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Deutsche Unternehmen
Nur wenig Schutz vor Cyber-Attacken

Wenn ein Unternehmen hierzulande Opfer eines Hackerangriffs wird, scheuen sich die Betroffenen nicht selten davor, an die Öffentlichkeit zu gehen. Schließlich droht Vertrauensverlust. Eine Studie des Branchenverbandes Bitkom hat sich mit den digitalen Attacken befasst - mit alarmierenden Ergebnissen.

Von Johannes Kulms | 16.04.2015
    Eine Person tippt mit dem Finger auf ein Tablet.
    Viele Angriffe beginnen damit, dass zum Beispiel Firmen-Tablets entwendet werden. (imago / Jochen Tack)
    Jedes zweite Unternehmen in Deutschland ist in den vergangenen zwei Jahren Ziel eines digitalen Angriffs geworden. Und das hat Folgen: Durch Sabotage, Datendiebstahl oder digitale Wirtschaftsspionage entsteht den Firmen schätzungsweise jedes Jahr ein Schaden von 51 Milliarden Euro so Bitkom-Präsident Dieter Kempf
    "Die Zahl wird Sie möglicherweise ähnlich erschrecken, wie sie uns auch erschreckt hat. 51 Milliarden Euro Schaden pro Jahr. Und wenn einen so eine Zahl erschreckt, dann ist es besser, man schaut sie sich mindestens drei Mal an."
    Bitkom hat für seine Studie rund 1.100 Unternehmen befragt. Demnach ist mit 68 Prozent insbesondere die Automobilindustrie von digitalen Angriffen betroffen.
    "Das liegt einfach daran, dass wir hier eine hochinnovative Branche haben, wo gerade natürlich die deutschen Anbieter besonders stark sind."
    Die Chemie- und Pharmabranche folgt mit 66 Prozent knapp dahinter. Auch 60 Prozent der befragten Banken und Versicherungen gaben an, schon mal Opfer eines digitalen Angriffs geworden zu seien.
    Viele digitale Attacken verlaufen analog
    Laut der Umfrage laufen diese Attacken allerdings am häufigsten analog: Bei 28 Prozent der Firmen wurde binnen der letzten zwei Jahre Smartphones, Computer oder Tablets gestohlen. Dabei gehe es weniger um die Geräte an sich, sondern um die Daten darauf, so Bitkom-Präsident Kempf.
    Bei fast jeder fünften Firma sind schon Fälle des sogenannten Social Engineerings aufgetreten. Damit würden Mitarbeiter Auskunft über sensible Fragen geben, ohne dass sie es merken würden.
    "Die scheinbar unverfängliche Frage, wer kümmert sich denn in Ihrem Unternehmen um IT-Sicherheit ist alles andere als unverfänglich. Sie geht eigentlich einen unternehmensfremden Dritten überhaupt nichts an."
    Der Schaden entsteht durch Umsatzeinbußen wegen Plagiaten aber auch durch Patentrechtsverletzungen. Zudem kann das Bekanntwerden eines digitalen Angriffs immer auch einen Imageschaden für Unternehmen bedeuten, der finanzielle Folgen hat. Bei den Tätern handelt es sich in 52 Prozent der Fälle um aktuelle oder ehemalige Mitarbeiter.
    Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag, DIHK, findet die Ergebnisse der Umfrage alles andere als überraschend. Kathrin Sobania, die sich beim DIHK mit dem Thema IT-Sicherheit befasst, hält es für möglich, dass der Schaden durch digitale Angriffe sogar noch deutlich höher ist.
    "Und viele Unternehmen merken auch gar nicht, dass sie angegriffen wurden. Deswegen sind solche Zahlen eh immer mit Vorsicht zu genießen aber im Zweifel liegen sie sogar noch viel höher."
    "Was sind eigentlich meine Kronjuwelen?"
    Und Sobania stimmt dem Bitkom-Präsidenten bei der Forderung zu, dass die deutschen Firmen besser ihre materiellen und immateriellen Werte schützen müssten. Gerade mittelständischen Unternehmen rät Sobania, sich eine Frage zu stellen:
    "Was sind eigentlich meine Kronjuwelen? Und wer nicht weiß, was er schützen muss, der tut es dann im Zweifelsfall auch nicht. Und im Zweifel merkt man es dann erst, wenn man auf einer Messe ist und der Messestand nebenan der Anbieter aus einem anderen Land das eigene Produkt anbietet."
    Als eine Konsequenz aus der Umfrage rät Bitkom den Unternehmen, sensible Daten zu verschlüsseln, aber auch durch vermehrte Schulungen die Sicherheitskultur bei den Mitarbeitern zu stärken.