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Deutsche Bank
Neu-Chef Cryan vor schwieriger Aufgabe

Die Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen und Anshu Jain, waren in der Vergangenheit unter Druck geraten. Nun wird die Doppelspitze von John Cryan abgelöst. Der 54-jährige Brite steht am Anfang eines schwierigen Weges - unter Beobachtung und mit Investoren-Erwartungen.

01.07.2015
    John Cryan, ab dem 1. Juli Co-Vorsitzender der Deutschen Bank, auf einer Aufnahme aus dem Jahr 2011.
    John Cryan, ab dem 1. Juli Co-Vorsitzender der Deutschen Bank, auf einer Aufnahme aus dem Jahr 2011. (AFP / Sebastian Derungs)
    Der Ruf der Deutschen Bank ist weitgehend ruiniert. Das weiß John Cryan, der heute an deren Spitze rücken wird - zunächst noch als Ko-Vorstandschef neben Jürgen Fitschen, von Ende Mai kommenden Jahres dann als alleiniger Chef. Cryan ist Brite - wie sein indisch-stämmiger Vorgänger Anshu Jain. Aber er hat einen Vorteil: Er spricht gut deutsch. Das hilft bei der Kommunikation mit den Aktionären, aber auch mit der Politik.
    Cryan aber hat unter anderem als Finanzchef der UBS gearbeitet, er half, das schweizerische Bankhaus in der Krise zwischen 2008 und 2011 wieder in die Spur zu bringen. Das muss er auch bei der Deutschen Bank leisten. Klaus Nieding, Vizepräsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, warnt aber:
    "Bei der Deutschen Bank ändert sich nichts von heute auf morgen, dadurch, dass man die Figuren an der Spitze austauscht."
    Ausgestaltung der Strategie wird erwartet
    Denn Cryan steht am Anfang eines schwierigen Wegs. Die Investoren erwarten von ihm vor allem die Ausgestaltung der Strategie. Das, was die Doppelspitze, Anshu Jain und Jürgen Fitschen, Ende April vorgestellt hatte, war nicht mehr als eine Art Skizze: Die Tochter Postbank soll verkauft werden, der Rest des Privatkundengeschäfts als auch das Investmentbanking neu ausgerichtet werden. Von beidem verstehe er etwas, sagt Wieslaw Jurczenko, ehemals Leiter des Controlling bei der UBS:
    "Er ist zwar gelernter Investmentbanker, hat aber großes Verständnis für das Universalbankgeschäft, kennt also beide Seiten. Insoweit ist das durchaus ein Vorteil, im Bezug auf die Belegschaft, aber natürlich auch im Bezug auf die Führung des Geschäfts."
    Der 54-jährige Brite soll die Strategie, die er als bisheriger Aufsichtsrat der Deutschen Bank mit gebilligt hat, nun mit Leben füllen, vor allem Details ausarbeiten. Denn die entscheiden über den Erfolg des Geldhauses. An der grundsätzlichen Ausrichtung werde sich aber nichts ändern, glauben Beobachter.
    Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht wird Cryan beobachten
    Nicht nur Investoren schauen genau hin, was Cryan anstoßen wird in der Bank. Auch die Aufsicht wird ihn genau beobachten. So sagt Felix Hufeld, Präsident der BaFin, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht:
    "Er hat sicherlich eine gewaltige Aufgabe vor sich, es ist sicherlich ja auch ein gewaltiges, großes, wichtiges Institut für unser Land. Ich wünsche Herrn Cryan nur das Beste. Und neben der Umsetzung der von der Deutschen Bank neu formulierten Strategie ist es sicherlich eine Priorität, auch besonders aus aufsichtlicher Sicht, für belastbare, robuste Prozesse zu sorgen, mit denen die Vielfalt der Geschäfte in diesem komplexen Institut sicher abgewickelt werden kann."
    Damit spricht der oberste deutsche Bankenaufseher ein heikles Problem an: Die Führungsspitze sollte wissen, was im Haus vor sich geht, daran hatte es unter seinem Vorgänger Jain offensichtlich gehapert. Der hatte zwar seine Gefolgschaft, Anshu's army genannt, aber dass Cryan keine Seilschaften in der Bank hat, das sei eher ein Vorteil für ihn, sagt Stefan Bongardt, Analyst von Independent Research:
    "Von daher kann es eigentlich für die Deutsche Bank in dem Augenblick nur eine Chance sein zu sagen, wir fangen mit neuen Leuten an, mit neuen Leuten im Kapitalmarktgeschäft, die unverbraucht sind., ich denke, dass das zumindest jetzt so die Richtung ist, die man bei Wettbewerbern sieht und die auch bei Investoren gut ankommt."
    Denn ohne Seilschaften kann er wohl auch besser aufräumen. Und das trauen ihm die Meisten zu. Er gilt als unprätentiöser Macher, der stets an der Sache orientiert ist.