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Deutsche eScience bekommt Auftrieb

Die Bundesministerin für Bildung und Forschung Edelgard Bulmahn bediente sich am Mittwoch großer Worte, als sie das Global Grid Forum in Berlin eröffnete:

Von Maximilian Schönherr | 13.03.2004
    Meine Damen und Herren, Sie arbeiten mit Ihren Kollegen zusammen am Internet von morgen. Mein Ministerium ist dazu bereit, diese Forschung zu unterstützen, vorausgesetzt, wir haben die Unterstützung einer gemeinsamen, nationalen Initiative von Wissenschaftlern in Deutschland.

    Während die Rede bei dem vorwiegend internationalen Publikum wie ein freundliches Grußwort ankam, hätten die deutschen Grid-Experten die Ministerin am liebsten umarmt. Den dünnen Signalen der letzten Monate, wo man den Eindruck hatte, Berlin verschläft hier eine global wichtige Entwicklung, nun endlich grünes Licht! England wird man nie einholen, aber ein Anfang ist gemacht. Frau Bulmahn zeigte, dass sie die Bedeutung einer deutsche Grid-Initiative und des damit verbundenen neuen Forsches ("eScience") verstanden hat. Natürlich nannte sie noch keine konkreten Förderbeträge, weil sie, so vermutet Gastgeber Alexander Reinefeld...

    .... in ihrem Ministerium erst die einzelnen Referate ansprechen muss. Das Problem bei der eScience ist ja gerade, dass es nicht um einzelne Disziplinen geht, sondern um die Zusammenarbeit dieser Disziplinen untereinander. Also beispielsweise gibt es Physiker, Chemiker, Informatiker und Klimawissenschaftler, die die Ressourcen gemeinsam nutzen wollen. Das heißt, es ist referats-übergreifend. Insofern ist das für Frau Bulmahn auch keine leichte Aufgabe.

    Ja, was ist eScience (enhanced - angereicherte - Wissenschaft), was ist ein deutsches Grid? Es ist der Versuch, die Großrechnerkapazitäten in den deutschen Forschungseinrichtungen und Teilen der Industrie so zu verbinden, dass der einzelne Wissenschaftler den Eindruck hat, statt an seiner kleinen Workstation mit 1 Gigabyte Arbeitsspeicher, 2 Gigahertz Taktfrequenz und 100 Gigabyte Festplatte an einer von ihrer Speicherkapazität und Rechenleistung quasi unerschöpflich wirkenden Maschine zu sitzen, eben dem Grid.

    Es ist tatsächlich eine Art Internet der Zukunft, das – wie das alte Internet ursprünglich nur dem Militär und der Forschung diente, bevor es die Massen erreichte – nach seinen Anfängen auch den Umgang jedes Einzelnen mit Wissen im Netz verändern wird.

    In zwei Jahren wird es ernst, wenn der Large Hadron Collider so viele Daten pro Sekunde ausspucken wird, dass kein Rechner, ja kein Großrechner damit fertig wird.

    Mit normalem Surfen, wie wir das heute kennen, hat das nichts zu tun; hier muss etwas Neues her. Kein Wildwuchs an Ideen, sondern Standards bitteschön! Einige Dutzend Arbeitsgruppen der Global Grid Community trieben die Standardisierung an Berlins Humboldt-Universität voran. Mühsame Detailarbeit mit viel Diskussionsbedarf, wie hier, im Audimax, wo es um Datenstrukturen und –Köpfe – also "Headers” ging, welche Daten in welcher Form durch den ganzen Grid-Prozess wandern müssen, ohne den Anfragenden, der etwas wissen will, und die Black Box dahinter, mit Dingen zu belasten, die sie gar nicht wissen brauchen.

    Auch wenn die Industrie, allen voran IBM, ein reges kommerzielles Interesse am Grid hat – hier traut sich keiner, geheime Süppchen zu kochen. Alle Standards, aller Code liegt offen. Der Diskussionsbedarf ist so stark, dass sich die Grid-Experten vierteljährlich treffen - diese Woche übrigens erstmals in Deutschland, im Juni dann auf Hawaii.

    Abgesehen von den Feinheiten der Standards – wofür braucht die deutsche eScience-Initiative jetzt konkret Geld? Gastgeber Alexander Reinefeld:

    Derzeit ist ein großes Problem der Aufbau so genannter Middleware, die genau die gemeinsame Nutzung der verteilten Systeme bewerkstelligt. Ein zweites Problem ist, in die Anwendungsschichten hineinzugehen, das heißt, gewisse Anwendungen Grid-fähig zu machen, damit sie verteilt im Netzwerk ablaufen.