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DFB-Affäre
Beckenbauer, das naive Glückskind?

"Ich habe einfach alles unterschrieben" - das hat Franz Beckenbauer der Süddeutschen Zeitung zum Ablauf der deutschen WM-Bewerbung 2006 gesagt. SZ-Sportredakteur Thomas Kistner hält das für wenig glaubwürdig: Beckenbauer sei nicht das "naive Glückskind", als das er sich in der Öffentlichkeit oft präsentiere, sagte er im DLF.

Thomas Kistner im Gespräch mit Philipp May | 22.11.2015
    Franz Beckenbauer
    Franz Beckenbauer (imago Sportfoto)
    "Wer Beckenbauer kennt, der weiß, dass es immer zwei Gesichter gegeben hat, mit denen er auch immer gespielt hat," so Kistner. Oft zeige er sich als der "naive Franz", der seine Leute hat, die alles Wichtige für ihn erledigen. Dabei sei er beispielsweise bei der WM 1990 ein akribischer Arbeiter gewesen, der mit modernen Techniken trainiert habe und nicht der lässige Trainer, der "quasi durch Handauflegen" das Team zum Sieg geführt habe. Und auch bei seinen Werbedeals habe er immer eine geschickte Strategie verfolgt. Dass er also die deutsche WM-Bewerbung leite und vertrete, ohne das Ganze zu überblicken, sei "schwer vorstellbar", sagte Kistner.
    Der Fall zeige, wie wichtig externe Kontrolle beim DFB sei, betonte Kistner. Doch auch intern seien Aufräumarbeiten nötig. Dabei spiele auch der zukünftige Präsident eine Rolle. Er erwartet, dass sich der Kandidat der Amateure, der CDU-Politiker und bisherige DFB-Schatzmeister Reinhard Grindel, bei der Wahl durchsetzen werde. Die Landesverbände hatten sich überraschend schnell auf Grindel als Kandidaten geeinigt. "Damit hat das Amateurlager alles erreicht, was es wollte," so Kistner. Denn die Amateure fürchteten, innerhalb des Verbandes vom Profisport abgehängt zu werden. Die Deutsche Fußball-Liga zeigte sich von der Entscheidung überrascht. Sie hat bisher keinen Kandidaten vorgeschlagen. Vertreter der DFL hatten die frühe Festlegung auf Grindel kritisiert.
    Das gesamte Gespräch mit Thomas Kistner können Sie mindestens sechs Monate in unserer Mediathek nachhören.