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Diagnosesystem
Fehlersuche im Kfz mit Webforum

Internetforen sind für Profis, die schnell und zuverlässig Antworten auf ganz konkrete Fachfragen benötigen, uninteressant. Informatiker und Praktiker der Universität Bremen haben deshalb eine andere Art von Wissensforum entwickelt: Zum kollaborativen Diagnosesystem Kodin-Kfz sollen nur Experten zu gelassen werden.

Von Holger Bruns | 05.04.2014
    Ein Webforum nur für Experten soll jetzt die Reparatur defekter Kraftfahrzeuge leichter machen. Es handelt sich hier um Kodin-Kfz, das heißt kollaborative Diagnose und Lernen am Arbeitsplatz, und es stammt aus dem Hause der Universität Bremen. Kodin-Kfz kümmert sich vor allem um die komplizierten Fehler, die sich nicht so einfach von den werkstattüblichen Diagnosesystemen erfassen lassen. Intuition und Handwerk der Kfz-Mechaniker füllen eine exklusive Datenbank mit Fragen und Antworten.
    Prof. Georg Spöttl: "Also, beispielsweise, wenn ein neuer Fahrzeugtyp auf den Markt kommt, dann gibt es ja immer diese sogenannten nichtredundanten Fehler, die also mal so sporadisch auftreten, und dann lange Zeit nicht mehr. Und sozusagen der erste Kfz-Mechatroniker, der mit dem Fehler konfrontiert ist, wenn der den sauber identifiziert, und dieses Wissen dann in dieser Struktur verfügbar macht, dann haben Sie sofort alle Werkstätten verfügbar."
    Kommunikation zwischen Fachkräften verbessern
    Professor Georg Spöttl vom Bremer Institut für Technik und Bildung. Zurzeit befindet sich sein Kodin-Kfz im Pilotprojekt und wird gründlich getestet. 40 Teilnehmer aus Vetragswerkstätten eines Automobilherstellers und freien Werkstätten helfen sich bereits gegenseitig mit Tipps und Tricks zu allen Fahrzeugtypen, die ihnen unterkommen; zusätzlich zu den Fehlermeldungen aus ihren Diagnosesystemen. Verbessert werden soll mit Kodin-Kfz die Kommunikation zwischen den Fachkräften. Zu oft verbleibt heute noch das Expertenwissen als individuelles Know-how in den Fachwerkstätten, wird nicht dokumentiert und also kaum genutzt. Dr. Dennis Krannich vom Bremer Technologiezentrum Informatik.
    Dr. Dennis Krannich: "Daraufhin ging es dann eben halt für uns vom TZI jetzt darum, ein entsprechendes Interaktionskonzept zu entwickeln, die grafische Benutzungsoberfläche zu gestalten, dass auch die Arbeitskräfte entsprechend diese Tätigkeiten effizient durchführen können. Und vor allen Dingen, im Kfz-Betrieb, wenn Sie da eben stundenlang an einem System sich auseinandersetzen müssen, denn wollen natürlich die Arbeit jetzt auch nicht weiter noch aufhalten."
    Expertenforum mit Eingabemaske und Falldatenbank
    Im Kern ist Kodin-Kfz ein Expertenforum mit Eingabemaske und Falldatenbank. Zusätzlich gibt es für PC-gestützte Diagnosesysteme eine kleine Software, die dem Monteur den Eingang neuer Lösungsvorschläge für seine Reparatur signalisiert. Und es gibt einen Unterschied zu den bisher bekannten Webforen, an denen sich jedermann anmelden kann. Kodin-Kfz steht nur den teilnehmenden Werkstätten zur Verfügung. Das unterstreicht Torsten Granz, wissenschaftlicher Mitarbeiter.
    Torsten Granz: "Wir haben von vorne herein gesagt, wir wollen den Zugang beschränken auf Leute, die sozusagen vom Fach sind."
    Damit soll sichergestellt werden, dass ausschließlich hochwertige Beiträge die Wissensdatenbank füllen, die Kodin-Kfz zum Expertensystem macht. Doch die Implementierung ist bodenständig, beteuert Dr. Dennis Krannich, einer der Programmierer.
    Dr. Dennis Krannich: "Implementiert wurde das natürlich mit normalen Webstandards. Also, wir haben jetzt auf PHP und MySQL gesetzt. Es wurde versucht, das Ganze nach Möglichkeit responsive zu halten. Also, das heißt, das sie das auch auf mobilen Endgeräten nutzen können; vielleicht auch auf einem Tablett, dass ich so auf einem Tablett das Ganze nutzen kann. Da haben wir ein bisschen drauf geachtet."
    Entwicklungskosten 2,5 Millionen Euro
    Insgesamt hat die Entwicklung von Kodin-Kfz 2,5 Millionen Euro gekostet, wurde gefördert aus Mitteln des Bundes und der Europäischen Union. Doch wer zieht jetzt den Nutzen aus der Sache? Das weiß der wissenschaftliche Mitarbeiter Nils Petermann, ein gelernter KFZ-Meister.
    Nils Petermann: "Bei komplizierten Diagnosen gibt es keine Arbeitszeitvorgaben. Und wenn sie zum Beispiel zwei Tage, das heißt, 16 Arbeitsstunden damit verbracht haben, eine Fehlerdiagnose zu machen. Nehmen wir mal einen Stundenlohn von 100 Euro an, dann sind Sie bei 1600 Euro. Das wird die Werkstatt dem Kunden nicht berechnen können. Das würde er einfach nicht bezahlen wollen. Und wenn die Werkstatt anstatt zwei Tage vielleicht nur einen Tag braucht, um diese Fehler zu finden, dann ist ihr damit schon geholfen."