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Deutsche Unternehmen in Rumänien
Hoffen auf mehr Rechtsstaatlichkeit

Deutsche Unternehmen sind in Rumänien stark vertreten. Die anhaltenden Proteste in dem Land bergen für sie sowohl Risiken als auch Chancen. Vor allem hoffen sie auf Rechtssicherheit und Schutz vor Korruption.

10.02.2017
    Lastwagen mit Baumstämmen vor einer Fabrik in Rumänien.
    Stephan Rambacher arbeitet in Rumänien und ist Chef eines Holz verarbeitenden Unternehmens aus Deutschland: Rumänien habe "beste Voraussetzungen als Investitionsland", sagt er. (imago / argum / Thomas Einberger)
    "Ich wurde auch drauf hingewiesen, von anderen Kollegen, dass also der SRI, der rumänische Geheimdienst, beabsichtigt, hier zu überprüfen, ob multinationale Unternehmen an diesen Protesten beteiligt sind. In der Ausführung stand auch ganz genau drin, was so eine Beteiligung bedeuten kann: Es reicht einfach aus, wenn man sich mit dem Firmenwagen zu dieser Demo bewegt. Dann ist das schon eine aktive Beteiligung eines multinationalen Unternehmens."
    So etwas hat Waldemar Steimer, der in der westrumänischen Industriestadt Arad einen deutschen Versicherungskonzern vertritt, noch nie erlebt in jenen mehr als zwei Jahrzehnten, in denen er in Rumänien Geschäfte macht: Dass der rumänische Geheimdienst jetzt angeblich überprüft, ob Mitarbeiter mit Firmenautos zu den Protesten gegen die Regierung fahren, mutet wie ein schlechter Witz an in einem Land, das wirtschaftlich auf einem guten Weg zu sein scheint.
    Stephan Rambacher arbeitet seit zwei Jahrzehnten in Rumänien, ist Chef eines Holz verarbeitenden Unternehmens aus Deutschland:
    "Rumänien als Land ist in einem sehr guten Zustand mit einem Wirtschaftsstandort von fast fünf Prozent, mit einer Verschuldungsrate, die EU-konform ist, und mit einer niedrigen Arbeitslosigkeit, also beste Voraussetzungen als Investitionsland."
    Unternehmen wie Mahle, Bosch, Conti, Hella oder Kaufland sind präsent
    Hinzu kommt eine so genannte "Flat Tax" für die Unternehmensbesteuerung von 15 Prozent: All dies hat in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten zahlreiche deutsche Investoren ins Land gelockt. Derzeit sind etwa 7.500 Unternehmen mit deutscher Beteiligung registriert. Ein Schwerpunkt dabei: Automobilzulieferer - Unternehmen wie Mahle, Bosch, Conti, Hella sind in Rumänien präsent; Daimler hat im siebenbürgischen Sebes rund 300 Millionen Euro in ein großes Getriebewerk investiert. Daneben haben auch deutsche Handelsketten wie beispielsweise Kaufland Rumänien als Standort entdeckt. Nach Angaben der Deutsch-Rumänischen Industrie und Handelskammer gelten deutsche Unternehmen nach eingesetztem Kapital als drittstärkste Auslandsinvestoren in Rumänien.
    Und nun die Proteste, die nach Ansicht vieler Investoren einerseits Risiken, andererseits aber auch Chancen für die Unternehmen bergen. Dragos Anastasiu ist Präsident der deutsch-rumänischen IHK in Bukarest, steht daneben als Chef an der Spitze eines großen Touristik-Unternehmens - und hört von vielen seiner Mitarbeiter Unerfreuliches:
    "Es ist eine emotionale Entscheidung, dass sie gesagt haben: Wir möchten nicht in einem Land leben ohne Vorausschaubarkeit. Und wir überlegen, hier wegzukommen. Das hört man wieder in den letzten Tagen."
    Das wäre eine verhängnisvolle Entwicklung, haben doch in den letzten Jahren bereits über drei Millionen Rumänen ihr Heimatland verlassen und damit den Fachkräftemangel im Land selbst verschärft; in Industriestädten wie Timisoara liegt die Arbeitslosigkeit bei gerade mal einem Prozent. Andererseits bieten die Proteste aus Sicht der Wirtschaft auch die Chance zu einem Strukturwandel hin zu mehr Berechenbarkeit. Ioana Hetagan ist Rechtsanwältin in Temeswar und Vorstandsmitglied im Deutschsprachigen Wirtschaftsclub Banat:
    "Es ist auch notwendig, dass wir einen anderen Rahmen in Rumänien schaffen. Darum geht es: Es ist wichtig in Rumänien, dass wir einen Dialog brauchen, dass alle Stufen der Gesellschaft gehört werden müssen. Solche Krisen sind auch wichtig, dass man dadurch Veränderungen schaffen muss."
    "Dieser Antikorruptionskampf ist vorbildlich für Europa gewesen"
    Veränderungen, die nach Ansicht von Ioana Hategan durchaus möglich sind. Sie nennt dafür ein Beispiel:
    "Rumänien hatte ein Imageproblem weltweit als ein Korruptionsland. Und wir sind fest davon überzeugt, dass sich das durch diese Krise verbessern kann."
    Gerade in der Korruptionsbekämpfung habe sich, sagen die Investoren, in den vergangenen Jahren vieles zum Besseren gewendet: Dragos Anastasiu, der Präsident der Deutsch-Rumänischen Industrie- und Handelskammer, verweist auf die Erfolge der rumänischen "Directia National Anti-Coruptie", also der Anti-Korruptions-Staatsanwaltschaft, die sich in den vergangenen Jahren nicht scheute, zu Dutzenden Politiker und Verwaltungsmitarbeiter, die der Korruption überführt wurden, ins Gefängnis zu bringen:
    "Dieser Antikorruptionskampf ist vorbildlich für Europa gewesen. Und ich glaube, wenn man das vergleicht mit anderen postkommunistischen Ländern, ist Rumänien ein Vorbild."
    Insofern könnte am Ende der Proteste mehr Berechenbarkeit, mehr Rechtsstaatlichkeit stehen, glaubt der IHK-Präsident.