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DGB will 400-Euro-Jobs abschaffen

Der Deutsche Gewerkschaftsbund will mit einer Reform gegen die vor zehn Jahren eingeführten Minijobs vorgehen und sie abschaffen. Sie wären eine Sackgasse und kein Sprungbrett für Arbeitslose, um zurück in den Arbeitsmarkt zu finden, kritisiert DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach.

Von Gerhard Schröder | 15.03.2012
    Minijobs sind kein Sprungbrett auf den Arbeitsmarkt, kein Weg für Arbeitslose, um zurück in den Job zu finden, sagt Annelie Buntenbach, die stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Im Gegenteil: Minijobs sind eine Sackgasse, sagt Buntenbach:

    "Vor allem Langzeitarbeitslose, gering qualifizierte, aber auch Frauen sind in den Kleinstarbeitsverhältnissen gefangen, sie sind buchstäblich eingemauert."

    Die 400-Euro-Jobs seien unsicher, schlecht bezahlt. Ein Instrument des systematischen Lohndumpings. Deshalb, so die Gewerkschafterin, sei es höchste Zeit für eine Reform der kleinen Beschäftigungsverhältnisse.

    "Wir wollen die Minijobmauer sprengen. Unsere Richtschnur für eine Neuordnung auf dem Arbeitsmarkt ist die vollständige Gleichbehandlung aller Arbeitsverhältnisse, das muss auch für Teilzeit gelten."

    Buntenbach nennt drei Kernpunkte für ihr Reformkonzept: erstens: Ein gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro, der soll die extremen Niedriglöhne verhindern, die sich im Minijobbereich eingebürgert hätten.

    Zweitens sollen die Minijobber künftig vom ersten Tag an voll sozial abgesichert werden. Und drittens sollen die steuerlichen Privilegien fallen. Buntenbach verspricht sich davon deutliche Verbesserungen für die Beschäftigten:

    "Das Angebot an regulärer und sozial abgesicherter Teilzeit wird steigen. Und das Arbeitskräftepotenzial wird ausgeschöpft. Die Beschäftigten haben die Chance auf ein höheres Einkommen für die geleistete Arbeit. Außerdem haben auch die Beschäftigten in Kleinstarbeitsverhältnissen die volle soziale Absicherung bei Krankheit und Arbeitslosigkeit sowie fürs Alter."

    Bislang gilt für Minijobs bis 400 Euro die Regel: brutto gleich netto. Die Beschäftigten zahlen weder Steuern noch Sozialbeiträge. Die Arbeitgeber führen pauschal zwei Prozent an den Fiskus ab und 28 Prozent an Kranken- und Rentenkassen. Der Nachteil: Die Beschäftigten sind nicht sozial abgesichert, die wahren Profiteure der bisherigen Regelung, so Buntenbach, sind die Arbeitgeber.

    Das soll sich ändern. Für Minijobs sollen künftig vom ersten Euro an Sozialbeiträge und Steuern bezahlt werden. Wobei die Arbeitgeber anfangs die Hauptlast zahlen. Bei einem Einkommen von 100 Euro, so Buntenbach, würden allein die Arbeitgeber die Abgabenlast in Höhe von 42 Prozent übernehmen. Mit steigendem Einkommen sollen dann auch die Beschäftigten beteiligt werden, bis bei 800 Euro eine paritätische Finanzierung durch Arbeitnehmer und -geber erreicht ist. Dadurch, so die Hoffnung, entfällt für die Arbeitgeber der Anreiz, Vollzeitstellen in Minijobs aufzuspalten. Ihnen wäre vielmehr künftig daran gelegen, die Arbeitszeit der Beschäftigten auszudehnen. Und die Minijobber wären vollständig sozial abgesichert:

    "Das ist ein Schritt auf dem Weg zu einer Neuordnung am Arbeitsmarkt, der dazu führen soll, dass die Menschen von ihrer Arbeit leben können, besser sozial abgesichert sind – und nicht mehr so erpressbar."

    Klar aber ist: Minijobs würden teurer, für die Beschäftigten wie auch die Arbeitgeber. Dennoch rechnet Buntenbach nicht damit, dass sich die Zahl der Minijobs durch diese Reform reduzieren würde. Vielmehr würde der Staat die unsinnige Subventionierung von geringfügiger Beschäftigung beenden und Anreize setzen, die Arbeitszeit auszudehnen.