen Euro. Die Cargo-Sparte mit derzeit rund 17.500 Mitarbeitern hat 2015 Marktanteile an die Konkurrenz verloren. Vorstandsmitglied Berthold Huber begründete die geplanten Sanierungsschritte mit dem Minus im Güterverkehr der Deutschen Bahn.
    "Dass der Umbau des Güterverkehrs notwendig ist, wird aus den Zahlen deutlich. Ich bin sicher, dass wir am Ende da eine Lösung finden werden, die die Voraussetzung dafür schafft, wieder zu wachsen. Dass wir diese auch mit den Arbeitnehmern gemeinsam schaffen können."
    "Güterverkehr wieder auf die Schiene verlagern"
    Gewerkschaftschef Aufsichtsratsmitglied Alexander Kirchner kündigte heute auf der Kundgebung an, den Sanierungsschritten nicht zuzustimmen. Er fordert im Cargo-Bereich ein Wachstumskonzept bis zum Jahr 2030. Unterstützung erhält die EVG auch von der Politik. So kritisierte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) in einem Interview mit der Rheinischen Post, dass es Ziel sein müsse, den Güterverkehr wieder vermehrt auf die Schiene zu verlagern. Die SPD-Verkehrsexpertin und Bundestagsabgeordnete Annette Sawade griff diesen Klimaschutzaspekt in ihrer Rede vor den Gewerkschaftern ebenfalls auf:
    "Wir haben beschlossen, bis 2020 den Schienengüterverkehr auf 43 Prozent zu steigern. Das sind nur noch 4 Jahre, wie soll das denn gehen? Deshalb können wir hier nicht abbauen, sondern aufbauen."
    Der Bahnkonzern betont, dass die betroffenen Güterverteilstationen nicht völlig stillgelegt werden sollen, sondern bei besserer Auftragslage auch wieder angefahren werden könnten. Ob es heute bei der Aufsichtsratssitzung schon ein beschlussreifes Konzept geben wird, ist offen.