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Diabetes-Medikament lässt Mäuse länger leben

Regelmäßig präsentieren Wissenschaftler Mittel, die das Altern verlangsamen. Solche Entdeckungen können lukrativ sein, bevor neuere Studien die Hoffnungen zerstören. Der neueste Jungbrunnenkandidat ist ein alter Bekannter: Das Diabetesmittel Metformin wirkt im Tierversuch lebensverlängernd.

Von Michael Lange | 31.07.2013
    Seit Jahrzehnten wird Metformin bei Patienten mit Diabetes Typ 2 eingesetzt. Der Wirkstoff beeinflusst den Zuckerstoffwechsel der Patienten und schützt vor Krebs und Herzkreislaufkrankheiten.

    Forscher vom staatlichen Institut für Altersforschung der USA in Baltimore haben die Substanz nun in umfangreichen Studien an Mäusen getestet. Das Ergebnis fiel eindeutig aus, erklärt Studienleiter Rafael de Cabo:

    "In unserm Labor in Baltimore haben wir beobachtet, dass sich der Gesundheitszustand männlicher Mäuse im mittleren Alter nach Verabreichung des Medikaments Metformin erheblich verbesserte. Der Zuckerspiegel im Blut der Tiere sank, und auch chronische Entzündungen gingen zurück."

    Im Vergleich mit unbehandelten Tieren lebten die Mäuse, die Metformin erhalten hatten, nachweislich länger. Die Lebensverlängerung betrug etwa fünf Prozent. Bei einer durchschnittlichen Mäuselebensdauer von knapp drei Jahren sind das allerdings nicht einmal zwei Monate.

    Die Lebensverlängerung allein jedoch ist für Rafael de Cabo nicht entscheidend. Wichtiger sei, dass Metformin bei Mäusen direkt gegen das Altern wirke:

    "Wir glauben, dass das Altern selbst durch die Behandlung verzögert wurde. Das belegen die Messungen, die wir durchgeführt haben. Der gesamte Stoffwechsel vom Zuckerhaushalt bis zur Atmung zeigte an, dass die Behandlung den Alterungsprozess direkt bremst."

    Vor vier Jahren wurde das Gleiche auch für einen anderen Wirkstoff behauptet: Rapamycin. Doch die Euphorie um die Substanz ist verflogen. Forscher des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen in Bonn haben jüngst zeigt können, dass der Wirkstoff Rapamycin das Leben der Labormäuse zwar verlängert, vor allem aber, weil er die Entstehung bestimmter Tumore verhindert. Das Altern selbst kann Rapamycin nicht aufhalten - nicht einmal bei Mäusen.

    Ein anderes Problem ist die Übertragbarkeit der Ergebnisse von Tierversuchen auf den Menschen. Wirkstoffe, die im Mäuseversuch als Altern bremsen konnten, erwiesen sich später in Untersuchungen am Menschen als Flops. Für den Stoff Metformin spricht, nach Ansicht der US-Forscher um Rafael de Cabo, dass Mediziner die Substanz seit Langem kennen:

    "Es wurden bereits einige epidemiologische Studien durchgeführt. Darin wurde Metformin als Medikament gegen Diabetes Typ 2 verabreicht. Die Untersuchungen haben gezeigt: Nicht nur der Stoffwechsel reagierte, anscheinend verbesserte sich auch der allgemeine Gesundheitszustand der Patienten, wenn sie Metformin einnahmen."

    Das gilt allerdings nur für Diabetes-Patienten. Sie erhalten eine Dosis, die zehn Mal niedriger ist als jetzt in den Mäuseexperimenten. Wurde die Dosis im Tierversuch noch einmal um den Faktor zehn erhöht, schädigte Metformin die Nieren der Mäuse, zum Teil erheblich. Rafael de Cabo mahnt deshalb zur Vorsicht.

    "Wir wissen noch nicht, wie Personen, die nicht an Diabetes leiden, auf Metformin reagieren."

    Ob der Wirkstoff als Jungbrunnen für gesunde Menschen geeignet ist, und wenn ja in welcher Dosis, ist also völlig offen.