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Deutsche Reisende mit großen Bargeldsummen

Die luxemburgische Regierung hat angekündigt, ihr Bankgeheimnis zu lockern. Seitdem versuchen einige Deutsche ihr Geld aus dem kleinen Fürstentum, wo es sich jahrelang am deutschen Fiskus vorbei vermehrte, zurückzuholen. Vor allem der Zoll im Grenzgebiet spürt das. Eine Einsatzbegleitung.

Von Tonia Koch | 11.06.2013
    Die Kelle senkt sich für ein Fahrzeug eines deutschen Premiumherstellers. Es ist eines der Ersten, das von den Beamten aus dem fließenden Verkehr heraus gewunken wird.

    "Guten Morgen, deutsche Zollkontrolle…."

    Der Fahrer stammt, das lässt das Kennzeichen vermuten, aus der Gegend. Die Beamten kontrollieren stets zu zweit, Horst Geib belehrt den Rentner.

    "Herr Ganz, ich stelle Ihnen jetzt eine Frage, bitte höre Sie mir genau zu. Ja. Bitte melden Sie mir alles mitgebrachte Bargeld, Wertpapiere, Schecks, Wechsel, gleichgestellte Zahlungsmittel an, die den Wert von 10.000 Euro haben oder übersteigen."

    "Nee, hab’ ich nich. Ich glaube, Bargeld ist noch drin, sonst hab’ ich kein Geld dabei."

    Helmut Ganz zückt sein Portemonnaie, während der Beamte fortfährt.

    "Wir werden Sie jetzt kontrollieren, wir werden das Fahrzeug kontrollieren, und wenn Sie uns unrichtige Angaben gemacht haben, ist das eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer empfindlichen Geldstrafe geahndet werden kann."

    Der Rentner kommt direkt vom Bankschalter eines luxemburgischen Grenzstädtchens an der Mosel.

    "Ich war auf meiner Bank eben, in Remich."

    Den Namen des Geldinstituts hat er auf Anhieb nicht parat. Aber den Kontostand.

    "Das was im Moment noch da ist, sind 300.000."

    Bislang besteuern die Luxemburger die Erträge von Kapitalanlagen ausländischer Kunden anonym, das heißt, zum Beispiel der deutsche Fiskus erhält eine pauschale Steuergutschrift. Dieses Verfahren ändert sich, sobald sich das Großherzogtum am sogenannten automatischen Informationsaustausch beteiligt. Den deutschen Finanzämtern werden dann die Namen von Sparern und Anlegern, die Zinserträge erzielen, automatisch mitgeteilt. So mancher scheut diese Form der Transparenz und versucht deshalb, sein Geld unbemerkt in die Heimat zurück zu schleusen. Die Zahl der ‚Selbstabholer’, im deutsch-luxemburgischen Grenzgebiet, die mit kleineren und größeren Bargeldsummen unterwegs sind, wächst.

    "Die Dame, die wir gerade kontrolliert haben, sagt, sie hat 9.900 Euro in bar dabei. Sie hat uns eine Mappe ausgehändigt, in der sich das Geld befindet und wir werden jetzt zählen, ob das auch der Wahrheit entspricht."

    Die Angaben stimmen. Und mit 9.900 Euro liegt die Dame exakt 100 Euro unter der Grenze zur Meldepflicht. Nur wer 10.000 Euro und mehr bei sich trägt, der muss einen Nachweis darüber führen, wo das Geld herstammt, um sich nicht dem Verdacht der Geldwäsche auszusetzen. Die Summe hat sie von ihrem Luxemburger Konto abgehoben. Franz-Josef Fries fragt daraufhin intensiv nach.

    "Sie hat angegeben, dass das Geld seit circa zehn Jahren in Luxemburg hat. Dann hat sie auch noch den Betrag genannt, wie hoch der Betrag ist. Aus dem Grunde besteht der Verdacht der Kapitalertragssteuerhinterziehung. Deshalb auch eine Kontrollmitteilung – über das Hauptzollamt - an das zuständige Finanzamt der Frau."

    Nach drei Stunden Kontrolle gehen insgesamt sechs Benachrichtigungen an deutsche Finanzämter. Darunter ist auch das Finanzamt eines Paares aus dem Rhein-Main Gebiet. Es zeigt zwei Geldbündel mit mehreren Tausend Euro und mehreren Tausend Dollar vor. Diese stammten, das beteuern die beiden von der Hausbank in Deutschland.

    "Er wollte sie haben, die Dollars, weil er irgendwo hier in der Nähe Schmuckstücke kaufen wollte, weil man normalerweise Schmuck nur mit Dollar bezahlt."

    Bei dieser Antwort zieht der Beamte die Augenbrauen in die Höhe und der Anflug eines Lächelns huscht über sein Gesicht.

    Die beiden Insassen eines Fahrzeugs mit baden-württembergischen Kennzeichen haben ihre Ausweise bereits vorgezeigt und die Belehrung angehört. Dann wendet sich Daniel Schirra dem Kofferraum zu.

    "Wenn Sie eine Sekunde warten, bitte, wir schauen uns gerade noch im Fahrzeug um."

    Die Verstecke reichen vom Verbandskasten über die Radkappe bis zur Unterhose. Oskar Rühlemann bleibt entspannt.

    "Schön, dass ich es einmal erleben durfte, es heißt immer bloß im Fernsehen, dass man hier kontrolliert wird und meine Gattin war schon enttäuscht, dass nichts stattgefunden hat."

    Schließlich passe er doch wunderbar ins Profil.

    "Älteres Ehepaar mit dem Auto in diese Richtung."

    Die Rühlemanns sind auf Städtetour und Herr Rühlemann ist, wenn er nicht im Urlaub ist, als Finanzbeamter tätig. Doch ob einer ehrlich ist oder nicht, das lasse sich nicht am Beruf festmachen, sagt Horst Geib.

    "Wir finden Bargeld oder gleichgestellte Zahlungsmittel bei allen Schichten der Gesellschaft. Von Pastoren angefangen über Erziehrinnen oder Altenpflegerrinnen, selbst Banker."

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