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Volleyball-Bundesliga der Frauen
Expansion in der Corona-Krise

Die Volleyball-Bundesliga der Frauen setzt ungeachtet der Corona-Krise auf einen Expansionskurs. Die Liga soll schon bald auf 16 Vereine aufgestockt werden. Ein Förderprogramm für Zweitligisten ist angelaufen, denn besonders finanziell klafft eine Riesenlücke zur Eliteliga.

Von Heinz Peter Kreuzer | 14.11.2020
Spielerinnen von SC Potsdam beim Spiel der Volleyball-Bundesliga gegen MTV Stuttgart
Freude über den Aufschwung in der Volleyball-Bundesliga: Spielerinnen von SC Potsdam (Pressefoto Herbert Rudel / picture alliance)
Die Volleyball-Bundesliga der Frauen will ihren Boom nutzen. Die Liga hat sich in den vergangenen sechs Jahren professionalisiert, die Zuschauerzahlen sind deutlich gestiegen, sie verzeichnet eine wachsende TV-Präsenz auf Sport 1 und dem Streamingdienst sporttotal.tv und auch die Etats werden immer höher. Klaus-Peter Jung, Geschäftsführer der Volleyball-Bundesliga VBL:
"Wir sind an der Spitze im Frauen-Teamsport in Deutschland. Wo kann da die Reise hingehen? Und man hat sich zum Ziel gesetzt, innerhalb der nächsten fünf Jahre sich so zu entwickeln, dass sie zu den Top-drei-Lgen in Europa gehört. Das bedeutet, dass man an der Stelle einmal die Präsenz in Deutschland weiter verdichten muss."
VBL will Aufstockung auf 16 Teams
Momentan spielen elf Teams in der Frauen-Bundesliga. In den kommenden Jahren soll auf 16 Klubs aufgestockt werden. Dafür müssen entsprechende Standorte in Deutschland gefunden werden - dies würde auch die Sportart insgesamt voranbringen, meint Liga-Sprecher André Wehnert, gleichzeitig Geschäftsführer der Roten Raben Vilsbiburg:
"Will man dieses Ziel auch erreichen, viele Mannschaften bestmöglich, sag ich jetzt mal so 16 Mannschaften, in der ersten Bundesliga zu haben, um viele Leuchttürme über die ganze Republik verteilt zu haben und damit natürlich auch eine höhere Aufmerksamkeit gewinnen zu können, also Präsenz zu haben, die auch dann fürs Fernsehen interessant ist. Um den Sport natürlich dann auch dadurch weiterzubringen."
Mit diversen Hilfsmaßnahmen sollten interessierte Zweitligisten auf Erstliganiveau gehoben werden. Ambitionierte Zweitligisten können sich bewerben, auch wenn sie auf keinem Aufstiegsplatz stehen. Und für die ersten zwei Jahre ist auch der Abstieg ausgesetzt. Bei den ausgewählten Bewerbern aus der 2. Liga werden hauptamtliche Stellen geschaffen. Finanziert wird das aus einem Fördertopf der Erstligisten, die einen fast sechsstelligen Betrag eingezahlt haben. Dazu kommen Patenschaften der Erstligisten, die die Liga-Neulingen in Management-Fragen beraten sollen. Die Hilfe ist nötig: Denn noch ist der Abstand zwischen 1. und 2. Bundesliga enorm. Dirk Groß, Trainer des Zweitligisten VC Neuwied, der sich sich um einen Platz beworben hat:
Große Differenzen zwischen erster und zweiter Liga
"Also generell ist natürlich die zweite Bundesliga leider immer noch die Speerspitze des deutschen Breitensports."
Schon die Differenz in den Etats der Vereine ist riesig. Die Top-Zweitligisten haben gerade einmal eine Viertel Million Euro zur Verfügung. Im Oberhaus liegen die Budgets zwischen knapp 700.000 und zweieinhalb Millionen Euro. Eine weitere Hürde nennt VBL-Chef Jung:
"Die größten Probleme, das haben uns unsere Zweitligisten mitgeteilt, ist tatsächlich die Umsetzung vom Ehrenamt. Die verantwortlichen Leute in diesen Zweitligaklubs gehen ganz normal wie Sie und ich zur Arbeit und machen am Wochenende das Management eines Zweitligisten abends oder eben auch tagsüber zwischendurch. Soweit das möglich ist. Damit kann man einen Erstligabetrieb nicht fahren, das wissen die auch."
Erste Entscheidungen bis Mitte Dezember
Bis Mitte Dezember fällt die Entscheidung, welcher Verein als Erster in die Bundesliga aufsteigt, weitere sollen in den kommenden Jahren folgen. Das Förderprogramm für die Umsetzung der Professionalisierung dauert insgesamt fünf Jahre. Finanzen, Sponsoren, Bereitschaft zur Weiterentwicklung, das seien wichtige Kriterien für eine Zusage, meint Dirk Groß vom Bewerber Neuwied:
"Damit die VBL sagt: Okay, wir wollen auf dieses Pferd setzen, in den nächsten vier, fünf Jahren, damit es auch keine Totgeburt wird, sondern die sollen ja eben das Ziel haben. Das wird auch durchhalten, denn wir wollen ja in fünf Jahren normaler Erstligaverein sein. Und dementsprechend muss sich die Volleyball-Liga ja auch absichern. Aber gleichzeitig bieten sie natürlich auch ein großes Maßnahmen Paket an, damit wir das ein bisschen einfacher haben."
Ein weiterer Punkt: Die Nachwuchsarbeit soll gefördert werden. Momentan durchlaufen alle Erstligastandorte mit dem Institut für Spielanalyse aus Potsdam ein Audit-Verfahren. Liga-Chef Jung:
"Das Ziel dieses Audits ist, einmal den Status quo festzustellen, an allen Standorten, aber dann auch die Entwicklungsmöglichkeiten und Potenziale zu verifizieren und die Vereine dahin zu bringen, dass jeder Standort einen eigenen Nachwuchs Leistungsstützpunkt haben muss. Das ist auch im Strukturprogramms so verankert."
B-Nationalmannschaft mit Blick nach Europa
In der Nachwuchsarbeit liegt der Dresdner SC vorne. Dort stehen vier junge deutsche Spielerinnen in der Startformation. Die Aufwertung der Nachwuchsarbeit geht mit der Förderung der Nationalmannschaft einher. Bundestrainer Felix Koslowski ist in Personalunion Trainer des Schweriner SC. Mittelfristig soll er nur noch als Bundestrainer tätig sein, um sich dann auch dem Nachwuchsbereich zu widmen. Außerdem wollen Liga und Deutscher Volleyball-Verband DVV eine B-Nationalmannschaft etablieren. Klaus-Peter Jung:
"Die B-Nationalmannschaft kann zum einen eine gute Entwicklungsmöglichkeiten für die jungen Talente in den Bundesligaklubs sein, zum anderen aber auch für Spätstarter, wo die Leistungen in den jüngeren Jahren noch nicht so da war, die dort an die A-Nationalmannschaft über eine B-Nationalmannschaft heranzuführen. Und die Bundesliga hat sich bereit erklärt, hier auch Mittel zur Verfügung zu stellen."
Diese Verzahnung von Liga und Verband soll den deutschen Frauen-Volleyball in Europas Spitze bringen.