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Deutschland ist als Studienstandort attraktiv

Rund 185.000 junge Frauen und Männer kommen aus dem Ausland nach Deutschland, um zu studieren. Viele von ihnen kommen, um zu bleiben und leisten damit einen Beitrag zur Fachkräftesicherung, so die Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln.

Von Verena Herb | 14.10.2013
    Sie heißen Li oder Ludmilla, Piotr oder Pczemek – junge Frauen und Männer aus dem Ausland, die in Deutschland studieren wollen. Sie sind sogenannte Bildungsausländer, die – das hat das Institut der Deutschen Wirtschaft Köln in einer Studie vorgelegt, in erster Linie aus China, Russland und Polen aber auch aus der Ukraine, Frankreich oder Bulgarien in die Bundesrepublik kommen. Die Zahlen, die das IW Köln ausgewertet hat, sind zwar von 2011 – doch sie zeigen: Deutschland ist als Studienstandort attraktiv. Rund 185.000 Bildungsausländer, das sind 8,3 Prozent aller Studierender, lernen an Deutschlands Hochschulen.

    "Die Studierenden aus dem Ausland kommen, um zu bleiben. Wir haben da auch frühere Studien zu ausgewertet, aus denen hervorgeht, dass 80 Prozent der studierenden Bildungsausländer nach dem Studium in Deutschland arbeiten wollen. Das sind deutlich höhere Raten der Bekundung, der Absichtserklärung, als beispielsweise in Frankreich, den Niederlanden oder dem Vereinigten Königreich."

    Sagt Hans-Peter Klös, Leiter des Wissenschaftsbereichs Bildungspolitik am IW, und zeigt sich überrascht. Denn bislang hatte man angenommen, dass weit mehr Studierende nach ihrem Abschluss in ihre Herkunftsländer zurückgehen. Zwischen "Wollen" und es auch tatsächlich "Tun" zeigt sich allerdings eine Differenz, blickt man auf die Zahlen. So lebt knapp die Hälfte, genauer gesagt 44 Prozent der ausländischen Studierenden, die zwischen 2001 und 2010 ihren Abschluss gemacht haben, noch in der Bundesrepublik. Eine erfreuliche Entwicklung, so der Wirtschaftsforscher.

    "Das ist eine Aussage, die wir für bildungsökonomisch, für investitionspolitisch für überaus bedeutsam halten. Dass die Bleiberaten bedeuten, fast die Hälfte derer, die als Bildungsausländer den Zugangsweg über deutsche Hochschulen finden, bleiben auch in Deutschland. Und machen dadurch die Investitionen, die ja damit verbunden sind, durchaus interessant für diejenigen, die investieren. Namentlich die Länder, die ja die Zuständigkeit für die Hochschulausbildung tragen."

    Die Investitionen zahlen sich theoretisch also aus, da die Männer und Frauen aus der EU wie auch aus Drittstaaten ihre Arbeitskraft dann in Deutschland einsetzen – und somit einen Beitrag zur Fachkräftesicherung leisten.

    "Ihr Beitrag zur Fachkräftesicherung wird deshalb so bedeutsam, dass zu einem deutlich höheren Anteil Zuwanderer über diese Hochschule sogenannte Engpassqualifikationen aufweisen. Also im Bereich der Ingenieurswissenschaften, aber auch im Bereich der Mathematik und Naturwissenschaften. Und zwar auch deutliche höhere Absolventenraten, als jene, die nicht zugewandert sind oder jene, die zugewandert sind und haben einen Abschluss im Ausland erworben."

    Ein Grund mehr, dass Deutschlands Wirtschaft dieses Potenzial auch nutzt. Doch da gibt es noch eine Menge Verbesserungsbedarf. Im Vergleich zum Jahr 2000 wählen mittlerweile weniger Studierende, die außerhalb ihrer Heimat eingeschrieben sind, Deutschland als Studienort. Sicherlich spielt hier die Sprachbarriere eine wichtige Rolle – so der Wirtschaftswissenschaftler Hans-Peter Klös:

    "Das Erlernen der deutschen Sprache, das haben wir bisher als Hauptproblem."

    Ist dies doch der Grund für die hohen Studienabbrecherquoten von 46 Prozent. Hier sollte man ansetzen, beispielsweise mit konkreter Sprachförderung, betont das IW. Der wohl wichtigste Schritt um weitere Akademiker fürs Bleiben zu begeistern: Die Zuwanderungsinformationen müssten verbessert, die Auflagen für Praktika und Werksstudientätigkeiten gelockert werden. Auch hapert es nach wie vor an der Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen, konstatiert der Experte:

    "Dieses Verfahren ist enorm aufwendig. Bürokratisch enorm aufwendig und hat zudem die Implikation, dass es extrem zeitintensiv ist. Das heißt, es vergeht relativ viel Zeit, um die bisher erfolgten Anerkennungen sind an Zahl bisher noch vergleichsweise gering."

    Auch gibt es Probleme bei der beruflichen Bildung: Zwar kommen nun vermehrt junge Leute aus den europäischen Krisenländern nach Deutschland, um eine Ausbildung zu machen – doch sind es unterm Strich noch zu wenige, besagt die Studie.

    Doch neben all den nötigen Verbesserungen im Hinblick auf Voraussetzungen und Vorschriften: In erster Linie muss den Leuten das Gefühl gegeben werden, dass sie in Deutschland willkommen sind.